
Ein Interview mit Alexander Freund
Sie möchten ein Päckchen an Ihre Lieben versenden, die selbstgemachte Erdbeermarmelade und andere Leckereien an Ihre Enkel schicken, die in der Großstadt wohnen, die im Lockdown getätigten Frustkäufe zurücksenden, weil sie nicht passen, oder die Steuererklärung endlich abschicken?
Anders als andere Postfilialen
Das sind keine besonderen Ereignisse, das gehört zum Alltag. Also auf zur Post, in Bad Fredeburg gibt es einen von diesen Postshops. Aber, dass dort etwas anders ist als in gewöhnlichen Postfilialen, merkt man schon beim Eintreten; nein, eigentlich schon an den Schaufenstern, an den Bannern, die dort hängen, und an den Kunstwerken, die in der Auslage stehen. Im Shop ertönt aus einem Radio, das ebenso Kunstobjekt ist wie die anderen Ausstellungsstücke auch, gut hörbare Rockmusik. Ausgesuchter, unverpackter Bürobedarf, Bilder und Werke des Künstlers Alex füllen die Regale. Sogar Zimmerpflanzen in Gläsern gibt es zu bestaunen.
Die perfekte Mischung
Es ist eine Mischung aus Galerie, Studentencafé, Treffpunkt mit Kultpotential und eben Postgeschäftsstelle. Alexander Freund ist Ende vierzig, ein waschechter Fredeburger „Junge“, detailverliebt, hat studiert, ist weit gereist und gleichermaßen weltoffen wie heimattreu. Sympathisch introvertiert, freundlich und humorvoll, geerdet und sehr geschäftstüchtig. Kurz: Eine Sauerländer Persönlichkeit, der man stundenlang zuhören könnte. Da werden schon mal die Päckchen zur Nebensache, wenn man den Laden betritt und eine sehr interessante Unterhaltung ihren Lauf nimmt. Erst, wenn sich die Warteschlange nach draußen verlängert, fällt einem wieder ein, was man eigentlich hier wollte.
Interessante Lebensgeschichte
Alexander Freund hat autonome Bildhauerei in Maastricht studiert, dann in Aachen gewohnt, ist der Liebe wegen nach Bremen gezogen, hat als Erzieher in der Gruppenbetreuung gearbeitet, eine Lehre zum Kunstschmied in der Abtei Meschede absolviert und zuletzt als Schlosser in der Metallschmiede Linn gearbeitet. Der Mitgestalter der Fredeburger Kunstköpfe ist Familienvater und jetzt auch Betreiber einer Postfiliale.
Willensstärke, Mut und Tatendrang
Alex bietet viel Gesprächsstoff aus vielen unterschiedlichen Bereichen. Seine Eltern schauten geduldig zu, wenn ihr Sohn schon als kleiner Bub Sachen kaputtreparierte und umfunktionierte. Von dem, der in die weite Welt hinauszog, um in seine Heimat im Sauerland zurückzukehren, um sich selbst zu verwirklichen und solide seine Brötchen zu verdienen, alles machbar. Willensstärke, Mut und Tatendrang sind hier am Werk. Eine Persönlichkeit, von der wir noch einige bodenständige Geschichten erleben und hören werden.
„Die Postfiliale Postmodern wird gut angenommen, ob jung ob alt, hier sprechen alle dieselbe Sprache“, sagt Alex. Gerade bei den älteren Kunden nimmt er sich gerne die Zeit für ein Pläuschchen. Auf die Frage, wie alles so seinen Lauf nehmen kann, wenn man sich selbst treu bleibt und eine Arbeit ausüben kann, die man liebt, und trotzdem seinen täglichen, weniger inspirierenden Tätigkeiten nachgehen muss, und wie er das alles unter einen Hut bekommt, antwortet Alexander Freund: „Arbeit ist nichts anderes als der Kampf gegen das Chaos!“