Mit Rücksicht durch das Land der 1000 Kurven

Heimische Motorradguides machen das Sauerland zum Erlebnis

In Superlativen zu sprechen fällt den Führern von Motorradfahrten im Sauerland nicht schwer. Gilt doch hier die Beschreibung „Land der 1000 Berge° genauso einladend wie die erwartungsvolle Titulierung des Sauerlandes als „Land der 1000 Kurven“. Und das lädt ein. Wer gerne Motorrad fährt und mit seinem privaten Umfeld gerne zu Touren aufbricht, kommt ins Sauerland, genießt Berge und Kurven und fühlt sich bei gemeinschaftlichen Ausflügen wohl.

Dass bei diesen kurvenreichen Ausflügen landschaftliche und infrastrukturelle Höhepunkte angesteuert werden, dafür sorgen die Motorradguides, die die Strecken in die nähere und weitere Umgebung auswählen und die Biker dorthin führen. Kai Guntermann aus dem Landgasthof zur Sonne in Hesborn bietet seit 20 Jahren geführte Touren für Biker an, die aus allen Ecken Deutschlands und der Niederlande dorthin kommen, um von Hesborn aus das Sauerland auf ihren Zweirädern zu durchfahren. Er gehört der Gemeinschaft der Biker-Hotels Sauerland an, die allesamt Touren anbieten und selbst dabei als Guide tätig sind. „Wir fahren in alle Richtungen, zum Diemelsee, Möhnesee oder nach Nordhessen zum Edersee bis in die Außenbezirke von Kassel“, sagt Kai Guntermann, der selbst begeisterter Biker ist. „Die Tagestouren dauern meist von 10 bis etwa 17 Uhr, dann sitzen wir noch gemütlich beieinander und lassen den Tag Revue passieren.“ In der Regel werden an einem Tourentag 200 bis 300 Kilometer zurückgelegt.

Die Guides achten darauf, dass die Gruppen von maximal zwölf bis 15 Fahrern gebildet werden. „Es ist wichtig, dass die Gruppen nicht zusammengewürfelt sind, sondern in sich homogen und die Fahrer sich untereinander kennen.“. Es sollten nicht unterschiedliche Fahrcharakteristiken bei den Touren zusammenkommen. Wichtig sei es auch, dass die Guides aus den beteiligten Hotels sich gut verstehen. „Wir sind eine verschworene Gemeinschaft, die untereinander gute Kontakte pflegt“, sagt Kai Guntermann.

Die Gruppen reisen normalerweise Freitagabends an und bleiben dann bis Sonntag im Sauerland. „Im Laufe der Jahre haben sich auch schon zahlreiche persönliche Kontakte bis hin zu Freundschaften mit den Fahrern entwickelt. Da weiß man, wer kommt und kennt die Gruppen häufig“, hat der erfahrene Guide auch seine Ansprechpartner. Denn eines sei klar, es gehe bei den Fahrerlebnissen nicht um Raserei, setzt er Grenzen. Die Fahrer seien bedachter, es gehe ihnen nicht um Lautstärke. Außerdem seien die neuen Maschinen schon deutlich leiser. „Obwohl manches für die Anwohner an den Strecken in den Dörfern sicherlich nicht einfach ist“, gesteht Kai Guntermann ein.

Als beste Zeit für die Motorradgruppen nennt er den Frühsommer und danach wieder die Zeit ab Mitte August. Jürgen Uhl von der Kreisverwaltung bezeichnet die Biker als Gäste, die der Tourismus sehr gerne habe. Allerdings müsse die Lautstärke so sein, dass die Anwohner sich nicht beschweren. In dieselbe Richtung argumentiert Rouven Soyka vom Sauerland-Tourismus: „Wir verstehen die, die vom Lärm genervt sind.“ Ideal wäre es, die Tour nicht auf Kilometer auszulegen, sondern gemütlich zu fahren und Zwischenstopps einzulegen. Die Nähe von Ruhrgebiet und Rheinland brächte es mit sich, dass zahlreiche Gruppen für ein sogenannte „kurzes Wochenende“ hierher kämen. „Von denen wollen viele ohne vorgegebene Tour fahren. In diesen Gruppen sind alle Altersklassen vertreten.“ Es gebe einzelne, die bei der Lautstärke über die Stränge schlügen. Das sei aber nicht der Normalfall, sagt Rouven Soyka.

Ein bis zweimal jährlich analysierten Polizei und Tourismus das Unfallaufkommen, um aus dieser Risiko-Analyse Konsequenzen zu ziehen. „Wir halten nichts davon, Teilstrecken zu verbieten. Dann suchen die Motorradfahrer andere Wege. Wenn man verständnisvoll damit umgeht, braucht man das nicht“, hofft Rouven Soyka auf Rücksichtnahme.