Klettern in Bestwig „Am Bähnchen“

Quelle: privat

Den Alltag vergessen

Denkt man ans Klettern in der Natur, kommen einem vielleicht das Frankenjura in der fränkischen Schweiz oder das Elbsandsteingebirge in der sächsischen Schweiz in den Sinn – nicht unbedingt das Sauerland. Aber tatsächlich gibt es auch bei uns direkt vor der Haustür die ein oder andere Möglichkeit, seine Kletterskills zu trainieren. 
 
„Wichtig ist vor allem eine gute Felsqualität. Im Sauerland haben wir das rheinische Schiefergebirge, das stark gefaltet und damit verschiefert und zerklüftet ist“, erklärt Joachim Fischer. Der Warsteiner ist hauptamtlicher Mitarbeiter beim Landesverband des Deutschen Alpenvereins in Nordrhein-Westfalen und dort zuständig für Klettern und Naturschutz. „Zwar gibt es hier viele Steinbrüche, tatsächlich sind aber nur etwa ein bis zwei Prozent davon zum Klettern geeignet.“ Davon fallen weitere raus, da sie zu niedrig sind: Erst ab acht Metern Höhe fängt es an, Spaß zu machen. Vor allem aber werden die Klettermöglichkeiten durch Verbote eingeschränkt: „Das zieht sich eigentlich schon seit Jahrzehnten hin, seit etwa Mitte der 1970er bis Anfang der 2000er Jahre. Viele der Naturfelsen, die zum Klettern sehr gut geeignet sind, wurden als Naturschutzgebiet ausgewiesen. Das ging flächendeckend mit einem Kletterverbot einher.“ Tolle Möglichkeiten gingen verloren: die Bruchhauser Steine, das Hönnetal, der Biggesee mit den Ahauser Klippen oder der Steinbruch Hohe Ley mit einer Wand von fast 100 Metern Höhe, an der man für die Alpen trainieren konnte. 

Quelle: privat

Erschließung neuer Möglichkeiten 
 
Vor knapp 20 Jahren fing man an, nach Alternativen zu suchen. Alle Steinbrüche und Felsen wurden angeschaut, die außerhalb von Naturschutzgebieten liegen. Mithilfe der deutschen Grundkarte, auf der jeder Fels und jeder Steinbruch eingezeichnet ist, wurde das Sauerland abgegrast und nach zum Klettern geeigneten Orten gesucht. „Insgesamt zwölf solcher Orte haben wir im Sauerland gefunden. Bei einigen wenigen stehen wir noch in Verhandlungen mit Naturschutzbehörden und Grundbesitzern.“ 
 
Einer dieser Orte ist der alte Steinbruch „Am Bähnchen“ in Bestwig. Etwa 25 Kletterrouten mit unterschiedlichen Schwierigkeitsgraden bietet der Kalksteinbruch heute. Im hinteren Bereich ist die Plattenwand leicht geneigt. Hier sind mit 35 Metern Länge die längsten und einfachsten Routen angelegt. Eine echte Herausforderung stellt die 25 Meter hohe „Bahnhofswand“ dar, die senkrecht und mit einigen Überhängen versehen, den Kletterern einiges Können abverlangt. „Das ist kein Anfängergebiet“, weiß Fischer. „Da muss man schon richtig gut klettern können, wenn man da hinaufkommen will.“ 

Quelle: privat

Faszination Klettern 
 
Beim Klettern ist man draußen in der Natur, man kann den Alltag für einige Zeit vergessen, trifft alte und neue Freunde. Jede Kletterroute ist eine neue Herausforderung an den Kletterer selbst: Komm ich da wirklich hoch? Es ist ein Erfolgserlebnis, wenn man es schließlich geschafft hat. „Ein Erfolgserlebnis, das man sich in relativ kurzer Zeit verschaffen kann und gleich mehrere hintereinander. Man fährt gelöst und zufrieden nach Hause und geht wieder mit einer ganz anderen Motivation in den Alltag hinein.“