Mein SAUERLAND-ABC: Theo Melcher

Auf dem Weg nach oben: Theo Melcher, leidenschaftlicher Wanderer und Bergsteiger, beim Aufstieg zur „Zugspitze“ durch das Höllental. Foto: privat
Foto: privat
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(giba) Neu im WOLL-Magazin ist „Mein SAUERLAND-ABC“: Den Anfang macht der neue Landrat des Kreises Olpe, Theo Melcher (60) aus Fretter. Der CDU-Kommunalpolitiker hatte bei der Landratswahl im September 2020 insgesamt 65,8 Prozent der Stimmen erzielt. „Sein“ Kreis Olpe ist mit etwa 135.000 Einwohnern der kleinste Kreis in Nordrhein-Westfalen. „Klein, aber fein“, sagt Melcher. Er studierte Rechtswissenschaften an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn und ist verheiratet mit Christina Melcher. Die beiden haben drei Kinder und ein Enkelkind. Sein Sauerland-ABC beginnt mit A-ttendorn und endet mit Z-ukunft:

A wie Attendorn. Muss man einfach lieben. Schon deshalb, weil meine Frau von dort stammt und meine Kinder dort geboren wurden. Attendorn steht beispielhaft auch für erfolgreiche, mittelständische Unternehmen im gesamten Kreis. Ohne deren Kreativität und Innovationskraft ginge es uns nicht so gut. Gut auch, dass sich gut ausgebildete und engagierte Fachkräfte mit meist eigentümergeführten Unternehmen verbunden fühlen. Ohne die gäbe es die hochwertigen Produkte nicht.

B wie Benehmen. Sollte man können. Schon deshalb, weil das Zusammenleben nur funktionieren kann, wenn man es (sich) beherrscht. Was du nicht willst, das man dir tu‘, das füge auch keinem anderen zu. Gilt im Übrigen auch für die sogenannten Sozialen Medien. Zusammenleben ist eigentlich ganz einfach.

C wie Corona. Hat unser Leben nachhaltig verändert. Es geschehen seitdem Dinge, die vorher undenkbar waren. Selbst der Unterricht in den Schulen verändert sich und auch das Arbeiten in Behörden. Digitalisierung ist das Stichwort. Dienstleistungen in digitaler Formrund um die Uhr, an 365 Tagen. Dabei darf der persönliche Ansprechpartner nicht verloren gehen. Bürgerservice geht nur so!

D wie Drolshagen. Die kleinste „Stadt“ des schönen Kreises Olpe. Hat viel zu bieten. Nicht nur landschaftlich. Ist kulturhistorisch bedeutsam. Wer weiß schon, dass die Pfarrkirche St. Clemens aus dem 11. Jahrhundert stammt und von Erzbischof Anno von Köln geweiht worden sein soll? Drolshagen steht mit seinen vielen Ortsteilen auch beispielhaft für unsere Dörfer. Davon gibt es ganz viele im Kreis.

E wie Ehrenamt. „Wer an den Dingen der Stadt keinen Anteil nimmt, ist kein stiller, sondern ein schlechter Bürger“ – so formulierte es Perikles im alten Athen vor gut 2.500 Jahren. Was damit ausgedrückt wurde, war kein hoher Anspruch – es war schlichte Selbstverständlichkeit. In den Stadtstaaten der Antike war es Sache eines jeden Bürgers, sich um die Belange des Gemeinwesens zu kümmern. Ehrensache! Unser Gemeinwesen funktioniert nur so! Ein herzliches Dankeschön allen ehrenamtlich Tätigen!

F wie Finnentrop. Eine junge Gemeinde. Gegründet 1969 im Zuge der kommunalen Neugliederung. Es gibt viel zu entdecken. Zum Beispiel das schöne Frettertal. Da wohne ich. Da sind meine Wurzeln. Früher gab es dort die Eisenbahn. Heute den Sauerland-Radring. In Fretter sollte man ruhig mal vom Drahtesel absteigen und einkehren.

G wie Glaube, Sitte, Heimat. Das ist der Leitspruch des Schützenwesens im Sauerland und darüber hinaus. Die Bruderschaften und Vereine, die Schützenfeste, sie sind Teil unserer sauerländischen Kultur. Schützenkönig war ich auch schon. In Fretter. Das war 2008/2009 und schön war es.

H wie Hohe Bracht. Wahrzeichen des Kreises Olpe, seit fast 90 Jahren. Höhen und Tiefen hat es in dieser Zeit gegeben. Auch für den Turm und das Restaurant. Nun erstrahlt die Hohe Bracht wieder in neuem Glanz. Einkehren nicht vergessen! Außenund Innenbereich haben kulinarisch einiges zu bieten.

I wie Indianer. Schon als Kind ging es zu Fuß von Fretter an der Heiligen Lucia vorbei zum Rübenkamp nach Elspe. Einfache Bänke standen dort, wie man sie von Bierzeltgarnituren kennt. Wir aus Fretter kamen von oben über die Bühne herunter. So einfach war das damals noch. Und dort erfüllte sich unsere kleine Sehnsucht. Karl May lieferte die Geschichten und auf der Bühne wurde geboten, was das kindliche Herz berührte. Die „einfachen Wilden“ und der Sieg des Guten über das Böse. Winnetou und Old Shatterhand noch heute. Ach, wie schön!

