Wildkräuter und Heilpfl anzen werden immer beliebter
Kräuter haben in der Geschichte der Heilmittel schon immer eine bedeutende Rolle eingenommen. Früher waren es Mönche und Nonnen, die in ihren Klöstern Pflanzgärten anlegten, um mit den darin angebauten oder gezüchteten Pflanzen zu experimentieren oder aus der Überlieferung bekannte heilsame Wirkungen in Anspruch zu nehmen.
Diese frühe Form der Medikamentenherstellung ist von den Mönchen schriftlich für die Nachwelt festgehalten worden. Damit schufen sie so manche Grundlage für heute als modern geltende Medikamente. Medizin und Pharmazie greifen gern auf diese Naturmittel zurück, um Heilmittel frei von Chemie herzustellen. Die Überzeugung von der Wirksamkeit von Pflanzen für Gesundheit und Wohlergehen ist nach wie vor groß. Viele Konsumenten bevorzugen Naturheilverfahren, die ihren Ursprung im Mittelalter und früher haben.
Das Wissen um den Erhalt seltener Kräuter, die häufig heilende Wirkung besitzen, wird heute unter anderem vom Verein „Kräuterpädagogik in Westfalen“ gepflegt. Eine der Vertreterinnen des Vereins ist Jutta Berkenkopf aus Hesborn. Sie ist Wildkräuter- und Heilpflanzenpädagogin und gehört dem Vereinsvorstand als stellvertretende Vorsitzende an. Begeistert und von Wirkungsweisen vieler Kräuter überzeugt erzählt sie, dass schon ihre Mutter unter anderem mit Brennnesseln gekocht habe. Das habe ihr Interesse geweckt und den Grund geliefert, mit einer ehemaligen Kollegin eine Prüfung abzulegen und als Wildkräuter- und Heilpflanzenpädagogin vielen Geheimnissen auf die Spur zu kommen, die die Vielfalt der Pflanzen den Menschen anbietet.
Besonders angetan ist Jutta Berkenkopf von der Brennnessel: „Sie ist die Heilpflanze des Jahres 2009. Sie kann positiv wirken und bei Speisen, Getränken sowie Salben für Schönheit und Gesundheit eingesetzt werden“, sagt die Hesbornerin begeistert. Die Brennnessel wachse da, wo Menschen sich angesiedelt hätten. „Sie ist ausdauernd, ergiebig und nicht einjährig“, führt sie Vorteile dieser häufig vorkommenden Pflanze auf. Eine kleine Einschränkung räumt sie allerdings ein: Die Brennnessel solle nicht zu häufig verzehrt werden, weil sie Nitrat aufnehme. „Wir haben im Sauerland aber noch eine intakte Natur, wenn man von manchen überdüngten Wiesen absieht“, bricht sie eine Lanze für die Region.
Die Brennnessel werde für den Verzehr vorbereitet wie frischer Spinat. Sie sei reich an Vitaminen und enthalte sekundäre Pflanzenstoffe wie Carotide und Flavonoide, die freie Radikale im menschlichen Körper aufhielten. Sie ist zum Beispiel gegen Rheuma und Gicht gut. Im Samen ist die gesamte Kraft der Pflanze enthalten. Dieser auf Brot zerrieben stelle eine nahrhafte Mahlzeit dar. Zudem diene die Brennnessel der Herstellung von Salben mit unterschiedlichen positiven Wirkungsweisen. Auch spiele die Pflanze bei der Herstellung von Shampoo eine bedeutende Rolle.
Kräuterpädagogische Schulungen werden zum Beispiel von der Volkshochschule angeboten. An zehn Wochenenden werden die Teilnehmer des Kursus über einen Zeitraum von eineinhalb Jahren in Themen der Botanik, der Pflanzenheilkunde und der Didaktik zu Wildkräuter- und Heilpflanzenpädagogen ausgebildet. Hier werden sie auch mit der Herstellung von Mahlzeiten, Salben und Ölen vertraut gemacht.
Jutta Berkenkopf berichtet, dass der Umgang mit Wildkräutern sich immer größerer Beliebtheit erfreut. „Wir haben einen guten Zulauf. Der Trend ist, dass es mehr wird. Besonders viele Jüngere nehmen an den Veranstaltungen teil, um sich Wissen über Kräuter anzueignen und Anwendungen vorzunehmen.“ Früher seien die Teilnehmer 50 Jahre und älter gewesen, heute kämen viele 25- bis 30-jährige Interessenten dazu.
Zu den überlieferten Verwendungsmöglichkeiten gehört auch zum Beispiel der Einsatz des fettlöslichen Beifußes als Gewürz zu Gänsebraten. Schafgarbe wirkt als Tee entzündungshemmend und krampflösend. Labkraut diente früher zur Käseherstellung, zum Beispiel beim Chester aus England. Das Lab-Ferment wirkt krampflösend und wundheilend. Spitzwegerich kann zur Herstellung von Honig verwendet werden, ist aber auch ein wirksames Hustenmittel.
Jutta Berkenkopf hält neben vielen anderen Rezepten eines für Salbe bereit, die sehr gut heilend bei Schrammen, Kratzern und Narben wirkt: 500 Gramm Melkfett und eine Handvoll Blütenblätter der Ringelblume oder Arnika erwärmen, bei Umrühren zehn Minuten köcheln lassen. Danach 24 Stunden kaltstellen, dann wieder erwärmen und durch ein Sieb geben, damit nur das Fett und Extrakt durchgesiebt werden. Die sich nun ergebende Salbe sollte im Kühlschrank aufgehoben werden.