Quelle: Deine Wörter
„Gloif nit, dat döü nöü wat wöres!“ – Mit diesen Worten empfing vor rund fünfzig Jahren eine Sauerländer Mutter ihren Sohn, als dieser stolz und freudestrahlend berichtete, dass er erfolgreich sein Ingenieurstudium abgeschlossen habe. Was da in echtem Sauerländer Platt von Mutter zu Sohn übermittelt wurde, heißt wörtlich übersetzt: „Glaub‘ ja nicht, dass Du jetzt was Besonderes wärest!“ Gemeint und in direktem wie ehrlichem Sauerländer Platt ausgesprochen hat die Mutter jeoch folgende Botschaft: „Mein Junge, alles gut! Aber denk daran: immer mit beiden Beinen auf der Erde bleiben.“
Nun, der frisch gebackene Ingenieur von damals hat ein Planungsbüro gegründet und erfolgreich bis in die heutige Zeit geführt. Der Ratschlag der Mutter, den er in unverwechselbarem Sauerländer Platt erhalten hatte, begleitete den leidenschaftlichen Ingenieur das ganze Leben und lässt sich im Nachhinein als Grundlage für das erfolgreiche Wirken erkennen.
Junge Sauerländer wollen plötzlich Platt verstehen
Leider hat das Sauerländer Platt nach Ende des II. Weltkrieges immer mehr an Bedeutung verloren. Eltern sprachen bis in die siebziger Jahre häufig noch untereinander Platt, mit ihren Kindern jedoch nur Hochdeutsch. Die pädagogischen Vorgaben empfahlen das halt. So können heute zwar noch einige Sauerländer das Plattdeutsche verstehen, aber immer weniger diesen unverwechselbaren Dialekt auch sprechen. Bei den jungen Generationen ist das Verständnis für die Sprache fast vollständig abhanden gekommen.
Seit einigen Jahren zeigt sich jeoch durch die neue Attraktivität der Sauerländer Alltagssprache ein zunehmendes Interesse auch für das Sauerländer Platt bei jungen Leuten. Die Wörterposter mit den Sauerländer Wörtern aus der Alltagssprache und den Sauerländer Schimpfwörtern hängen nicht nur in zahlreichen Fluren, Wohnungen und Büros sondern zunehmend auch in Jugendzimmern und Studentenbuden. Besonders interessant ist zudem die Tatsache, dass das vor einem Jahr erschienene Wörterbuch „SAUERLÄNDER PLATT“ von Dr. Werner Beckmann, immer häufiger von ganz jungen Leuten gekauft oder als Geschenk gewünscht wird, wie der WOLL-Verlag auf Anfrage bestätigt. Die Vermutung liegt nahe, dass die jungen Sauerländerinnen und Sauerländer in den Wörtern des Sauerländer Platt so etwas wie eine Geheimsprache erkennen, mit der man viele Dinge cool und nachhaltig bemerkbar benennen kann. Einie Beispiele mögen das verdeutlichen:
Die Frage „Warum“ hört sich auf Sauerländer Platt viel netter an: „Borümme“.
„Diu olle Düppen!“ klingt doch charmanter als „Du bist nicht gescheit!“
„Diu bis wual geck!“ klingt deutlicher als „Du spinnst wohl!“
Das Wörterbuch SAUERLÄNDER PLATT hat einen Umfang von 592 Seiten und enthält einen unermesslichen Wortschatz des Sauerländer Platt. Das Buch ist bereits in 2. Auflage im WOLL-Verlag erschienen und kostet 24,90 Euro. (ISBN: 978-3-943-681-99-4). In den Sauerländerbuchhandlungen gibt es den über ein Kilogramm schweren Nachschlage-Schmöker ebenso wie bei den Online-Plattformen.