Lungenheilkunde am Fachkrankenhaus Grafschaft

Kombination aus hochprofessioneller Medizin und familiärem Umfeld

In der Sommerausgabe des WOLL-Magazins haben wir im Interview mit dem leitenden Chefarzt und ärztlichen Direktor des Fachkrankenhauses Grafschaft, Dr. Peter Haidl, und dem Geschäftsführer Stefan Schumann das Fachkrankenhaus selbst und die dort gelebte Philosophie näher vorgestellt. In weiteren Beiträgen wollen wir unseren Lesern die einzelnen Fachabteilungen und die verantwortlichen Menschen dahinter etwas näherbringen. Wir beginnen mit dem Schwerpunktbereich „Lungen- und Bronchialheilkunde (Pneumologie)“. Der Chefarzt, Privat-Dozent Dr. Dominic Dellweg, stand WOLL Rede und Antwort.
WOLL: Herr Doktor Dellweg, Sie sind in Gummersbach, im Oberbergischen Land geboren, haben in Köln und den USA studiert. Was hat Sie vor 16 Jahren bewogen, hier nach Grafschaft ins Sauerland zu kommen?
Dominic Dellweg: Ich habe in den USA eine dreijährige Ausbildung zum Facharzt für Innere Medizin gemacht und dort den Entschluss gefasst, Lungenfacharzt zu werden. Dann habe ich mir 2002 während eines Urlaubes in Deutschland verschiedene Krankenhäuser und Unikliniken angeschaut. Grafschaft, damals unter Herrn Prof. Köhler, hat mir dabei am meisten zugesagt. Die Kombination aus hochprofessioneller Medizin und familiärem Umfeld war so nirgendwo anders zu finden. Hier konnte ich mich außerdem medizinisch weiterbilden und gleichzeitig forschen.
WOLL: Sie sind als Chefarzt für den Fachbereich Pneumologie und Intensivmedizin am Fachkrankenhaus Grafschaft verantwortlich. Was muss ich mir unter Pneumolgie vorstellen?
Dominic Dellweg: Pneumologie beziehungsweise Lungenheilkunde befasst sich mit allen Erkrankungen der Lunge, der Atemmuskulatur und der Blutgefäße der Lunge. Hierzu gehören beispielsweise Erkrankungen wie Asthma, COPD (chronisch obstruktive Lungenerkrankung, auch „Raucherlunge“ genannt), Lungenfibrose (Veränderung der Lunge durch eingeatmete Gase, Dämpfe und winzige in der Luft verteilte Tröpfchen) und pulmonale Hypertonie (Lungenhochdruck). Hinzu kommen Störungen in der Atemregulation sowie Aussetzer der Atmung durch nächtliches Schnarchen. Hierfür betreiben wie eines der größten Schlaflabore in Deutschland. Auf der Intensivstation behandeln wir des weiteren alle akuten internistischen Notfälle, die aus der Region zu uns gebracht werden,
mit Erkrankungen wie zum Beispiel Herzinfarkten oder Schlaganfällen. Spezialisiert ist unsere Intensivstation auf Patienten, die eine Beatmung benötigen oder von einer Beatmung entwöhnt werden sollen. Dazu werden überregional jährlich fast 200 Patienten zu uns verlegt. Diese Patienten sind häufig über Wochen und Monate, meist über einen Luftröhrenschnitt beatmet worden. Wir schaffen es, diese Patienten in durchschnittlich zehn Tagen von der künstlichen Beatmung loszubekommen. Mit unserer Abteilung für Frührehabilitation gelingt es uns dann, diese Patienten soweit zu rehabilitieren, dass die meisten wieder in ihre häusliche Umgebung zurückkehren können.
WOLL: Was unterscheidet Grafschaft von anderen Krankenhäusern mit dem Fachbereich Pneumologie?
Dominic Dellweg: Der wirklich wichtige Unterschied ist, dass wir als Fachkrankenhaus Medizin auf einem sehr hohen Niveau anbieten können, das Krankenhaus als ganzes aber noch klein genug ist, um seinen persönlichen, verbindlichen Charakter zu behalten. Zwei Mitarbeiter, die sich auf dem Flur begegnen und sich nicht grüßen, werden Sie bei uns nicht finden. Das habe ich in anderen Betrieben anders erlebt. Die ruhige und verbindliche Atmosphäre wird natürlich auch von den Patienten sehr gerne angenommen.
WOLL: Ihre Fachabteilung betreut im Jahr weit über 4.000 Patienten. Kommen sie alle nach Grafschaft ins Krankenhaus und bleiben hier eine gewisse Zeit oder sind darunter viele ambulante Behandlungen?
Dominic Dellweg: Pneumologisch kommen hier nach Grafschaft etwa 4.500 stationäre Fälle pro Jahr, dazu weitere Patienten in den Abteilungen Kardiologie, Geriatrie und Allergologie. Für ambulante Behandlungen haben wir ein eigenes medizinisches Versorgungszentrum auf dem Gelände. Die beiden dort arbeitenden Pneumologen behandeln jährlich mehr als 12.000 Patienten ambulant. Ergänzt wird das ambulante Angebot durch unser MVZ (Medizinisches Versorgungs-Zentrum) für Kardiologie und Gastroenterologie.
WOLL: Das Fachkrankenhaus Grafschaft präsentiert sich unter anderem auch als Lehrkrankenhaus der Philipps-Universität Marburg. Wie geht das konkret? Was bedeutet das für den einzelnen Patienten?
