Naturschutzverein sieht schweren Verfahrensmangel bei Genehmigung für Windräder

Quelle: Naturschutzverein Mitten im Sauerland e.V.

In einer Pressemitteilung an die Medien im Kreis Olpe und HSK teilt der Naturschutzverein Mitten im Sauerland e.V. folgendes mit.

Der Kreis Olpe hat mitgeteilt, der Firma ABO Wind eine Genehmigung zur Errichtung und dem Betrieb von zwei Windrädern mit einer Gesamthöhe von jeweils ca. 240 m in Lennestadt-Oedingen (Herscheid) erteilt zu haben. Das Genehmigungsverfahren des Kreises Olpe leidet aus der Sicht des Naturschutzvereins Mitten im Sauerland e. V. an einem schweren Verfahrensmangel. Die Genehmigung ist deshalb aufzuheben. 

Für die zwei Windindustrieanlagen muss eine Fläche von ca. 1,7 ha Wald gerodet werden. Das Umweltverträglichkeitsprüfungs-Gesetz (UVPG) sieht hier vor, dass ab 1 ha Waldrodungsfläche eine standortbezogene Umweltverträglichkeitsvorprüfung durchgeführt werden muss. Hierzu hat der Kreis Olpe am 20.05.2022 in einer öffentlichen Bekanntmachung mitgeteilt, dass nach dem Ergebnis der Vorprüfung des Einzelfalls eine Umweltverträglichkeitsprüfung (mit Beteiligung der Öffentlichkeit) nicht erforderlich sei. Durch die Rodung der Waldflächen seien laut Kreis keine erheblichen Umweltauswirkungen zu erwarten. 

Die UVP-Vorprüfung hätte aus der Sicht des Naturschutzvereins aber nicht nur in Bezug auf die Rodungsarbeiten, sondern auch in Bezug auf die Auswirkungen der Errichtung und des späteren Betriebs der beiden Windindustrieanlagen erfolgen müssen. Die Vorprüfung des Einzelfalls nach dem Gesetz über die UVP muss sämtliche Auswirkungen auf die Umwelt infolge der Errichtung und den Betrieb der geplanten WEA umfassen und darf nicht allein auf die Folgen der Waldrodung beschränkt werden. Bezugspunkt für die Vorprüfung sind nach dem UVPG die Umweltauswirkungen des gesamten „Vorhabens“ und nicht die Auswirkungen von Teilaspekten eines Vorhabens (vgl. § 2 Abs. 2 und 4 UVPG). Hier hat der Kreis Olpe die Auswirkungen des Betriebs der ca. 240 m hohen Windenergieanlagen auf die in der Nähe lebenden Bewohner, auf die windkraftsensiblen Vogelarten, die vorhandene Fledermauspopulation und die Landschaft (Landschaftsschutzgebiet) einfach ausgeblendet. Die insoweit absehbaren Auswirkungen unterstreichen aber die Notwendigkeit einer Umweltverträglichkeitsprüfung mit Öffentlichkeitsbeteiligung vor Erteilung der Genehmigung. Offenbar wollte der Kreis Olpe der Fa. ABO Wind aufgrund der bewusst unvollständigen Vorprüfung die Umweltverträglichkeitsprüfung ersparen, um so die Genehmigung schneller erteilen zu können. Wenn für ein Vorhaben wegen der erforderlichen Rodungen auf der Baufläche eine Vorprüfung durchgeführt werden muss, dann muss die Vorprüfung sich mit allen Aspekten der geplanten Windenergieanlagen auseinandersetzen. Das Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung lässt die vom Kreis praktizierte „Rosinenpickerei“ hinsichtlich der Umweltauswirkungen, die bei der Vorprüfung zu untersuchen sind, nicht zu! 

Eine unvollständige Vorprüfung steht nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung einer nicht durchgeführten Vorprüfung gleich. Der Naturschutzverein und betroffene Nachbarn können allein deshalb die Aufhebung der rechtwidrigen Genehmigung verlangen (§ 4 Abs. 1 Umweltrechtsbehelfsgesetz). 

Der Naturschutzverein Mitten im Sauerland e. V. prüft nun rechtliche Schritte. Neben einer Klage vor dem Oberverwaltungsgericht in Münster kommt eine Eilantrag auf Baustopp in Betracht. Die praktizierten „Umgehungsversuche“ des Kreises und damit eine Vorteilsverschaffung für den Projektierer dürfen aus seiner Sicht nicht zum „Erfolgsmodell“ werden. 

Naturschutzverein Mitten im Sauerland e. V., Mitglied der Landesgemeinschaft Naturschutz und Umwelt NRW e. V.