Mit Neugierde, Glück und Fußballleidenschaft

Patrick Balzerowski und Michael Senske

Quelle: Tim Kramer

Michael Senske ist Datenwissenschaftler beim FC Bayern München

Geboren wurde er 1987 in Dortmund, zog aber bereits im Alter von drei Jahren nach Neheim, wo er eine behütete Kindheit und Jugend verbrachte, bis er zum studieren das Sauerland verließ. Heute arbeitet Michael Senske beim FC Bayern München – in der Abteilung Spielanalyse und Innovation. Der Weg dahin war ein spannender und keinesfalls ein geplanter. 
 
Die Leidenschaft für den Fußball kommt nicht von ungefähr. „Mein Papa war sehr aktiv im Fußball – sowohl als Spieler als auch als Journalist“, erinnert sich Michael Senske. „Er hat mir als Kind natürlich immer viel erzählt und mich gefragt, ob ich nicht auch in einem Fußballverein spielen wollte.“ Das wollte er natürlich. SC Neheim, TuS Vosswinkel und SC Bachum/Bergheim: „Bis zur C-Jugend hab ich im Verein gespielt. Aber ich hatte immer den Konflikt, dass meine Spiele und die der Bundesliga zur selben Zeit stattfanden und ich doch lieber die Bundesliga-Spiele verfolgt habe“, erinnert er sich lachend.

Aktiv Fußball zu spielen begann er erst wieder, als er in Bochum zu studieren anfing – diesmal in einer Hobbymannschaft. In Bochum studierte er Biochemie. Bachelor, Master, zwischendrin einige Auslandsaufenthalt in Irland, Wales und den USA, bis er sich schließlich für die Promotion im Fach Chemie entschied. „Ich war immer gerne in der Uni und habe deswegen davon geträumt, Professor zu werden“, erzählt er. „Die Forschung hat mir von Anfang an viel Spaß gemacht, im Labor zu sein und unbekannte Dinge zu untersuchen.“ Doch irgendwann kam er an einen Punkt, an dem der Spaß nachließ und Zweifel aufkamen. „Irgendwie habe ich gemerkt, dass das ganze Prozedere in der Forschung vielleicht doch nicht so meins ist, der Publikationsdruck, der Fokus liegt zu wenig auf dem Forschungsfeld und irgendwo gehört eben auch einfach viel Glück dazu.“ Hinzu kommt, dass eine Professorenkarriere sehr lange dauert: „Ich dachte mir, wenn ich dann Ende 30 bin und merke, ich schaffe das nicht, was mache ich dann?“ Das führte dazu, dass er noch einmal in sich ging und ganz frei darüber nachdachte, was er wirklich gerne machen würde. „Ich merkte, dass ich in meiner beruflichen Zeit gerne über Fußball nachdenken würde, dass es schön wäre, das Hobby irgendwie in den Beruf einfließen lassen zu können.“ 

Michael als Baby mit seinem Vater PaulQuelle: privat
Michael als Baby mit seinem Vater Paul

Vom Chemiedoktorand zum Start-up-Gründer 
 
Er begann gemeinsam mit einem Kommilitonen und einem Juniorprofessor ein Nebenprojekt aufzubauen. Zunächst starteten sie mit sehr einfachen Fragen. Als das nicht mehr genug war, überlegten sie sich, an den VfL Bochum, Michael Senskes Lieblingsverein, heranzutreten. Was hatten sie zu verlieren? Er hatte gelesen, dass ein dänischer Verein mithilfe von Datenanalyse sehr überraschend Meister geworden war. Auf dieser Grundlage schrieben sie dem VfL einen Brief und wurden prompt eingeladen, um sich und ihre Ideen vorzustellen. „Wir wollten anhand von Daten die Stärken der Spieler berechnen. Es gab zu dieser Zeit bereits eine Menge Daten – allerdings wusste nicht einmal der VfL, wie er dort herankommt.“ Michael Senske merkte, dass aus der Zusammenarbeit dauerhaft nichts werden würde und erzählte zufällig bei einem „Kaminabend“ in der Uni jemandem von der Wirtschaftsförderung Bochum von seinem Projekt. Daraufhin kam die Idee auf, ein Start-up zu gründen, „obwohl keiner von uns wusste, wie das geht.“ Für die Bewerbung für den Förderwettbewerb „START-UP-Hochschul-Ausgründungen“ wurde zunächst recherchiert, ob die Idee auch für Amateurvereine interessant sein könnte. Das war sie und so gingen Michael Senske und seine Kollegen mutig, aber auch etwas nervös zur Vorstellung ihres Projektes – und gewannen den Wettbewerb und damit mehr als 260.000 Euro für die nächsten 18 Monate. Das Projekt konnte nun endlich richtig beginnen. 
 
Und plötzlich beim FC Bayern München 
 
Wie der Zufall es so will, kam dann jedoch trotzdem alles anders. Bei einem Grillabend kam ein Kontakt zum FC Bayern München zustande, ausgerechnet zu jemandem aus dem Bereich Spielanalyse. „Da wir ja gerade erst das Geld bekommen und mit unserem Projekt begonnen hatten, hatten wir schon fast abgesagt. Aber der FC Bayern blieb hartnäckig, wollte nicht nur, dass wir das Projekt für ihn weiterführten, sondern dass wir dort fest arbeiteten.“ Schnell war klar, dass das wahrscheinlich eine einmalige Gelegenheit ist – außerdem gab der Arbeitsplatz eine größere Sicherheit. „Der FC Bayern München ist einer der besten Vereine der Welt und die Chance, überhaupt in einem Fußballverein zu arbeiten, war mit unserem Start-up nicht gesichert. Darum entschieden wir uns, dass Angebot anzunehmen und gaben die Fördergelder zurück.“ 
 
Am 1. Juli 2018 ging es dann tatsächlich los, in der Abteilung Spielanalyse und Innovation als Datenwissenschaftler. „Das war natürlich eine superspannende Anfangszeit in München, gerade auch als Fußballfan“, erinnert sich Michael Senske und grinst: „Ich hab zu meinem Kollegen gesagt: ‘Patrick, wir machen hier keine Selfies. Wir gehen da einfach rein und verhalten uns ganz unauffällig.‘“ Aber etwas Besonderes ist es natürlich schon: von der Dachterrasse sieht man den Fußballstars beim Training zu und auf dem Gang wird man von Uli Hoeneß gegrüßt. Servus! 
 
„Wir werten in unserer Abteilung Spieldaten der Mannschaften aus – von den Profis bis zur U17. Unsere Hauptaufgabe ist es, den Spielern eine Datennote zu geben, also eine objektive Qualitätskennzahl für die Spielerleistung.“ Mittlerweile gibt es außerdem eine futuristische Turnhalle, in der allerlei Dinge gemessen werden, die später ausgewertet werden können.

Quelle: privat

Heimatliche Verbundenheit 
 
Auch wenn Michael Senske nun für den FC Bayern arbeitet, das Sauerland und seinen heimischen Fußballverein hat er nicht vergessen. „Mein Vater sagt mir oft Bescheid, wenn der SC Neheim spielt, dann gucke ich mir das immer an, wenn es zeitlich passt.“ Vor allem kommt er aber auch immer wieder gerne ins Sauerland. „Die heimatliche Verbundenheit ist einfach immer noch da, nicht nur wegen meinen Eltern. Ich bin einfach gerne dort, unternehme Wanderungen und genieße die schöne Landschaft.“