„Manchmal sprudelt es nur so aus meinen Händen.“

Foto: S. Droste

Elisabeth Rose aus Freienohl-Brumlingsen war jahrzehntelang Produktdesignerin im Familienunternehmen. Neben der Leitung des Unternehmens blieb nicht viel Zeit für das, was die gebürtige Oeventroperin wirklich ausfüllt: die Malerei. Erst seit 2012 gab sie ihrer Leidenschaft Platz und Raum.  

Eyecatcher, wohin man blickt: In ihrem Atelier und in den Ausstellungsräumen von Elisabeth Rose gibt es unglaublich viel zu sehen. Keine Wand mit Leerflächen. Nichts für Minimalisten. Aber ein Hochgenuss für jeden, der sich gern mit schönen Dingen umgibt. 

Foto: S. Droste
Foto: S. Droste

Hier – inmitten von Einrichtungsgegenständen, Accessoires und natürlich ihren rund 80 Gemälden – erzählt sie aus ihrem Leben. „Alle meine Geschwister sind künstlerisch veranlagt. Schon als Kind habe ich gerne Gesichter gemalt. Diese Zeichnungen sind dann in der ganzen Klasse rumgereicht worden.“ Ihre künstlerisch-kreative Seite konnte sie später im Familienunternehmen Rose-Handwerk ausleben, als Produktdesignerin. Besonders mit ihrem Bruder, Friedel Pietz, einem Bildhauer, arbeitete sie lange Zeit als erfolgreiches Team zusammen. „Ich hatte die Ideen, die Eingebungen. Er hat sie umgesetzt“, fasst sie diese Zeit zusammen. Und das ist auch schon das Stichwort: Ideen. Es scheint, als habe die gelernte Industriekauffrau ein schier unerschöpfliches Reservoir an Ideen. „Ich sehe ein Bild in Gedanken schon vor mir. Weiß, wie es fertig aussehen soll“, erzählt sie uns. 

Über viele Jahre hindurch hatte sie nicht die notwenige Zeit und Muße für die Malerei. 1991, nach dem Tod ihres Ehemannes „musste der Betrieb am Laufen gehalten werden“. Zusätzlich nahmen Messen und Ausstellungen – auch in Ländern wie Russland und Indien – viel Zeit und Energie in Anspruch, sodass die Malerei für lange Zeit zurückgestellt werden musste. Von 2011 bis 2012 besuchte sie beim Arnsberger Kunstsommer mehrere Malkurse. 

Foto: S. Droste
Foto: S. Droste

Initialzündung beim Arnsberger Kunstsommer 

Im kleinen Ausstellungsraum des Rose-Handwerks zeigt Elisabeth Rose ein Bild, das sie während eines Kurses beim Arnsberger Kunstsommer gemalt hat. Die gestellte Aufgabe war: Malt einen Picasso. In den Farben schwarz-weiß-rot. Die Aufgabe hat sie gut umgesetzt, aber gleichzeitig auch erkannt: „Das bin ich nicht.“ Sie erinnert sich noch genau, wie sie einen Künstlerkatalog zur Hand nahm und daraus das Material bestellte, das sie für ihr Hobby brauchte: Leinwände, Pinsel, Farben … allein diese Vorfreude … Elisabeth Rose hat ihren Stil entdeckt. Allerdings ohne starre Wiederholungen eines (wenn auch erfolgreichen) Musters. Nein, ihre Werke sind lebendig, immer in der Entwicklung. So wie die Künstlerin auch. Elisabeth Rose ist mit einer unglaublichen Schaffenskraft ausgerüstet und strahlt dabei eine ansteckende Freude aus.  

