Keine Angst vor 450 Pferdestärken

Pauline Zacharias macht ihren Busführerschein mit 21 Jahren 

13 Meter lang, ca.18 Tonnen schwer, 450 PS – Mit der Zusatzqualifikation zum Busführerschein machte sich die 21-jährige Pauline Zacharias ihren Kindheitstraum möglich. Nun darf sie uneingeschränkt europaweit Bus fahren. 

Durchstarten und eine saubere Bremsung hinlegen 

„Normalerweise darf man mit 21 Jahren nur in einem Umkreis von 50 km fahren“, beginnt Pauline Zacharias. Zur beschleunigten Grundqualifikation hing sie noch die Regelprüfung dran und machte eine zusätzliche praktische Prüfung. Nun darf sie auch im Gelegenheitsverkehr uneingeschränkt fahren. „Auch die theoretische Prüfung war umfangreicher und der zwölfwöchige Vorbereitungskurs fiel weg. Ich musste mir das selbst beibringen“, erzählt sie weiter. Für ihre zusätzliche praktische Prüfung musste sie u. a. eine Route planen und abfahren. „Es wurde ein Viereck aufgestellt, dort musste ich reinfahren, wenden und an gleicher Stelle wieder rausfahren. Dann musste ich aus 15 Meter Entfernung einschätzen, wie weit das „Tor“ zusammengeschoben werden durfte, damit ich mit dem Bus reinpasse und das so knapp wie möglich“, fügt sie hinzu. Pauline ist in ihrem Element. Begeistert berichtet sie noch über Pumpbremsung, also im Grunde „´ne saubere Bremsung hinzulegen“, nachdem man innerhalb 65 m auf 30 km/h beschleunigt, an der ersten Pylone anfängt zu bremsen, um dann bei der hinteren Pylone zum Stehen zu kommen. „Man stellt sich das Busfahren schlimmer vor, als es ist. Wenn man erst einmal raushat, wie man um die Kurve muss, ist es wie mit einem Riesen-Gokart.“ 

Ausbildung zur Mechatronikerin für Nutzfahrzeuge 

Neben ihrer Busfahrprüfung sitzt sie gerade an der Abschlussprüfung zur Mechatronikerin. Für sie stand schon immer fest, dass sie irgendwann ins Familienunternehmen einsteigen würde. „Schon als Kindergartenkind bin ich mit Papa gerne Bus oder LKW gefahren“, erzählt sie. Irgendwann musste sie sich dann entscheiden: Will ich lieber in den kaufmännischen oder den technischen Bereich einsteigen. „Ich hatte eine Bewerbung als Industriekauffrau fertig geschrieben, merkte dann aber beim Durchlesen: nein, das möchte ich lieber nicht, so acht Stunden im Büro sitzen, ist nichts für mich.“  

Ihre Ausbildung macht sie z. Zt. bei der Firma EvoBus in Dortmund. „Während meiner Ausbildung mache ich hauptsächlich Elektrik und diesen Part werde ich später auch hier zu Hause in der Werkstatt übernehmen. Aber erst mal bleibe ich noch bei EvoBus. Es gefällt mir dort sehr gut“, fügt sie hinzu. In ihrer Klasse ist sie die einzige weibliche Auszubildende. „Für den Bereich Nutzfahrzeuge gibt es sehr wenige Mechatronikerinnen.“ 

Bei einer Panne unterwegs ist das nicht mehr so einfach wie früher. „Wenn es etwas Mechanisches ist, kann ich das selbst beheben, bei Elektronik wird es komplizierter, da braucht man dann ein Diagnosegerät“, weiß sie. Bei einer Reifenpanne könnte es auch schwierig werden, wenn man bedenkt, dass ein Busreifen mit Felge mindestens 50 kg wiegt. „So ein Reifen wiegt ja mehr als ich“, lacht sie. „Aber dafür gibt es gute Hilfsmittel. Und wenn mir das an meinem Ausbildungsplatz mal nicht so gelingt, helfen auch die Kollegen.“ 

Bald ist Urlaub angesagt und die Zeit wird genutzt, um im Familienunternehmen Erfahrungen zu sammeln. „Ich soll bei sechs Bussen die Abbiegeassistenten nachrüsten.“ Wenn es um Elektrik geht, wird Pauline bereits mit eingebunden. „Die beiden angestellten Monteure im Betrieb kümmern sich mehr um das Mechanische.“ 

Zukunft gesichert 

Die Vollblut-Busfahrerin und -Mechatronikerin hat noch weitere Ziele: „Nach meiner Ausbildung zur Mechatronikerin möchte ich den Fachwirt für Personenverkehr und Mobilität machen. Das wäre eine gute Vorbereitung auf das, was mich im Betrieb hier erwartet“, berichtet Pauline Zacharias. Ihr Plan ist es, später auch in die Disposition und Fahrplangestaltung einzusteigen. „Mein Bruder kümmert sich hier mehr um das Kaufmännische“, erzählt sie weiter. „2018 hatten wir 75-jähriges Betriebsjubiläum. Mein Bruder Fabio und ich sind jetzt die vierte Generation in unserem Betrieb und wir wollen mindestens die 100 voll machen!“ Pauline interessiert sich auch für die Geschichte von Bussen. „Irgendwann baue ich mal mit Papa einen alten Setra S8 um, das war der erste Bus, den Setra auf den Markt gebracht hat. Und damit mache ich dann eine Tour durch Europa“, schwärmt sie.  

Hoffentlich geht es bald wieder los! 

Die Reisebusse stehen seit der Pandemie still. „Am liebsten würde ich Erfahrungen sammeln als zweite Fahrerbesetzung. Zum Beispiel in Richtung Toskana oder nach Meran, um mal zu sehen, wie das so abläuft“, berichtet sie. Auch hier im Sauerland übt sie momentan ihre Fahrpraxis. Regelmäßig bewegt sie die Busse. Die Gänge müssen durchgeschaltet, alle Komponenten ans Laufen und auf Temperatur gebracht werden und das Öl in Bewegung kommen, um die Standschäden so minimal wie möglich zu halten, erfahren wir. Auch jetzt, nachdem sie von einer Fahrt zurück ist, wechselt sie das Nummernschild an einen anderen Bus, um damit zusammen mit ihrer Schwester und einer Freundin eine Tour zu machen. Die Pflicht wird zum Spaß. „Es geht nach Velmede zum Eis essen“, sagt sie abschließend. Da kann man nur noch sagen: Sie haben Ihr Ziel erreicht!