Quelle: Michael Meckel
Ralf Rademacher aus Kirchhundem-Benolpe wollte ursprünglich nur sein Hobby Dartspielen mit dem Verkauf von passendem Zubehör finanzieren. Mittlerweile ist er mit seiner Firma Marktführer auf dem Gebiet des Dartsports.
Exakt 1,73 Meter hoch hängt das Ziel an der Wand – eine Scheibe mit 45 Zentimeter Durchmesser, bestehend aus 64 Feldern. Der 21-jährige Ralf steht 2,37 Meter entfernt, wiegt die etwa 17 Gramm leichten Pfeile in der Hand, bevor er auf die Dartscheibe zielt und wirft. Hoffentlich trifft einer der Darts ins Schwarze – bei dieser Sportart ist „das Schwarze“ die dreifache 20, das Feld mit der höchsten Punktzahl. Sie befindet sich im oberen Drittel der Scheibe und nicht im Zentrum, das ist das sogenannte Bulls Eye. Welche Felder er damals bei seinem ersten Dartspiel getroffen hat, daran kann sich der heute 54-Jährige nicht erinnern. Aber daran, dass ihn diese damals noch eher unbekannte Sportart seit seinem ersten Kontakt 1989 in einem Musikcafé in Burbach faszinierte.
Als passionierter Spieler auf Deutschlandreise
„Ich war damals als Wehrdienstleistender in der Siegerlandkaserne stationiert. In der Mittagspause besuchten meine Bundeswehrkameraden und ich häufig das Musikcafé in Burbach und spielten Dart. Das hat uns unheimlich viel Spaß gemacht. Ich wurde recht schnell besser, treffsicherer und es war fast wie eine kleine Sucht, immer weiterzuspielen. Später warf ich im Verein DC Benolpe die Pfeile, dann kamen 1 gegen 1 – Duelle hinzu. Diesen Wettkampfcharakter mochte ich sehr,“ erinnert sich der gelernte Bäcker.
Da Ralf in den 1990er Jahren etwa 30 Wochenenden auf Dartturnieren in ganz Deutschland unterwegs war, musste neben seinem Bäckergehalt noch eine weitere Einnahmequelle her, mit der er Fahrtkosten, Antrittskosten, Hotelübernachtungen, Verpflegung finanzieren konnte. „Damals mangelte es hier in der Gegend an gutem Dartszubehör. Ein Freund und ich fuhren dann nach Dortmund, besorgten dort das Material und verkauften es hier mit einem kleinen Aufschlag von 10 Pfennigen“, erzählt er schmunzelnd von seinen Anfängen. „1997 habe ich angefangen, nebenberuflich Darts zu verkaufen und meldete für 30 DM ein Gewerbe an. Die Materialbeschaffung war allerdings alles andere als leicht.“
Als „Kofferraumhändler“ auf Turnieren
Wenn wir heute etwas brauchen, bestellen wir es im Internet, in spätestens zwei Tagen ist es da. So einfach war das zu dem Zeitpunkt nicht. Onlineshops gehörten noch zur Kategorie der Zukunftsmusik. „Ich habe damals bei der IHK nach Adressen für Lieferanten gefragt, die verwiesen auf die Handelskammer London. Dort fand ich nach vielem Suchen und zahlreichen Gesprächen eine Handvoll Firmen, die mich beliefern konnten“, berichtet der passionierte Dartspieler. „Zunächst verkaufte ich auf den Turnieren aus dem Kofferraum heraus. Ein Ladenlokal hatte ich noch nicht.“
Ralfs Geschäft wuchs langsam, er fuhr von Turnier zu Turnier, verkaufte engagiert seine Waren. Im Jahr 2000 bekam sein Dartsgeschäft den Namen „McDart“. „Das war einfach eine Eingebung. Der Name sollte griffig sein und in Erinnerung bleiben“, erzählt der bodenständige Sauerländer von der Namensgebung. Dass dieser Name deutschlandweit und sogar in Europa und Neuseeland bekannt werden sollte, ahnte er damals noch nicht. Kurz danach ging der erste Onlineshop an den Start.
Fünf Jahre nach der Existenzgründung wurde seine Frau mit einem Minijob seine erste Angestellte. Der Unternehmer erzählt: „Sie hat selbst auf Turnieren gespielt und in den Pausen beim Verkauf mitgeholfen. Wir konnten von unserem Verdienst leben, aber noch nicht damit planen.“ Deshalb arbeitete Radi, wie er von seinen Freunden genannt wird, weiterhin in Teilzeit als Bäcker.
Mit Mut investieren
Im Jahr 2006 setzte er (fast) alles auf eine Karte und investierte einen fünfstelligen Betrag in Werbung beim damaligen Sportsender DSF, heute sport1. 55-mal flimmert ein McDart-Banner fünf Sekunden lang während der Darts-WM in England über den Bildschirm. Das war der Durchbruch. „Vier Tage später hatten wir unsere Investition wieder heraus und unsere Marke war in ganz Deutschland bekannt. Wir konnten uns vor Bestellungen kaum retten“, freut sich Ralf über seinen Werbecoup. Mut zahlt sich in diesem Fall doppelt und dreifach aus.
Der Benolper gab seinen sicheren Job auf und arbeitete fortan nur noch in seiner eigenen Firma. „Wir mussten in den letzten Jahren mehrmals umziehen, weil erst unser Wohnzimmer und dann auch die angemieteten Räumlichkeiten zu klein wurden. Heute sind wir sehr froh, in Rahrbach unsere eigene Halle stehen zu haben.“ Mit „wir“ meint Ralf Thorsten Streletz, ein langjähriger Mitarbeiter und seit gut drei Jahren Mitinhaber von McDart, und sein 18-köpfiges Mitarbeiterteam.
Die Elite des Dartsports in Benolpe
Neben dem Verkauf werden Dartshows ab Mitte der 2000er Jahre eine weitere Einnahmequelle. „Phil Taylor, Dartslegende und vielfacher Weltmeister, und Raymond van Barneveld, ebenfalls ein absoluter Topspieler, konnten wir im Jahr 2006 für eine Show in München gewinnen. Besonders gern erinnere ich mich auch an die Veranstaltungen in der Benolper Schützenhalle, bei der neben Taylor und van Barneveld Dartsgrößen wie Michael van Gerwen, Vincent van der Voort, Simon Whitlock oder Roland Scholten gespielt haben. Letzterer hat sogar mal in unserer Benolper Dartsmannschaft ausgeholfen. Da hat so mancher Gegner gestaunt“, lacht Ralf.
Mittlerweile ist Darts populär geworden, nicht zuletzt wegen der stimmungsvollen WM in England im Dezember und Januar. Doch nicht nur der Sport ist größer geworden – mit ihm auch McDart. Und ein Ende der Faszination um die 45 Zentimeter große Scheibe ist nicht abzusehen.
Immer mehr Menschen probieren das Dartspielen aus. Sie stehen wie Ralf vor über 30 Jahren vor dem Dartboard, wiegen ihre Pfeile in der Hand, zielen und werfen. Und bestimmt ziert ein Logo von Ralfs Firma so manchen Dart.