Quelle: Sven Brandenburg
Großes Publikumsinteresse herrschte bei den bisherigen Vorträgen zum modernen Altarbild in der St. Clemens-Kirche und auch die nächste Veranstaltung ist schon ausgebucht. Es geht darum, verschiedene Zugänge zum neuen Altarbild des Esloher Künstlers Thomas Jessen zu eröffnen: Die Kulturredakteurin Dr. Monika Willer referierte über die moderne Version der Kreuzesabnahme Jesu in heutiger Bekleidung unter künstlerischen Gesichtspunkten.
Gute Kunst löst immer Diskussionen aus
Dargestellt werden Maria, die Mutter des Gekreuzigten, die heilige Veronika mit dem Schweißtuch und der ungläubige Thomas, dem Maria auf der Leiter stehend den Gürtel spendet. Diese Darstellung hat viele Kritiker und Fürsprecher auf den Plan gerufen – wie immer, wenn Kunst von althergebrachten Denkmustern abweicht. Beispielsweise wurden in der Öffentlichkeit zuvor die Kirchenfenster von Marc Chagall in der St. Stephan-Kirche in Mainz oder das Richter-Fenster im Kölner Dom sehr kontrovers diskutiert. Möglicherweise entwickelt sich in Drolshagen gerade ebenfalls ein entsprechender Kulturtourismus: Das Bild ist nicht nur wegen der modernen Kleidung der Personen etwas besonders, sondern auch durch die brillanten Farben und die Botschaft der Verbindung von Himmel und Erde durch den Gürtel. Die Kulturredakteurin betonte bei ihrem Vortrag zu dem zeitgenössischen Altarbild, dass es schwer ist, jeden Geschmack zu treffen denn: „Gute Kunst löst immer Diskussionen aus“.
Indem sich der Künstler als hl. Thomas selbst ins Bild einbringt, greift er auf eine alte Künstlertradition zurück. Die Umstände, die dazu geführt haben, erklärt der Maler in seiner Einführung selbst. Frau Dr. Willer ermunterte die Zuhörer, sich das Bild mit einem Opernglas genau anzusehen, denn viele Details kann man aus einer gewissen Entfernung kaum entdecken. Die Unruhe in der Gemeinde werde sich schon legen, glaubt sie und empfiehlt: „Seien sie stolz darauf, Kunstgeschichte zu schreiben!“
Der Künstler hat das Wort
Jessen berichtete Details zu seinem Bild unter dem Motto „Der Künstler hat das Wort“. Thomas Jessen, geboren in Lübbecke/Westfalen, wohnt und arbeitet heute im sauerländischen Eslohe, er studierte von 1980 bis 1986 an der Kunstakademie in Düsseldorf. Der am Pfingstfest, vom Weihbischof Matthias König aus Paderborn, eingeweihte Altar bewegt weiterhin die Gemüter und dies nachhaltig, sodass auch Thomas Jessen noch aufgewühlt von der riesigen Resonanz ist. In allen möglichen Medien, ob Print oder Digital, bis hin zu einem russischen Fernsehsender, wurde über das Bild berichtet, wie Pfarrer Markus Leber in seiner Eröffnungsrede betonte.
Vor zahlreichen Zuhörern berichtete Jessen von der ersten Kontaktaufnahme. Vor zwei Jahren hat ihn der Gemeinderat gebeten, ein Altarbild zum Thema Menschwerdung zu entwerfen. Das Bild sollte authentisch sein, mit Ölfarben auf Leinen gemalt sein und die stattliche Größe von circa vier Meter hoch und fünf Meter Breite haben. Obwohl der Künstler kleinere Formate bevorzugt, nahm er den Auftrag an. Ein Flügelaltar muss eine gewisse Größe haben, denn vor den kirchlichen Hochfesten, wie Weihnachten und Ostern, wird der Altar zugeklappt und ein anderes Bild gezeigt. Über das Motiv wollte sich Jessen aber noch nicht äußern, er wird es bis zum ersten Adventssonntag fertigstellen. Insgesamt ist die St. Clemens Kirche mit dem neuen Altarbild und nach ihrer gelungenen Renovierung um ein weiteres Highlight reicher geworden.
Zur theologischen Deutung in Beziehung zum Apostel Thomas wird es einen weiteren Vortrag vom Wittener DiplomTheologen Hartwig Trinn geben und als letzter in dieser Vorstellungsreihe wird Prof. Christoph Stiegemann, langjähriger Direktor des Paderborner Diözesanmuseums und Leiter der Fachstelle Kunst des Erzbischöflichen Generalvikariates, ein Referat halten.