Diemelsee und Willingen „bekennen“ sich zum Sauerland/Überragendes Ehrenamt stärkt Gemeinden
Zwei Gemeinden, eine von der Natur reichlich gesegnete Region: Diemelsee und Willingen im Naturpark Diemelsee haben allen Grund mit ihren „Pfunden zu wuchern“. Sie sind moderne und leistungsstarke Orte mit boomendem Ganzjahrestourismus, der entsprechenden Infrastruktur, mit zukunftsträchtigen Investitionen, mit Landwirtschaft, Kleinindustrie und Handwerk sowie einem überragenden ehrenamtlichen Engagement der Bewohner. Beide hessischen Nachbargemeinden im Upland arbeiten eng zusammen und vertreten eine deutliche Botschaft: „Wir gehören zum Sauerland“, sagen die beiden Bürgermeister Volker Becker (Diemelsee) und Thomas Trachte (Willingen).
„Upland bedeutet Ober- oder Hochland. Der Begriff hat sich aus dem Plattdeutschen entwickelt“, betont Trachte. „Berge und Täler, das passt zum Sauerland. Besonders touristisch fühlen wir uns dem Sauerland zugeordnet.“ Sein Kollege Becker formuliert es so: „Wir sind der hessische Teil des Sauerlandes.“
Beide (unabhängigen) Bürgermeister verstehen sich gut. Sie sind langjährig im Amt: Thomas Trachte seit dem 12. August 2004 in Willingen, Becker feierte am 5. September 2020 sein 15-jähriges Dienstjubiläum. Wenn beide über ihre Gemeinden und die Region sprechen, dann gehen ihre Herzen auf. „Man braucht nicht ins Allgäu zu fahren, man kann das auch hier erleben“, meint Becker. „Natur pur, die Berge und Täler, inmitten der Diemelsee, es ist einfach schön, Naturjuwel Diemelsee, die Perle im Sauerland.“ Trachte spricht von einer „großen Naturvielfalt auf einem relativ kleinen Raum. An Vielseitigkeit ist das kaum zu übertreffen.“
Beiden Bürgermeistern liegt die stetige Weiterentwicklung ihrer Orte am Herzen. Der Ganzjahrestourismus spielt die dominierende Rolle und ist der Hauptwirtschaftszweig mit leistungsfähigen Fremdenverkehrsbetrieben. Daneben sind vor allem Handwerks-, kleinere Gewerbe- sowie Holz- und Landwirtschaftsbetriebe in den Ortsteilen zu finden. Die Firma Weidemann in Diemelsee-Flechtdorf ist ein großes, international tätiges Unternehmen für Landwirtschaftsmaschinen, vor allem Radlader. In Willingen mit seinen neun Ortsteilen (mit Stryck) und rund 6000 Einwohnern sind als größere Betriebe u. a. Fritz Göbel („Tierzucht & Co“), Kleinmöbel Kesper und die Upländer Bauernmolkerei Usseln zu nennen. „Willingen ist ein sehr moderner, leistungsstarker Ort“, betont Trachte. „Im gastronomischen Bereich haben wir ein großes Angebot und überwiegend gute und gerngesehene Gäste, die sich wohlfühlen und in unser familiäres Gesamtbild passen. An den Wochenenden gibt es leider auch einige negative Begleiterscheinungen. Das ist wie im Fußballstadion: Die meisten Fans sind in Ordnung. Eine kleine Minderheit benimmt sich daneben. Wir sind dabei Grenzen zu ziehen.“
Diemelsee, 1971 durch den Zusammenschluss von zuvor 13 ehemals selbstständigen Gemeinden entstanden, mit dem Verwaltungssitz in Adorf und insgesamt rund 4.700 Einwohner, feiert im nächsten Jahr 50-jähriges Jubiläum. „Die Gemeinde mit den dörflichen Strukturen ist zusammengewachsen“, sagt Becker. „Die Menschen identifizieren sich mit Diemelsee und ihrer Heimat, wir freuen uns über Rückkehrer und das überwältigende ehrenamtliche Engagement der Menschen und Vereine.“
„Wir haben in Willingen keine sozialen Brennpunkte“ (Bürgermeister Thomas Trachte)
In der Tat: Das Ehrenamt spielt in der Region eine überragende Rolle. In Willingen und Diemelsee gibt es jeweils rund 70 Vereine. „Sie bilden die Grundlage des gesellschaftlichen Lebens“, so die beiden Bürgermeister. In Willingen hat beispielsweise die Verwaltung ein „Anti-Langeweile-Programm“ für Kinder und Jugendliche erstellt. In einer Broschüre sind alle entsprechenden Angebote der Vereine zusammengefasst. „Was die Vereine anbieten, ist einfach großartig“, so Trachte. „Soziale Brennpunkte haben wir hier nicht.“ Für die Kinder im Vorschulalter bietet Willingen in Kooperation mit dem Evangelischen Gesamtverband Upland einen Ganzjahres-Kindergarten an. Das Projekt des Bundesfamilienministeriums „Kita Plus“ – Weil gute Betreuung keine Frage der Zeit ist – läuft in Willingen seit drei Jahren und hat sich bestens bewährt. Der Kindergarten ist montags bis samstags jeweils von 6 bis 21 Uhr und sonntags von 6 bis 14 Uhr geöffnet. Es ist ein wichtiger Beitrag zur Vereinbarung von Familie und Beruf, gerade in touristischen Hochburgen mit Wochenenddiensten. Auch die Betriebe können mit der professionellen Kinderbetreuung werben.