Dominic Dellweg: Lehrkrankenhaus bedeutet, dass wir an eine Universität angeschlossen sind, uns an der Lehre beteiligen sowie eigenständige Forschung durchführen. Über meinen Lehrauftrag an der Philipps-Universität Marburg bin ich verpflichtet, mich um die Ausbildung von Studenten auf dem Campus in Marburg, aber auch hier in unserer Klinik zu kümmern. In Marburg bewerkstellige ich dies durch Vorlesungen und Kurse. Hier in Grafschaft bieten wir Blockpraktika an, in denen eine Gruppe von Studenten intensiv im Bereich Lungenheilkunde ausgebildet wird. Darüber hinaus betreuen wir Studenten im sogenannten „praktischen Jahr“, dem letzten Jahr der Ausbildung vor dem Staatsexamen. Diese Studenten kommen für einen Zeitraum von vier Monaten, um die Innere Medizin, vor allem aber den Umgang mit Patienten zu trainieren. Hierbei sind der Wunsch des Studenten oder der Studentin nach einer guten Ausbildung und der Wunsch der Patienten nach einem menschlichen und freundlichen Umgang und einer guten Behandlung unter einen Hut zu bringen. Dabei nehmen wir uns mit allen Ärzten sehr viel Zeit, diesen Vorgang zu moderieren und zu begleiten. Die Patienten müssen natürlich einverstanden sein, genießen es aber in der Regel, einen zusätzlichen jungen, engagierten Ansprechpartner in Form eines Studenten zu haben. Im Bereich Forschung unterstützt mich die Geschäftsführung dankenswerterweise durch die Finanzierung eines wissenschaftlilogochen Mitarbeiters (Dr. rer. nat. Jens Kerl). Zusammen betreuen wir viele Forschungsprojekte, die wir selber initiiert haben und an unserer Klinik durchführen. An unserer Klinik kann man auch promovieren, aktuell betreuen wir acht Promotionsarbeiten. Darüber hinaus nehmen wir an nationalen und internationalen Studien teil, die an mehreren Standorten durchgeführt werden.
WOLL: Als Akutkrankenhaus betreut das Fachkrankenhaus Kloster Grafschaft auch internistische Erkrankungen von Patienten hier im regionalen Umfeld. Wie viele der Patienten sind darunter, die Ihren Fachbereich betreffen?
Dominic Dellweg: Von der Historie her gesehen waren wir primär ein Fachkrankenhaus für Lungenheilkunde. Nach der Schließung des Fredeburger Krankenhauses gab es jedoch eine Versorgungslücke für Patienten mit internistischen Erkrankungen. Aus diesem Grund haben wir 2013 eine Abteilung für Innere Medizin/Kardiologie mit einem eigenen Chefarzt (Dr. Christian Berndt) eröffnet. Hier haben wir im letzten Jahr über 1.600 Patienten behandelt. Dabei steht nicht im Vordergrund, in welchen Fachbereich der Patient gehört, sondern, welches Problem der Patient hat. Luftnot zum Beispiel kann vom kranken Herzen, von der kranken Lunge oder beidem kommen. Da ist es nicht selten, dass der Kardiologe und der Pneumologe zusammen am Krankenbett stehen und den Patienten beraten. Glücklicherweise sind bei uns die Wege kurz und die Zusammenarbeit macht nicht nur Freude, sondern man kann dabei auch ständig dazulernen.
WOLL: Sie leben nun seit 16 Jahren in Schmallenberg. Ist das Schmallenberger Sauerland zu Ihrer neuen Heimat geworden oder trauern Sie doch dem Ihrer Heimat nach?
Dominic Dellweg: Ich habe 21 Jahre im Oberbergischen, zehn Jahre in Köln, drei Jahre in den USA, in Philadelphia und nun 16 Jahre im Sauerland gewohnt und habe mich überall zu Hause gefühlt. Das Sauerland und die Sauerländer machen es einem leicht!
WOLL: Was beeindruckt Sie besonders an unserer Region und was ärgert Sie vielleicht auch ein wenig?
Dominic Dellweg: Die Region ist schön und landschaftlich sehr reizvoll. Mein Sauerland ist jedoch geprägt durch die Menschen, die hier leben. Die heimatliche Verbundenheit, die Freundlichkeit, Fleiß und Hilfsbereitschaft machen die Leute liebenswert und das Leben hier lebenswert. Nicht vergessen darf man auch die wirtschaftliche Leistung der Region. Natürlich wünsche ich mir manchmal, wenn ich zu Kongressen oder Vorträgen fahre, dass der nächste Bahnhof oder die nächste Autobahn etwas näher wären. Das würde aber auf der anderen Seite die Ruhe und den Charakter der Region wahrscheinlich nachhaltig ändern. Das sollte man sich gut überlegen. Wenn ich außerhalb der Region gefragt werde, wo ich wohne, und dann sage, dass ich aus dem Sauerland komme, fällt mir immer wieder auf, dass mich viele Gesprächspartner etwas mitleidvoll anblicken. Ich denke, das Sauerland könnte noch etwas mehr für sein Image tun. Das würde gewiss auch bei der Anwerbung von gut ausgebildeten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern helfen. Den Menschen, die hier Urlaub machen, sollten wir sagen, dass das Schmallenberger Sauerland auch qualifizierte und sehr interessante Arbeitsplätze zu bieten hat. Hier im Fachkrankenhaus Grafschaft und bei vielen Firmen und Organisationen.
WOLL: Vielen Dank, Herr Dr. Dellweg, für das interessante Gespräch. Wir wünschen Ihnen weiterhin viel Erfolg bei Ihren Forschungen und bei Ihrer Arbeit im Fachkrankenhaus Grafschaft. (hh)