Ulrike Wesely bringt die Kulturschaffenden vom Schrabben Hof ins Netz
Die Scheinwerfer sind auf eine leere Bühne gerichtet, im Zuschauerraum herrscht fast schon gespenstische, unwirkliche Stille – applaudierende Besucher hat das Kulturgut Schrabben Hof jedenfalls schon lange nicht mehr gesehen … Doch was passiert eigentlich hinter den geschlossenen Vorhängen, was machen all die Akteure in ihrer inzwischen schon einjährigen Zwangspause? Ulrike Wesely ist in zweifacher Hinsicht betroffen: Als ausgebildete Musikerin und Theaterpädagogin steht sie eigentlich auch selbst auf der Bühne, als künstlerische Leitung des gemeinnützigen Vereins „MuT Sauerland e.V.“ und Geschäftsführung des Schrabben Hof sucht sie nach Wegen, das kulturelle Leben auch in der Krise aufrechtzuerhalten.
Stillstand ist was Anderes
„Mit meinem Soloprogramm hatte ich Auftritte ins ganz Deutschland geplant; kurz bevor es losgehen sollte, kam Corona. Auch auf dem Schrabben Hof mussten wir dreißig Veranstaltungen absagen. Ich weiß, was für viele Künstler inzwischen auf dem Spiel steht“, kann auch Ulrike Wesely ihre Enttäuschung nicht ganz verbergen.Doch „MuT“ steht nicht nur für „Musik und Theater“, sondern ganz offensichtlich auch für die Lebenseinstellung der Ehrenamtlerin. Denn anstatt die Türen des Kulturguts einfach abzuschließen und auf bessere Zeiten zu hoffen, hat der Verein die Zeit genutzt, den Schrabben Hof auf eben jene vorzubereiten. „Seit 2008 holen wir Kunst und Kultur in unser schönes Sauerland; der Schrabben Hof bietet mit seiner charmanten Kleinkunstbühne im Dachgeschoss die optimalen Gelegenheiten dazu. Um das finanzieren zu können, öffnen wir regelmäßig unser uriges Café oder veranstalten Trödelmärkte, zu denen die Menschen auch überregional anreisen. Auch das war im letzten Jahr kaum möglich, doch ich fühle mich trotzdem gut unterstützt“, erzählt die Theaterfrau.
Gemeint ist die Dorfgemeinschaft, denn wenn es um den Treffpunkt ihrer Vereine und Jugendgruppen geht, helfen die Silberger mit. Und so packten auch alle gemeinsam an, als es im vergangenen Sommer darum ging, den Dorfplatz vor dem Schrabben Hof neu zu pflastern und zu gestalten. Gemeint sind aber auch die staatlichen Fördertöpfe, die zum Beispiel den Einbau eines Hubliftes ermöglicht haben, damit das kleine Theater im Dachgeschoss sowie die oberen Etagen des Heimatmuseums barrierefrei erreicht werden können.„Wir haben das Haus komplett umgekrempelt. Natürlich mussten wir vom Vorstand Einiges initiieren und es ist auch schwer, Nachwuchs im Ehrenamt zu finden, aber die Möglichkeit, den Hof mitzuformen, entlohnt für jede Mühe“, berichtet Ulrike Wesely über ihre Beweggründe. Ein Engagement, das sich auszahlt: Seit Sommer ist sie Trägerin des Kulturpreises im Kreis Olpe, der nur alle drei Jahre verliehen wird. Jede Menge Zeit also, den Schrabben Hof weiter fit für die Zukunft zu machen.
„MuT tut gut“
Doch auch wenn sich in dem Kulturgut selbst einiges getan hat – da waren ja immer noch die Künstler! Und wenn diese nicht zum Theater kommen konnten, so musste das Theater eben zu ihnen kommen. Also entwickelte Ulrike Wesely das digitale Format „MuT tut gut“, um überregionalen Erzählern und Kabarettisten, aber auch Kindern und Jugendlichen aus dem Dorf eine Bühne zu geben.Über vierzig Kurzfilme in den drei Kategorien „Schrabbenkram und Dönekes“, „MuT auf Tour“ und „SchrabbenWindows 1.0“ hat sie produziert, einige davon auf dem berühmten grünen Sofa im Schrabben Hof, einige auch an besonderen Orten in der Region, zum Beispiel an der Waldenburg Ruine in Attendorn. Dazu musste die künstlerische Leiterin selbst erst einmal viel dazu lernen: „Den Schnitt und die Produktion habe ich jeweils selbst gemacht; das war alles absolutes Neuland für mich! Doch ich habe hier ein tolles Netzwerk aufbauen können, wurde zum Beispiel von einem professionellen Tonstudio unterstützt und konnte sogar Drohnen-Aufnahmen realisieren. Das wäre ohne Corona niemals so gewachsen!“
Teilweise erreichen die Videos, die unter www.mut-sauerland.de auch im Nachhinein noch angesehen werden können, über 1.500 Aufrufe; viel mehr Menschen, als in das kleine Theater gepasst hätten. Doch die echte Bühnenluft, die Reaktionen des Publikums, der Applaus – all das fehlt trotzdem. „Wenn wir wieder dürfen, dann wird der Hunger groß sein“, da ist sich Ulrike Wesely sicher – und so wird sie sicherlich nicht mehr allzu lange allein auf der leeren Bühne sitzen.