Kreuze und Kapellen im Sauerland
Es sind die Geschichten von privatem Engagement, die sich um die Kapellen und Kreuze ranken, die diese Stein gewordenen Zeugnisse christlichen Glaubens zu etwas so typisch Sauerländischem machen. Und sie wären nicht sauerländisch, wenn sie nur Zeugnisse der Vergangenheit wären und nicht nach wie vor mit Leben gefüllt würden, wie die Kohlhagenkapelle auf dem Bergrücken zwischen Niederberndorf, Oberberndorf, Berghausen, Heiminghausen und Mailar.
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts führte sowohl von Berghausen als auch von Niederberndorf ein Kreuzweg zum Kohlhagen. Am gemeinsamen Endpunkt beider Wege stand ein schlichtes Holzkreuz mit einer Marienfigur in einem einfachen, offenen Holzkästchen. Die Figur ist eine Replik der Muttergottes aus der Wallfahrtskirche in Werl und wurde von Maria Blais aus Mailar gestiftet. Südwestlich des Kohlhagens lag in Oberberndorf „Riekes Hof“, ein ehemaliger Lehnhoff des Klosters Grafschaft, der in den dreißiger Jahren des 20. Jahrhunderts im Besitz der Familie Sasse war. Im Herbst des Jahres 1937 erfüllte Josef Sasse den Wunsch seiner Eltern und stiftete eine Kapelle für den Kohlhagen, die das Holzkreuz ersetzen und der Muttergottes ein würdigeres Zuhause geben sollte. Ausdrücklich sollte es keine Kapelle nur für Oberberndorf sein, schließlich hat das Dorf eine eigene Dorfkapelle. An den Seitenwänden der Kohlhagenkapelle sind deshalb moderne Darstellungen der vier Schutzheiligen zu sehen, denen die Kapellen in den umliegenden Dörfern geweiht sind. Am 17. Juli 1938 wurde die Kohlhagenkapelle „zu Ehren des Allerheiligsten Erlösers“ eingeweiht und die kleine Glocke in ihrem Turm „zu Ehren der Heiligen Familie“ gesegnet. 1949 kam dann noch ein dritter Kreuzweg von Mailar dazu.
Liebevoll und mit großem Engagement kümmerten sich die Menschen aus den umliegenden Dörfern um ihre Kapelle. Drei Frauen aus Niederberndorf taten sich dabei so deutlich hervor, dass Josef Sasse entschied, dass die Kapelle nach seinem Tod der Dorfgemeinschaft Niederberndorf übergeben werden sollte. Das machte sie zur Niederberndorfer Kohlhagenkapelle. Der Kreuzweg-Kapellenverein Kohlhagen e.V. führt die Tradition der Fürsorge für den Weg und sein Ziel fort. Im kleinen Verein mit gerade einmal um die 20 Mitglieder wird die reguläre Arbeit größtenteils vom dreiköpfigen Vorstand erledigt sowie einer kleinen Gruppe von Helferinnen, die sich um den Blumenschmuck und die Kerzen kümmern. „Ein paar Kerzen brennen eigentlich immer in der Kapelle“, sagt der Schriftführer des Vereins, Meinolf Lutter.
Bei einem Ereignis im Jahr packen nach wie vor fast alle Bewohner der umliegenden Dörfer mit an: wenn die Prozession zu Christi Himmelfahrt ansteht. Wie an manch anderen Orten des Sauerlandes beginnen schon Tage zuvor die Kinder mit dem Sammeln von Blüten und Fichtenspitzen, um daraus am Himmelfahrtstag vor der Kapelle einen Teppich zu legen, über den nur der Pastor mit dem Allerheiligsten schreiten darf. Der Prozessionsweg führt von der Kirche in Berghausen hinunter nach Oberberndorf und von dort steil den Berg hinauf zum Kohlhagen, bevor es über den Bergrücken zurück nach Berghausen geht.
Typisch Sauerländisch ist auch die Erinnerung der älteren Herren, denen die Kapelle am Herzen liegt: „Als Jugendliche mussten wir immer ordentlich mit anpacken, wenn die Kapelle für die Himmelfahrtsprozession hergerichtet wurde – und natürlich auch hinterher beim Aufräumen. Das macht durstig. Ein Stück oberhalb der Kapelle steht eine alte Buche, die sich in passender Höhe gabelt, sodass man ein Fässchen Bier hineinlegen kann. Das wartete nach getaner Arbeit dort immer schon auf uns.“