Die besonderen Hunde leisten wertvolle Dienste bei der Jagd und sind nicht selten die besten Freunde ihrer Halterinnen und Halter
Edelbert steht aufrecht im bunten, nassen Laub, seine kräftigen Muskeln sind gespannt – bereit zum Losrennen. Konzentriert lenkt er seinen Blick in Richtung Wald. Es liegt etwas in der Luft. Während uns Menschen an diesem nebligen Oktobermorgen nur die feuchte Nässe in die Glieder fährt und uns ein wenig frösteln lässt, riecht Edelbert etwas anderes: etwa einen Hasen, ein Reh oder ein Wildschwein? Seine Nase mit dem typischen rosa Farbverlauf ist etwa tausendmal sensibler als unsere und sie nimmt Gerüche wahr, die uns meist verborgen bleiben. Edelbert ist eine Olper Bracke (auch Deutsche Bracke genannt) und gehört damit zu den beliebtesten Jagdhunden in ganz Deutschland. Doch nicht für jeden ist diese Hunderasse geeignet.
Fotografin Gaby und ich sind mit Edelberts Hundeführerin Sylvia Dreeskornfeld verabredet. Auch ihre Westfälische Dachsbracke Lotte ist dabei. Sylvia ist Geschäftsführerin des Zuchtvereins „Deutscher Bracken Club“ (DBC) und gestaltet das Vereinsleben aktiv mit, indem sie beispielsweise die Brackenführerinnen und -führer auf verschiedene Prüfungen vorbereitet oder als Richterin bei diesen fungiert. Wir sind heute bei einer sogenannten Gebrauchsprüfung in den diesigen Meinerzhagener Wäldern dabei. Die Sundernerin erläutert: „Wenn eine Deutsche Bracke oder eine Westfälische Dachsbracke aus unserem Verein diese Gebrauchsprüfung besteht, ist er jagdlich brauchbar im Sinne des Gesetzes. In aller Regel verlangen die Jagdhundehaftpflichtversicherungen einen entsprechenden Nachweis (also das Bestehen einer Gebrauchsprüfung) spätestens im Alter von 36 Monaten des Hundes.“
Kein Hund ist wie der andere
Diana, eine westfälische Dachsbracke, ist als erste an der Reihe. Die Prüfungskommission legt eine mehrere hundert Meter lange Spur, an dessen Ende sich ein Hase befindet („Hasenschleppe“). Diana muss mit ihrer feinen Nase das tote Tier finden. Dass diese Disziplin ihr überhaupt keine Probleme bereitet und die Hündin schon nach einer halben Stunde diesen ersten Teil der Prüfung bestanden hat, erfreut besonders Hundeführer Felix. „Diana ist seit drei Jahren bei mir. Sie ist kleiner als die Olper Bracken. Sie kann zwar nicht so schnell laufen wie sie, leistet aber ausdauernde Spurarbeit“, freut sich der Jäger über seine vierbeinige Begleiterin. „Sie lebt mit uns im Haus und ist sehr verschmust. Sie ist meine beste Freundin.“
Dem kann Julius, dessen Deutsche Bracke Natus als nächstes an der Prüfungsreihe ist, nur zustimmen: „Natus ist hochläufiger, also größer, als Diana. Er ist ein scharf jagender Hund und mein bester Freund.“ Fine, die Deutsche Bracke von Jens, ist der dritte Prüfling im Bunde, schüchterner als die anderen beiden. Ihr winkt eine besondere Belohnung am Ende der Prüfung. Jens erzählt und lacht: „Fine liebt Katzenfutter.“ So hat jedes Tier – so wie jeder Mensch – seine Besonderheiten und Vorlieben. Was dem einen sein Leckerli, ist der anderen ihr Katzenfutter. Ähnlich sind die drei sich wie die meisten Bracken im Aussehen: Die Farben sind gelb bis rot, mit schwarzem Rücken. Die sogenannten typischen „Brackenabzeichen“ sind weiß: Sie umfassen die Brust, den Bauch, den Halsring und Teile der Rute.
Bracken brauchen die Jagd
Nach dem ersten Prüfungsteil müssen die Hunde ein Wildtier in einem Waldstück finden und aufstöbern. In letzten Teil wird das Verhältnis von Tier und Halter unter die Lupe genommen.
