„Nicht jammern, weiter geht’s!“

Quelle: SG Finnentrop/Bamenohl

Wie es die SG Finnentrop/Bamenohl heile durch die Coronazeit geschafft hat

Ein milder Dienstagnachmittag im Februar. Wir sind mit Simon Machula verabredet, dem sportlichen Leiter der Seniorenabteilung der SG Finnentrop/Bamenohl. Während die D-Jugend unter wolkigem, zeitweise blauen Himmel trainiert, parkt der 29-Jährige sein Auto vor der H&R Arena am Graf-Wilhelm-Adolf-Platz, der Spielstätte des aktuell gemeinsam mit dem RSV Meinerzhagen höchstklassig spielenden Teams im Sauerland. Im weiteren Gesprächsverlauf werden wir erfahren: Die SG liegt aktuell einen Punkt vor diesem Lokalkonkurrenten, und kommenden Sonntag steht das Derby an – Auswärtsspiel.

Vor allem sind wir heute hier, um von Simon Machula zu erfahren, was die Coronazeit mit der Spielgemeinschaft gemacht hat. Während die Zeichen gerade auf Lockerungen Mitte März stehen, blicken wir im Besprechungsraum auf eine herausfordernde Zeit zurück.

„Für unsere erste Mannschaft, aber auch alle anderen Teams, war die Situation nicht leicht. Fangen wir mal in der Aufstiegssaison 2019/2020 an: Wir waren nach 21 von 32 Spieltagen Tabellenerster, der letzte Spieltag damals war der 8.3.2020. Bis Sommer mussten wir um den Aufstieg in die Oberliga Westfalen bangen. Als schließlich die Entscheidung über unseren Aufstieg gefallen war, hatten wir keine Gelegenheit, dies ausgiebig zu feiern. Und das“, schmunzelt Machula vor der Taktiktafel, „wo wir es bei Aufstiegen für gewöhnlich so richtig krachen lassen.“

Hinter dem Besprechungsraum im Obergeschoss des Vereinsheims liegt ein Fitness- und Physiobereich. Nach und nach trudeln Spieler der Ersten ein, um sich vorm Training fit zu machen. Jeder klatscht kurz bei ihm ab, während Simon fortfährt: „Wir konnten den Schwung des Aufstiegs somit nicht in die neue Saison 2020/2021 tragen. Und kaum hatten wir uns halbwegs eingestellt, etwa ab Spieltag 8, wurde an Spieltag 10 die gesamte Saison annulliert. Das letzte Spiel dieser Saison fand am 28.10.2021 statt. Die Annullierung war nachvollziehbar, wenngleich unsere Zweite in dieser Saison realistische Chancen auf einen Aufstieg in die Kreisliga A gehabt hätte. Aber was soll‘s, so waren die Vorschriften.“

Quelle: SG Finnentrop/Bamenohl


Zuspruch und Gegenwind

Diese habe man stets eingehalten; das sei oft schwer gewesen. Als zeitweise über alle Teamstufen hinweg nur noch zwei Spieler gleichzeitig zum Training auf das Feld durften, habe man den Platz mit einem Codeschloss sichern und die Belegung per App planen müssen. Das sei nicht nur auf Gegenliebe gestoßen. „Dieses Spannungsfeld aus engagierten Eltern, Spielern, die durchstarten wollten, und gleichzeitig großen Beschränkungen war schwer für uns. Zuspruch und Gegenwind kamen Hand in Hand auf uns zu. Überdies steigt mit jedem Monat, den ein Fußballer nicht in spieltypischen Abläufen verbringt, das Verletzungsrisiko. Aus Fürsorge für die Spieler haben wir uns entschieden, einen Athletiktrainer zu konsultieren. Das erweist sich aktuell, in der laufenden Saison 2021/2022, als Vorteil, da sich unsere Verletztenquote im Gegensatz zu vielen anderen Teams in Grenzen hält. Wir haben jede Situation neu angenommen und gestaltet. Das ist etwas, was uns als Verein auszeichnet. Und dass der Coronabeauftragte, den wir 2020 als Beisitzer in den Vorstand geholt hatten – für zwei oder drei Monate, immer noch an Bord ist, ist gleichzeitig zum Lachen und Weinen.“

Während hinter dem Vorhang tüchtig Klimmzüge gemacht werden, schildert Simon weiter die Klimmzüge der SG: „Die ewigen Diskussionen mit Zuschauern, die immer neuen notwendigen Beschilderungen und Regelungen – zwischenzeitlich mussten wir sogar die Bälle desinfizieren – und das Fehlen jeglicher Automatismen haben ganz schön an uns genagt. Manche Helfer sind leider nicht zurückgekehrt, während an anderer Stelle aufgrund des nötigen Prüfpersonals die doppelte Helfermenge notwendig war. Es spricht für die Heimatverbundenheit der SG, dass diese Aufgaben mit Herzblut bewältigt wurden. Wann immer es möglich war, wurde trainiert und gespielt. Die Spieler wiederum haben zwischenzeitlich auf ihre Aufwandsentschädigungen verzichtet – so etwas hätte es zum Beispiel im Ruhrgebiet, wo die Spielerbindung an die Vereine wesentlich schwächer ausgeprägt ist – wohl kaum gegeben. Außerdem ist uns kein einziger Sponsor abgesprungen, obwohl die Beschränkungen auch die lokale Wirtschaft hart getroffen haben.“

Das Gespräch neigt sich dem Ende zu, und eins wird klar: Die SG hat aus sauren Zitronen den bestmöglichen Saft gemacht. Die D-Jugend hat gerade Trainingsschluss. Während wir an einem Spieltisch am Spielfeldrand – hinter uns quietschen die Desinfektionsspender – die Fotoauswahl für diesen Artikel treffen, zeigt Simon Machula auf die gegenüberliegende Seite des Spielfelds: „Die Tribüne haben wir übrigens auch in den frei gewordenen Kapazitäten während Corona neu gemacht. Es ist mir noch wichtig, dass es hier nicht nur um unsere Erste geht. Unsere Dritte spielt mit viel Spaß in der Kreisliga D. Jeder soll wissen: Wir legen sehr großen Wert auf die Jugend. Und wir werden niemanden, der bei der SG Fußball spielen will, abweisen.“

Das letzte Wort hat heute SG-Trainer Ralf Behle, den wir an diesem Dienstagabend im Februar eine gute halbe Stunde vor Trainingsbeginn auf dem Platz antreffen. Shakehands, freundlicher Smalltalk, und dann der Satz, der diesen Artikel präzise zusammenfasst: „Ja, war schwer, das alles. Aber hilft ja nichts. Nicht jammern, weiter geht’s!“