Wenn sich ein Naturkind etwas in den Kopf setzt
Bettina Kreutzmann bezeichnet sich selbst als ein Naturkind. Alle, die sie kennen, nennen die am Donnerstag, 7. Januar im kalten Winter 1982 Geborene, Betty. An Bettys Geburtstag erklärt der Deutsche Bund für Vogelschutz den Brachvogel zum „Vogel des Jahres 1982“. Mag sein, dass diese Botschaft die neue Erdenbürgerin sofort erreicht hat. Denn der Schutz der Natur und ihrer Lebewesen scheint Betty in die Wiege gelegt zu sein. Zehn Jahre später geben die Waldjungendspiele in Eversberg und die Abschlussfahrt der Grundschule Nuttlar zur Umwelt-Jugendherberge in Brilon den entscheidenden Impuls für das bisherige Wirken des Naturkindes aus dem Sauerland: die NaturRanger Bestwig.
Natur-Fotograf Klaus-Peter Kappest und WOLL-Herausgeber Hermann-J. Hoffe wollten mehr wissen und haben Betty Kreutzmann am Standort der Naturranger Bestwig, dem Wasserwerk Bestwig, besucht.
WOLL: Was sind NaturRanger?
Betty Kreutzmann: NaturRanger sind Menschen, die die Natur gerne haben und sie wertschätzen. Die bekannten Ranger in den Nationalparks sind sicher die großen Vorbilder. Der Unterschied zu unseren NaturRangern, kurz NaRas, ist, dass wir ehrenamtlich arbeiten und den Fokus auf das kleine, grüne Ehrenamt vor der eigenen Haustür legen. Der Ende 2013 mit Sitz in der Gemeinde Bestwig gegründete NaturRanger e.V. und diese kleine Insel zwischen Ruhr und Obergraben bilden die Grundlage, dass sich hier nicht nur ein Naturerfahrungsort für unsere 500 kleinen und großen Mitglieder entwickelt, sondern für die ganze Gesellschaft. Wir wollen mit gutem Beispiel voran gehen und zum Nachmachen einladen.
„Staudämme und Hütten bauen. Hühnereier ausbrüten. Einfach nur die Natur entdecken.“
WOLL: Wie kam es zur Gründung des Vereins NaturRanger Bestwig?
Betty Kreutzmann: Angefangen hat es nach der Abschlussfahrt der vierten Klasse zur Umwelt-Jugendherberge nach Brilon. Da hat es bei mir „klick“ gemacht. Gemeinsam mit Gleichgesinnten Staudämme und Waldhütten bauen. Hühnereier ausbrüten. Einfach nur die heimische Natur entdecken. Doch anders als für sport- oder musikbegeisterte Kinder gab es in erreichbarer Nähe kein regelmäßiges Freizeitangebot im grünen Bereich. Also musste ich selbst aktiv werden. Rat und Hilfe wurde bei den großen Naturschutzverbänden angefragt. Alle unterhielten eigene Kinder- und Jugendgruppen. Die Antwort von Frank Baldus – damals Leiter der WWF-Panda-Club-Zentrale in Wuppertal überzeugte mich. Anders als bei allen anderen Antworten stand hier nicht die Gründung einer entsprechenden Ortsgruppe im Vordergrund – sondern das Vorhaben eines jungen Mädchens, welches in ihrem Heimatort aktiv werden wollte.
WOLL: Und er wusste, wie er Ihnen helfen kann? Er hat ja sehr persönlich geantwortet.
Betty Kreutzmann: Genau, daraus ist eine Brieffreundschaft entstanden und ich bin im WWF-Panda-Club geblieben. Am 26. April 1997 fand unser erstes Rangertreffen in Ostwig statt. Eine kleine Gruppe von 7- bis 15-jährigen Kindern beschlossen an diesem Tag die Ortsgruppe Ostwig – des WWF-Panda-Clubs zu gründen – aber der WWF hatte sich bereits entschlossen, sein „Panda-Ranger“ Programm in der bisherigen Form zu beenden. Die mehr als 20 Ortsgruppen wollten nicht aufhören und gründeten den „Natur-Ranger Deutschland e.V.“ – der schwarz-weiße Panda wurde vom neuen schwarz-weißen heimischen Dachs abgelöst. „Gemeinsam mit Gleichgesinnten die Natur vor der eigenen Haustür entdecken“, war schon damals unser oberstes Ziel.
WOLL: Und die Gruppe aus dem Sauerland war dann deutschlandweit bekannt?
Betty Kreutzmann: Bis dahin noch nicht. Ein weiteres Jahr später fusionierten die kinderreichen, aber finanzschwachen Ranger mit der noch jungen, finanzstarken, aber kinderarmen Heinz Sielmann Stiftung in Duderstadt. Die Sielmanns Natur-Ranger als Jugendorganisation der Heinz Sielmann Stiftung erblickten 1998 das Licht der Welt. Ein Glücksfall mit viel Potential und Strahlkraft. Für uns Sauerländer war es eine große Ehre – den Tierfilmer kannte man durch seine Tiersendungen „Expedition ins Tierreich“ – ihn persönlich kennenlernen zu dürfen und die Tatsache, dass die heimische Jugendumweltgruppe seinen Namen tragen durfte, waren für mich und meine Mitstreiter ein riesiger Ansporn. Schon bald startete das erste Bundesprojekt „Sielmanns Natur-Ranger – Wir tun was für Fledermäuse“ – ein Thema, das uns bis heute begleitet und die Bestwiger Ranger weit über das Sauerland hinaus bekannt gemacht hat.
„Viele Kinder als Mitglieder, aber kein Geld.“
WOLL: Wie hat sich die Naturranger-Gruppe hier im Sauerland entwickelt?
Betty Kreutzmann: Unser Team Bestwig wuchs und gehörte schon bald mit einer konstanten Größe von gut 20 Rangern zu den größten innerhalb des Vereins. Mit zunehmender Unterstützung unserer jugendlichen Ranger konnte ich Ende 2008 auch die Wahl in den Vereinsvorstand annehmen und so Team und Verein auf einer anderen Ebene weiterentwickeln. 2012 übernahm ich unsere erste hauptamtliche Projektstelle – mit dem Ziel, Stiftung und Jugendorganisation mehr zu vernetzen sowie ein Entwicklungskonzept und ein Leitbild zu erstellen. Mit diesem Schritt betrat ich auch erstmals die große umweltpolitische Bühne. Mir wurde immer mehr bewusst, dass das Herzstück vor der Haustür liegt, es aber keine Patentlösung für alle gibt – auch wenn strahlende Leuchtturmprojekte bei Weilen einen anderen Eindruck erwecken. Die Heinz Sielmann Stiftung vollzog 2013 einen Führungswechsel und auch die Natur-Ranger – allen voran unser Team in Bestwig – brauchten einen Strategiewechsel, um langfristig zukunftsfähig zu bleiben. Die Sauerländer Ranger trennten sich von der Heinz Sielmann Stiftung und damit auch von ihrer Jugendorganisation. Ein gewagter, aber aus heutiger Sicht richtiger Entschluss. Doch die Ranger waren für mich, ein wichtiger Teil meines Lebens und sollten es auch bleiben. Die Gründung des generationsübergreifenden NaturRanger e.V. mit Sitz in der Gemeinde Bestwig war die logische Konsequenz daraus.