Auch Andreas Leibing, Landesgruppenobmann des DBC und Brackenzüchter, ist bei den Prüfungen dabei, darf aber heute nicht als Richter fungieren, da Diana aus seiner Züchtung stammt. Als die Hündin ihn erblickt, freut sie sich sichtlich und begrüßt Andreas herzlich mit Schwanzwedeln und Kuscheln. Andreas lacht: „Sie erkennt mich immer noch, obwohl sie schon seit mehreren Jahren bei Felix lebt. Als Züchter habe ich viel Kontakt zu den Hundeführerinnen und -führern, da ich sie bei der Ausbildung ihrer Hunde unterstütze. Deutsche Bracken sind eben nicht nur Familienhunde, sie brauchen die Jagd, sonst sind sie nicht ausgelastet.“
Sylvia Dreeskornfeld, selbst Inhaberin des Jagdscheins, sieht das ähnlich. Neben ihrer beruflichen Tätigkeit als Rechtsanwalts- und Notarfachangestellte züchtet sie gemeinsam mit ihrem Mann die „bunten Hunde“, so nennt sie liebevoll ihre Tiere. Die Jägerin ist der Meinung, dass Hund und Halter unbedingt zueinander passen sollten: „Die Bracken arbeiten aus Freude für ihre Führer in weiter Entfernung. Sie sind gezüchtet, um auf großräumigen Stöberjagden den Schützen Wild zuzutreiben. Nach erfolgreicher Jagd kehren sie in aller Regel zum Führer zurück. Von daher muss die Verbindung zwischen Hund und Führer stimmig sein. Mit der Jagd werden die Hunde ausgelastet. Ohne Jagd würden sie verkümmern. Ein Nicht-Jäger, der diese Möglichkeiten nicht hat, kommt schnell an seine Belastungsgrenze, da man diese Auslastung nur mit diesen jagdlichen Tätigkeiten erreichen kann.“
Andreas Leibing ergänzt: „Ohne Jagdschein bekommt man in der Regel keine Deutsche Bracke“.
„Deutscher Bracken Club“
Der Name „Olper Bracke“ geht auf den im Jahr 1896 in Olpe gegründeten „Deutscher Bracken Club“ zurück. Hier wurden die damals noch existierenden nordwestdeutschen Brackenrassen zusammengefasst. Die Bracken zählen zu den direkten Nachfahren der Keltenbracke, die schon im zweiten Jahrhundert n. Chr. in einem griechischen Werk über die Jagdhundearbeit erwähnt wurde. Mittlerweile werden die Namen Olper oder Deutsche Bracke synonym verwendet.
„Unseren ersten Hund bekamen wir vor gut zwanzig Jahren. Meinem Mann, einem Förster, und mir war es damals schon wichtig, einen Hund aus der Region zu uns zu holen. Die Bracken werden schon seit Jahrhunderten hier geführt und eingesetzt. Für unseren erste Deutsche Bracke Linus wurden wir anfangs ein wenig schief angesehen, da diese Hunde nicht sehr populär waren. Mittlerweile hat sich das glücklicherweise geändert“, erzählt Sylvia von der Entwicklung der Bracken im Sauerland. „Zur Zeit zählt der Deutsche Bracken Club knapp 1200 Mitglieder in ganz Deutschland, etwa zehn Prozent davon sind Frauen, Tendenz steigend. Vor wenigen Jahren war es um die Brackenzucht nicht besonders gut bestellt. Nur etwa 100 Welpen wurden pro Jahr geboren. Mittlerweile konnten wir die Zahl verdoppeln.“ Um eine gesunde Zuchtbasis beizubehalten, wurden in den Jahren 2016 bis 2018 bei den Westfälischen Dachsbracken der Drever und bei den Deutschen Bracken die Finnbracken eingekreuzt. So konnte einer Inzuchtdepression vorgebeugt und eine größere Zuchtbasis erreicht werden.
Spurlauter Gefährte mit feiner Nase
Ihr Hund Edelbert ist nicht zur Zucht zugelassen, er ist zu groß. Dennoch leistet er seiner Hundeführerin bei der Jagd große Dienste. Erschnuppert die Deutsche Bracke mit ihrer feinen Nase eine Spur, ertönt ihr Gebell, welches als Geläut der Bracken bezeichnet wird. Der Hund versetzt das Wildtier in Bewegung, lässt es aber nicht panisch werden, sodass der Jäger es verfolgen und schließlich in Ruhe erlegen kann.
Heute in den Meinerzhagener Wäldern wird Edelbert nicht zum Einsatz kommen, die Prüfungen von Diana, Natus und Fine müssen noch beendet werden. So viel sei verraten: Die Prüflinge haben sich am Abend Leckerlis und Katzenfutter redlich verdient und Edelbert darf sich bei der nächsten Jagd über Verstärkung freuen.