J wie Jugendheim. Das gab es in meiner Jugendzeit in Fretter direkt im Keller der Kirche. So nannten wir es. Heute ist dort die Krypta. Damals der Jugendtreff der KJG (Katholische Junge Gemeinde). An drei Tagen in der Woche gab es eher lockere Zusammenkünfte. Wenig Programm, viel Freiraum. Für Tischtennis und Gesellschaftsspiele. Ich lernte dort Doppelkopf. Noch heute ist es meine Leidenschaft.

K wie Kirchhundem. Waldreichste Kommune in Nordrhein-Westfalen. Der aktuelle Vizepräsident eines Bayerischen Fußballbundesligaclubs hat dort seinen Wohn- und Firmensitz. Schon mal im Kulturgut Schrabbenhof gewesen? Aber sicher auf dem Rhein-Weser-Turm. Dort kann man die Stufen zählen. Wer sie begeht, den bringen sie auf 700 m ü. N.N. Unten kann man einkehren. Liegt direkt am Rothaarsteig, dem ersten Premiumwanderweg unserer Wanderdestination Sauerland.

L wie Lennestadt. Einen Ortsteil mit dem Namen sucht man vergeblich. Der Stadtname ist also „künstlich“ und Ausdruck des (gelungenen) Bemühens, im Rahmen der notwendigen kommunalen Neugliederung etwas Verbindendes zu schaffen. Heute ist die Lennestadt mit Verwaltungssitz in Altenhundem die einwohnerreichste Stadt im Kreis Olpe. An einem der beiden Gymnasien in der Stadt ist mir das Abitur gelungen. Im Café Stipp nannte man mich Jahre später noch beim Namen. Sehr zum Erstaunen meiner Mutter.

Bodenständig: ThTheo Melcher als Schützenkönig von Fretter 2008/2009. An seiner Seite Ehefrau und Königin Christina. Foto: Privat
Bodenständig: ThTheo Melcher als Schützenkönig von Fretter 2008/2009. An seiner Seite Ehefrau und Königin Christina. Foto: Privat

M wie Meinungsfreiheit. Meinungen zuzulassen und zu ertragen, mit denen man definitiv nicht übereinkommen kann? Es scheint unmöglich. Wer nicht derselben Meinung ist: Shitstorm! „Mein Herr, ich teile Ihre Meinung nicht, aber ich würde mein Leben dafür einsetzen, dass Sie sie äußern dürfen.“ Voltaire wird diese politische Haltung zugesprochen. Sie fand letztlich Ausdruck in Artikel 5 unseres Grundgesetzes. Wir haben zuvor bittere Erfahrungen machen müssen. Nie wieder, bitte!

N wie Natur und Landschaft. Darin bin ich großgeworden. Es gab damals noch keine Playstation oder Gameboys. Das Fernsehen kam auch erst später. Hatte dann drei Programme. Und man musste schon fragen, ob man es denn überhaupt einschalten durfte. Hütten bauen im Wald, Cowboy und Indianer spielen. Der „Flitzebogen“ wurde selbst gemacht, die Pfeile auch. Und Cowboy war man tatsächlich. Der Kuhschiss lag noch (fast) auf jeder Straße, nachdem man die Kühe von der Weide geholt hatte. N wie Nostalgie halt.

O wie Olpe. Die Kreisstadt. Seit 1819 Sitz der Kreisverwaltung. Stadt mit Autobahnanschluss. Nicht zuletzt dadurch konnte eine dynamische Entwicklung sichergestellt werden. Gefeiert wird dort gern. Insbesondere „Auf dem Ümmerich“. Mit Olper Beff. Das Schützenfest gehört mit zu den größten im gesamten Sauerland. Ein MUSS. Da gibt es den aus Olpe stammenden Geschäftsführer eines Verbandes in Brandenburg, der hat es sogar in seinem Anstellungsvertrag stehen: Urlaub, garantiert zu den Olper Schützenfesttagen. Mehr Lokalpatriotismus geht nicht.

P wie Politik. Wird viel drüber geschimpft. Darf man in Deutschland. Seit wir eine Demokratie haben. Vorher war es anders. Wird leider leicht vergessen. Demokratie lebt vom Mitmachen. Rummeckern ist dafür kein wirklicher Ersatz. Wie sagte schon Platon: „Diejenigen, die zu klug sind, um sich in der Politik zu engagieren, werden dadurch bestraft, dass sie von Leuten regiert werden, die dümmer sind als sie.“

Q wie Quengeln. Gehört nicht zu den Grundtugenden des gemeinen Sauerländers. Im Gegenteil. Anpacken und machen. So nehme ich ihn wahr. Auf der Arbeit, im Dorf, im Verein: Wenn es etwas zu tun gibt, wird es gemacht. Basta! Quengeln können die anderen. Hilft ja auch nicht.

