Mitten in der Gesellschaft

Kinder und Jugendliche, die Unterstützung im Alltag benötigen, leben gemeinsam in Olsberg 

Wer mit einer körperlichen, geistigen oder seelischen Beeinträchtigung aufwächst, hat es nicht leicht. Pflegerische und therapeutische Maßnahmen sowie die Unterstützung Zuhause überfordern mit den Jahren auch starke Familienverbünde.  Früher wurde dann die heimähnlichen Unterbringung in der alle Entscheidungen und Arbeiten ‚rundumsorglos‘ abgenommen werden als letzte Alternative gesehen. Dies ist heute anders. So bietet das Bigger Josefsheim seit weit mehr als 12 Jahren selbstbestimmtes, familiäres Leben in kleinen Wohngruppen für Kinder und Jugendliche von 6 bis 18 Jahren an.   

Janine Rottler, pädagogische Geschäftsführerin der Josefsheim gGmbH, kennt das Dilemma: „Die Kinder im Grundschulalter und Jugendlichen leben im Elternhaus größtenteils isoliert. Oft ist kein Regelbesuch darstellbar, und selbst wenn, dann frisst allein schon der gesonderte Bustransport durch die Region einen großen Teil der Freizeit auf. Freundschaften zu Mitschülern pflegen ist dabei oft schwer.“  

Hinzu kommt eine weitere Herausforderung: Wie auch bei anderen Heranwachsenden beginnt mit dem Älter werden der Kinder nun nicht nur die Abgrenzung gegen die Eltern, sondern es wachsen auch gewisse Körperbarrieren, die die Fürsorge und Pflege durch die Eltern komplizieren. „Für viele von ihnen ist dann das Leben in einer unserer wohngemeinschaftsähnlichen Einrichtungen eine lohnenswerte Alternative“, so Rottler, die auch die Eltern, die mit der anstehenden Entscheidung an ihre Grenzen kommen, zu einem Umzug. „Keine Familie muss alleine durch diese Situation gehen. Sich professionelle Hilfe zu holen ist vernünftig und eine gute Entscheidung. Dabei sehen wir uns jedoch niemals als Familienersatz, sondern nur als Unterstützung im Alltag. Die Bindung zur eigenen Familie kann hier bei uns durch die sehr gern gesehenen Besuche sogar noch enger werden, da das Konfliktpotenzial ja größtenteils ausgelagert ist.“ 

Michaele Halbey, die als Geschäftsfeldleiterin ‚Wohnen und personenbezogene Dienstleistungen‘ tätig ist, erklärt die Leistungen des Josefsheims so: „In kleinen Wohngruppen trainieren wir mit den Heranwachsenden den Umgang mit alltäglichen, haushaltstypischen Aufgaben. Einen Speiseplan aufstellen, einkaufen gehen, der Umgang mit Geld – all das muss geübt werden. Die zentrale Lage der Einrichtung macht das Leben Mitten in der Gesellschaft zur Normalität. Mit der in unmittelbar gelegenen Schule an den Ruhrauen besteht eine enge Nachbarschaft. Das Ziel unserer Leistungen für Kinder und Jugendliche ist ein selbstbestimmtes, selbstständiges Leben als Erwachsener. Doch davor begleiten wir natürlich nicht nur die Schul- und Berufsausbildung oder ein Studium, sondern auch die medizinische und therapeutische Versorgung/Entwicklung.“ 

Die Erfahrung zeigt, dass der enge Kontakt zu Menschen mit ähnlichen Herausforderungen der Entwicklung guttut. Gruppendynamik entsteht beispielsweise beim gemeinsamen Schwimmen, therapeutischem Reiten oder beim fröhlichen Musizieren. „Besonderen Anklang finden auch Ausflüge oder Urlaubsfahrten in den Schulferien“, so Halbey. „Und natürlich sind die ganz normalen Feste, wie Geburtstage, Schulentlassung oder die christlichen Feiertage, echte Highlights in den Gruppen.“  

Was im Haus Jakobus erfolgreich praktiziert wird, soll nun in die Breite getragen werden. „Je nach Bedarf sind wir offen für ähnliche Projekte im Gebiet des HSK und des Kreises Soest“, erklärt Michaele Halbey. „Man weiß heutzutage, dass eine wohnortnahe Unterbringung sowohl den Jugendlichen als auch den Angehörigen zugutekommt. Deshalb sind wir sehr an Kontakten zu betroffenen Familien interessiert, um praktikable Lösungen zu finden. Bitte sprechen Sie uns an!“

Betroffene und Interessierte können sich jederzeit vertrauensvoll an das Experten-Team des Josefsheim wenden. Alle Informationen und Ansprechpartner finden Sie direkt online unter www.josefsheim-bigge.de/wohnen.