Bilder mit Geschichte 

Diese Freude kommt besonders dann rüber, wenn sie von ihren Bilder erzählt. Da gibt es ein Gemälde, in das als Besonderheit ein Stück namibisches Rinderfell (mit Brandmal) integriert ist. Ich werfe einen zweiten Blick auf das Bild. Und tatsächlich. Die schwarz, grau, silbernen Wellen werden lebendig. Deutlich sehe ich jetzt, dass hier eine Herde afrikanischer Rinder durch das Bild gejagt ist. Der Schwung ist noch ganz klar zu erkennen … 

Nebenan ein Bild, auf das ich zunächst einen Blick geworfen – und nichts außer Farben und Wellen erkannt habe. Ein zweiter Blick lässt mich einen Sonnenuntergang auf dem Meer erkennen. Ich drehe mich kurz weg, lausche Elisabeths Rose Erklärungen, drehe mich wieder zum Bild und sehe jetzt eine Berglandschaft im Abendlicht. Die Künstlerin sieht auch ein Auge in dem Gemälde, überlegt, ob sie es zusätzlich betonen soll … überlässt dieses „Erkennen“ aber der Sicht des Betrachters.  

Foto: S. Droste
Foto: S. Droste

Das, was diese Bilder ausmacht, sind die wenigen erklärenden Sätze der Künstlerin. Diese Sätze bleiben hängen und werden immer lebendiger… 

Und immer wieder Sand …. 

Die Künstlerin verwendet Acryl-Farben für ihre Bilder, die sie in Spachteltechnik verarbeitet. Zum Schluss wirft oder pustet sie Sand über die noch nassen Farben. Sand – ein wichtiger Bestandteil ihrer Bilder. Allerdings kein Sand aus dem Baumarkt. Ihr Sand, den sie von Urlaubsreisen mitbringt, trägt ebenfalls eine Geschichte. In Gläsern aufbewahrt, gibt es da schwarzen Sand von Kos, die rote Erde von Madeira, Sand aus der ältesten Stierarena Spaniens in Ronda. Und Sand aus Guernsey, der sie an die Gemälde Renoirs erinnert, die er 1883 auf der Kanalinsel gemalt hat. Den kräftig-roten Sand vom Ayers Rock lässt sie sich von Australien-Reisenden mitbringen. 

„Der Schatz im Silbersee“ 

Es sind auch andere Materialien, die sie zufällig entdeckt hat und die sie dann in ihre Gemälde einarbeitet: Metall, Holzstücke, Späne, Treibholz, Lavasteine. Einmal ein Stück Blech: „Ich habe nur das Blech gesehen und wusste, das ist der ‘Schatz im Silbersee’.“ Und so heißt dann eben auch der Titel des Bildes. Um das kleine Stück Blech, den „Schatz“, herum, entstand das Gemälde. Manchmal ist es aber auch anders herum. Dann wird ein Fund in das Bild integriert.  

Oft berücksichtigt Elisabeth Rose auch praktische Aspekte. Manchmal soll ein Gemälde an einer Dachschrägen hängen können – dazu benutzt sie sehr leichte Keilrahmen und Leinwände. Es gibt auch Doppelbilder, Bilder, die von zwei Seiten bemalt sind, also frei im Raum schweben können oder sich auch gut im Fenster machen. Ebenso „Lautsprecherbilder“, die große Boxen ersetzen, und Regalbilder. 

Die 69-jährige Künstlerin ist noch immer jeden Tag im Einsatz. Sie besitzt einen schier nie versiegender Ideen-Reichtum und eine große Leidenschaft für die Malerei. Auch wenn sie äußerlich ruhig und ausgeglichen wirkt, treibt sie doch eine Unruhe an, die sie auch mal nachts aus dem Bett holt: „Wenn ich ein Bild angefangen habe, sehe ich es mir nachts noch mal, verbessere, ändere Farben …“. Ohnehin kann sie nachts am besten arbeiten. Dann entstehen ihre dreidimensionalen Werke, die man nicht kopieren kann.  

Beim Verabschieden entdeckt Elisabeth Rose einen Nagel in der Wand, auf einer leeren Fläche. Ihre Aufmerksamkeit gehört uns noch immer voll und ganz, aber wie Frauen eben sind, sie können zweigleisig denken. Ihr Hinweis und ein Blick in ihr Gesicht verrät, dass diese Fläche im Ausstellungsraum nicht lange eine leere Stelle bleibt …