Seit Mitte 2018 läuft das Gesundheitsnetzwerk PORT Willingen-Diemelsee e. V. Es ist ein Pilotprojekt der Robert-Bosch-Stiftung und eines von vier Einrichtungen in Deutschland. PORT steht für „Patientenorientierte Zentren zur Primär- und Langzeitversorgung“. Dabei geht es insbesondere in Kooperation mit der AOK Hessen um die Verbesserung der medizinischen Versorgung im ländlichen Raum. Im sogenannten Casemanagement werden Hilfeleistungen für Menschen mit besonderem Hilfsbedarf koordiniert, Angehörige werden beraten und Seminare und Kurse zur Prävention angeboten. „Die Schnittstellen in der medizinischen Versorgung sollen entscheidend verbessert werden“, betont Trachte. Als zwei weitere, künftige Säulen sollen das Kurangebot ausgebaut und die Seniorenbetreuung intensiviert werden.
Den Tourismus als wichtigsten Wirtschaftsfaktor zu stärken, haben sich beiden Gemeinden auf ihre Fahnen geschrieben. Rund 4,5 Millionen Euro sind in den letzten Jahren in den Ausbau und die Qualitätsverbesserung der touristischen Infrastruktur rund um den Diemelsee geflossen. Bei diesem Großprojekt ging es unter anderem um die Erneuerung der Uferpromenade und die Aufwertung der von Wander- und Radwegen“. „Dieses Projekt ist in einer Bürgerwerkstatt, also von Bürgern für Bürgern, entwickelt worden“, erklärt Becker. „Barrierefreiheit und Familienfreundlichkeit waren dabei wichtige Kriterien.“
„Feriendorf Diemelsee stößt auf große Resonanz“ (Bürgermeister Volker Becker)
Ein weiteres Großprojekt ist das Feriendorf Diemelsee im Luftkurort Heringhausen. Ein Investor hat über 20 Millionen in das Projekt gesteckt. Nach dem Spatenstich im Juni 2019 entstehen hier 70 Ferienhäuser und 18 Ferienwohnungen. „Das Feriendorf stößt auf große Resonanz, die ersten Häuser sind schon übergeben worden und werden von Feriengästen angemietet“, so Becker. Geplant ist zudem die Errichtung eines Lebensmittelgeschäftes in Heringhausen. Ein anderes Projekt ist ebenfalls in der „Pipeline“ und zwar der Trekking-Park Sauerland. An neun Stationen auf dem Upland- und Diemelsteig können die Urlauber in der Natur zelten.
Mountainbike-Trail soll Maßstäbe in Europa setzen
Ein „Riesenprojekt“, so Trachte, ist der geplante Mountainbike-Trail, an dem 14 Kommunen und der Landkreis Waldeck-Frankenberg beteiligt sind. Willingen hatte das rund 14 Millionen teure und vom Land Hessen bzw. der EU geförderte Projekt angestoßen, Diemelsee als Nachbargemeinde war sofort mit im Boot. Ein Netz von Pfaden mit rund 650 Kilometern, keine Downhillstrecken, sondern naturbelassene Pfade mit flüssigem Fahrgefühl („Flowiger Freeride“) für Breitensportler: „Damit kommen wir ganz nach vorn in Europa“, meint Trachte, der sich ein „Anschlussprojekt Richtung Winterberg/Medebach wünscht“. Der Baustart könnte 2021 erfolgen.
Die beiden Bürgermeister haben die Zukunft ihrer Gemeinden und der Region fest im Visier. Für die beide ist die hervorragende Zusammenarbeit zwischen Politik/Verwaltung, Ehrenamt und Investoren das „Fundament“ für die Entwicklung der Region. „Wir verstehen uns als Teamplayer und haben in den vergangenen Jahren viele Menschen kennen, schätzen und lieben gelernt. Es sind viele Freundschaften entstanden.“