R wie Rothaarsteig. Modern und inspirierend kommt das „neue Wandern“ im Sauerland daher. Den Anfang machte der Rothaarsteig. Mit der Waldroute und dem Sauerland- Höhenflug als weitere Weitwanderwege der Premiumklasse wurde das Netz komplettiert. Die Beschilderung macht die Wege „unverlaufbar“ und für eine zünftige Brotzeit ist überall gesorgt.  

S wie Sauerland und Südwestfalen. Muss ich hier einfach erwähnen. Beide Erfolgsgeschichten, jede auf ihre Art. Sauerland steht für einen attraktiven Lebensraum, mit Natur und Landschaft, mit Erleben und Erholen. Sauerland das ist bekannt. Südwestfalen vielleicht eher weniger. Doch steht dies für einen größeren Raum. Da sind Weltmarktführer zuhause. Dort engagieren sich viele hundert Unternehmen im Regionalmarketing. Fachkräftegewinnung steht im Vordergrund. Und in Düsseldorf ist man aufmerksam geworden. Zweimal eine REGIONALE in die Region zu holen, spricht für sich. Alles echt. WOLL!

T wie Toleranz. Wird oft verwechselt. Mit der Ignoranz. Tolerant ist, wer einen eigenen Standpunkt hat. Mit einem eigenen Wertegerüst baut man Brücken der Toleranz. Zu anderen Kulturen, Ansichten, Weltanschauungen. Wem alles egal ist, wer keine Werte hat, keinen Standpunkt, der ist ignorant. Toleranz haben wir immer wieder bewiesen in unserer Geschichte. Zuletzt bei der Aufnahme vieler Menschen aus fremden Kulturen. Toleranz hat jedoch eine klare Grenze. Sie wird zum Verbrechen, wenn sie dem Bösen gilt, hat Thomas Mann gesagt.

U wie usselig. Usseliges Wetter hat unserer Natur und Landschaft immer gut getan. „Es ist schön hier, wenn ihr nur nicht so viel Regen hättet“, hörte ich früher des Öfteren von Bekannten aus weniger regenreichen Regionen sagen. Zumeist antwortete ich dann: „Es ist hier so schön, weil es so viel Regen gibt.“ Doch ehrlich gesagt, vermisst haben wir die Sonne schon den einen oder anderen Sommer. Und jetzt? Die Zeiten usseligen Wetters scheinen vorbei. Das dritte Dürrejahr in Folge hat verheerende Folgen! Unsere Wälder sind dem Borkenkäfer schutzlos ausgeliefert. Ach, hätten wir doch wieder usseliges Wetter.

V wie Vertellekes. Sie kennen und dann auch noch Platt kuiern. Herrlich! Jupp Schöttler hat „Vertellekes iut’m Siuerland“ gesammelt und ein Büchlein herausgebracht, mit Zeichnungen von Anneliese Schmidt- Schöttler. Eine der Geschichten will ich zum Besten geben. Sie handelt von einem Hännes aus Bamenohl und lautet so: As hai besuapen no Hiuse kam, un de Hahne harre alt krägget, saggte de Frugge: „Söss dik wat schiämen, ik hewwe de ganze Nacht nit slopen.“ Do saggte hai: „Mainste denn iek?“

W wie Wenden. Die prosperierende Gemeinde an der A45/A4 ist nicht zuletzt wegen der Kärmetze bekannt. Das größte Volksfest in Südwestfalen. Höhepunkt ist die Tierschau mit Prämierung der Tiere. Jung und Alt führt sie am Dienstag auf die Festwiese. Apropos Autobahn! Kurz nach Eröffnung derselben soll ein Fahrzeugführer sein großes Gefährt beim Anblick der Hinweistafel „Wenden“ doch tatsächlich auf der Stelle gewendet haben und so als Geisterfahrer in die Geschichte eingegangen sein. Vermutlich ein Vertelleken …

X wie Xenophobie. Schwieriges Wort. Noch schwieriger ist der Umgang mit Menschen, die daran leiden. Gott sei Dank ließen sich die ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer 2015 nicht abschrecken. Bis heute gibt es sie, die, die sich um Menschen kümmern. Um solche, die zu uns gekommen sind, die hier sind, gleichwelcher Herkunft und Religion. „Ich bin ein Fremder gewesen und ihr habt mich aufgenommen.“ (Mt, Kap. 25, Vers. 35 ff.)

Y wie Yin und Yang. Stammt aus der chinesischen Philosophie. Man kennt sie als Symbol. Manche tragen sie als Tattoo. Alles hat ein Gegenteil. Und nur durch die Gegensätze bilden sie ein Ganzes, eine Einheit. Das Andere gehört also dazu. Nur dadurch gibt es einen Sinn. Nachdenkenswert! Im Politischen wie im Alltäglichen.

Z wie Zukunft. Wir schauen nach vorn. Zentrale Anliegen in Gesundheitsversorgung und Bürgerservice, in Klimaschutz und Mobilität gilt es auf die Anforderungen der Gegenwart und Zukunft auszurichten. Digital, nachhaltig und authentisch! Nicht nur Schlagworte. Die Transformation ins digitale Zeitalter läuft schon. Und passen muss es, ökologisch, ökonomisch und sozial. Stabile Gesellschaft geht nur so!