Klein, schnittig, Kleinschnittger

Der Kleinstwagen aus dem Sauerland 

Paul Kleinschnittger wurde 1909 in Hoppecke geboren. Er träumte, wie viele Deutsche seinerzeit, den Traum von bezahlbarer Mobilität auf vier Rädern. Bereits vor dem 2. Weltkrieg machte sich der als Ingenieur arbeitende, begeisterte Tüftler daran, selbst einen erschwinglichen, aber trotzdem modernen, schicken Kleinstwagen zu entwickeln. 

Paul Kleinschnittger lebte zwischenzeitlich in Norddeutschland, unweit eines ehemaligen Militärflughafens, auf dem gesprengte Flugzeugwracks lagen. Dort schaute er nach verwertbaren Teilen und es entstand dann bis nach Kriegsende ein erster Prototyp, der hauptsächlich aus Wrack- und Motorradteilen bestand. Im ersten Anlauf gab es noch keine Windschutzscheibe, später wurde eine aus der Junkers Ju eingesetzt. Schweinwerfer gab es nur einen mittig, Blinker (damals Winker) fehlten ganz. 

eorg Jakobys Herz schlägt für schöne Oldtimer!

Alles wurde in extremer Leichtbauweise gefertigt, so dass der Wagen nur 150 kg wog und einen Verbrauch von unter 3 Liter für 100 km hatte. Jedoch musste man für den Gegenwert eines Liters von dem Gemisch auch eine halbe Stunde arbeiten. „Der Zwei-Takter zog kleine blaue Wölkchen hinter sich her. Während die einen darüber die Nase rümpfen, ist es für den Fan das reinste Parfum,“ erklärt mir ein Oldtimerfreund. Da kein Rückwärtsgang verbaut war, musste man aussteigen, das Auto anheben, es in die andere Richtung drehen und weiter ging es. „Ein beliebter Scherz war es, das geparkte Auto anzuheben und mal eben ein paar Meter weiter neu zu parken, zur Überraschung des Besitzers“, erfahre ich weiterhin.  

Der Kleinschnittger wurde ähnlich einem Handrasenmäher mit einem Seilzug gestartet. Er war sehr einfach in der Wartung und besaß günstige Ersatzteilpreise. Bei einem defekten Gummiring konnte man zur Not auf einen Gummiring vom Weck-Glas ausweichen. Alles sollte erschwinglich sein und trotzdem den Komfort eines Autos bieten.  

Kleinschnittger erregte mit seinen Plänen sofort mediale Aufmerksamkeit, aber es blieb ein weiter Weg vom ersten Prototyp bis zur Serienreife. Auch der TÜV musste erst überzeugt werden. 

Ein „Volkswagen aus dem Sauerland“? 

In seiner Überlegung, wo das Autowerk entstehen sollte, kam Kleinschnittger auf seine Heimat zurück, da hier bereits viele Automobilzulieferer ansässig waren. In Arnsberg bot man ihm dann die Gelegenheit, ein Werk zu errichten, in dem rund 50 Mitarbeiter mit viel Handarbeit ab 1950 die ersten Automobile bauten. Ein Geldgeber war jedoch vonnöten, um dies Projekt zu stemmen. Die Presse jubelte ob des „Volkswagens aus dem Sauerland“, aber es wurde sehr schwer, sich auf dem Markt durchzusetzen. Die Ansprüche der Menschen wuchsen in der Wirtschaftswunderzeit rasant und Konkurrenten wie Isetta, Goggomobil und Lloyd setzten frühzeitig auf mehr Komfort bei nahezu gleichem Preis. 

Ein Visionär und Sauerländer 

Kleinschnittger war ein Visionär mit großem Können, aber auch ein echter Sauerländer Dickschädel, der nicht unbedingt auf wohlgemeinte Kritik hörte. Als sein Geldgeber ausstieg und auch die Hausbank ihr Geld zurück verlangte, wurde es sehr eng für das junge Unternehmen. Nach rund 2.000 produzierten Wagen verschiedener Modelle musste Kleinschnittger 1957 Insolvenz anmelden. Da er zumindest noch Ersatzteile aus der Konkursmasse kaufen konnte, gelang es ihm, sich noch 10 Jahre mit Ersatzteilgeschäften über Wasser zu halten. 

In diesem kleinen Heimwerker-Paradies versetzt Georg Jakoby seinen F125 wieder in perfekten Zustand.

Paul Kleinschnittger starb 1989 in Bontkirchen, nur wenige Kilometer entfernt von seinem Geburtsort. Auf seinem Grabstein war ein stilisiertes Kleinschnittger-Mobil, das an sein Lebenswerk erinnern sollte. 

Einige Exemplare gibt es heute noch 

Viele Menschen hat sein Kleinstwagen begeistert, nicht nur in den 1950er Jahren. Einige liebevoll gepflegte Exemplare existieren heute noch. So bin ich mit Rudi Heppe (61) aus Radlinghausen zu seinem Oldtimerfreund Georg Jakoby (65) direkt über die Kreisgrenze nach Bad Wünnenberg-Fürstenberg gefahren. Dort steht ein originaler Kleinschnittger F125, den Jakoby kürzlich erstanden hat und der nun mit größter Sorgfalt wieder hergerichtet wird. 

Quelle: privat
uch wenn nicht die gesamte Familie hineinpasst, der Kleinschnittger erfüllte den Traum von komfortabler Mobilität in den Nachkriegsjahren.

Die Augen der Männer strahlen, wenn sie gemeinsam über das Auto fachsimpeln und das eine oder andere Anekdötchen erzählen von diesem kleinen Floh. „Ausfahrten machen wir nur kleine, gemütliche,“ verrät mit Jakoby. „Er kommt dann so auf Tempo 50, es sein denn, man hat Gegenwind, fährt bergauf oder hat einen Passagier an Bord.“ „Die Menschen schauen begeistert hinter dem Wagen her“, schwärmt Heppe.  „weicht er doch so stark in Form und Größe von dem ab, was aktuell gebaut wird!“