Medikamentenmangel im Sauerland: Woran liegt es?

Quelle: pexels

In Deutschland herrscht Medikamentenmangel. Seit dem Frühjahr 2023 ging die Verfügbarkeit wichtiger Medikamente rapide zurück, was derzeit zu erheblichen Engpässen in bestimmten Bereichen der Medizin führt. Preispolitik und Produktionsschwierigkeiten führen zu einer ungewöhnlichen Situation in Apotheken, die derzeit keine zeitnahe Verbesserung sehen.

Die komplexe Herstellung von Medikamenten benötigt Raum für Forschung, Zeit für Zulassungsverfahren und viel Geld. Eine Kombination, die aktuell zu einer inakzeptablen Situation in Arztpraxen und Apotheken führt. Grund für die Unterversorgung ist die Tatsache, dass zahlreiche Medikamente in einer Zusammenarbeit verschiedener Pharmaunternehmen produziert werden, die sich global verteilen. Einzelne Wirkstoffe oder benötigte Mittel werden somit zwischen Ländern verschifft, um eine kostengünstige Herstellung zu garantieren. Doch die internationale Zusammenarbeit hat Folgen!

Allerdings sind gestiegene Transportkosten nur ein Teil der derzeitigen Situation. Auch die Handhabung von Generika trägt ihren Teil dazu bei. Hiermit werden Medikamente bezeichnet, deren Patentschutz ausgelaufen ist und für andere Unternehmen zur Verfügung stehen. Die Möglichkeit, bestehende Zusammensetzungen zu nutzen und günstigere Nachahmerprodukte zu verkaufen, nimmt überhand. Ibuprofen oder Morphin gehören zu den bekanntesten Generika, die in verschiedenen Variationen von diversen Marken produziert und deutlich günstiger als das Original angeboten werden. Bestehende Verträge und Rabatte, die zwischen Unternehmen und Apotheken geschlossen werden, befeuern den Verkauf einzelner Produkte zusätzlich und sorgen für eine Schieflage im Markt.

Quelle: pexels

Psychiatrien im Sauerland betroffen

Zwar ist die schwierige Medikamentenlage im gesamten Land zu spüren, doch hinterlassen die Auswirkungen auf bestimmte Bereiche auch im Sauerland akute Lücken. So fehlen in den regionalen Psychiatrien überwiegend Mittel gegen Depressionen und Angststörungen. Die Unterversorgung ist umso heikler, da die beiden Krankheitsbilder eine stetig wachsende Anzahl an Patienten verzeichnet. Was vor wenigen Jahren noch als Modekrankheit abgewiesen wurde, hat sich in der Generation Z zu einer weitverbreiteten Erscheinung entwickelt.

Weiterhin ist der fehlende Mangel an Ärzten ein zusätzlicher Faktor, der die Branche aus der Balance bringt. Weniger Ärzte rücken nach, die praktizierenden Mediziner gehen in Rente. Was bleibt, ist eine personelle Lücke, deren Wirkung schon jetzt zu Problemen führt. Weniger Ärzte bedeutet zudem, weniger Verschreibungen von Medikamenten. Dies wiederum führt zu den geringeren Produktionen und Abnahmen bei Pharmaunternehmen. Ein Teufelskreis, aus dem es derzeit kein Entkommen gibt.

Warnung verpufft

Die verschärfte Lage zeichnete sich bereits zu Beginn des vergangenen Jahres ab. Während in Online-Apotheken Viagra 100 mg kaufen kein Problem darstellt oder der Versand von Aspirin innerhalb weniger Tage erfolgt, sind stationäre Apotheken an deutlich engere Lieferzeiträume ihrer Lieferanten gebunden. Entgegen der frühen Warnung, die Verbände und Experten aussprachen, wurde die Lage seitens der Regierung falsch eingeschätzt und lediglich zur Kenntnis genommen. Die notwendige Arbeit, um das Versäumnis nun schnellstmöglich aus dem Weg zu räumen, ist nun deutlich risikoreicher.

Ein Ende des Medikamentenmangels ist jedoch derzeit nicht in Sicht. Ärzte und Experten schätzen viel mehr, dass es zu einer Verschärfung der Lage kommen wird. Die Wintersaison ist im vollen Gange und die Grippewelle hat ihren Höhepunkt noch lang nicht erreicht. Der Zugriff auf Antibiotika ist jetzt schon begrenzt und muss im Zweifel mit Ersatzmedikamenten aufgefangen werden. Zweifellos müssen daher Änderungen in der Preispolitik und Subvention von Pharmaunternehmen erfolgen, um Medikamente auf hoher Qualität kostengünstiger im Inland zu produzieren. Bleibt diese Wandlung aus, ist das Ausmaß bei unerwarteten Entwicklungen, wie sie im Jahr 2020 stattfanden, kaum auszumalen.