Quelle: Stefan Lieser
Spektakuläre Ausstellung im Dinosaurierpark zeigt Fossilien der „Big5+“-Dinosaurier
Ernzen. Was wäre gewesen, wenn die fünf Embryos aus ihren Eiern geschlüpft wären, fünf Torvosaurus, die größten bisher bekannten Theropoden Europas aus dem Jurazeitalter, ungefähr vor 150 Millionen Jahren? Dr. Simão Mateus, Wissenschaftlicher Direktor des Dino Parque Lourinhã in Portugal, kommt der Antwort auf diese Frage schon sehr nahe. Er und sein Team haben den bisher größten bekannten Dinosaurier Europas schließlich schon komplett rekonstruiert – als Modell.
Vor einigen Jahren entdeckte Dr. Simão Mateus sogar ein komplett erhaltenes Torvosaurus-Gelege, ungefähr 152 Millionen Jahre alt, aus dem Oberen Jura, mit Fossilien komplett erhaltener Eier in Baseball-Größe. „Da ist damals etwas schrecklich schiefgelaufen. Normal wäre es gewesen, allenfalls Fossilien der Eierschalen zu finden“, so der Experte für Urzeit-Monster.
Nur im Film gelang es bekanntlich, die Dino-Eier auszubrüten – mit üblen Folgen für die Menschen. Sensationell ist es, nun in der Sonderausstellung „The Big 5+“ die Fossilienreproduktionen der fünf größten Raubsaurier Europas tatsächlich bestaunen zu können. Im Sonderschaupavillon des Dinosaurierparks bei Ernzen, oberhalb der Teufelsschlucht ist das Torvosaurus-Gelege einer der Hingucker.
Erstmals zeigen fünf beteiligte Forschungseinrichtungen aus Deutschland, Portugal und England außerhalb ihrer Institute die Exponate der Fossilienfunde der Urzeitriesen, ergänzt um Visualisierungen der Raubsaurier in maßstabgetreuer Größe auf Bildtafeln und mit erläuternden Texten etwa zu Lebenszeitepoche und Fundstelle. Für den 2015 eröffneten Dinosaurierpark in der Südeifel ist das ein Höhepunkt seiner bisherigen Geschichte.
Entsprechend freut sich Bruno Zwank, Geschäftsführer der Felsenland Südeifel Tourismus GmbH über das Gastspiel der Wanderausstellung bis Anfang November. Die „Big 5+“-Schau – angelehnt an die „Big 5“ Afrikas: Büffel, Elefant, Leopard, Löwe und Nashorn – soll zugleich der Startschuss einer neuen Öffnung des Dinosaurierparks als „Schnittstelle für die Vermittlung von Forschungsarbeit und Forschungsergebnissen an die Öffentlichkeit sein“, so Zwank.
In einer Kooperation mit der Generaldirektion Kulturelles Erbe Rheinland-Pfalz in Koblenz ist der Park bei Ernzen seit diesem Frühjahr in die paläontologische Forschung der Region eingebunden. So können Parkbesucher der Paläontologin Dr. Lea Numberger-Thuy in der Fossilien-Präparationswerkstatt über die Schulter sehen. Die Expertin präpariert derzeit einen Riesen-Seeskorpion aus dem Devon, also von vor rund 400 Millionen Jahren.
Für die „Big 5+“-Sonderschau wurden die Fossilienreplikate erstmals nicht nur aus Portugal, sondern auch von der Isle of Wight vor der südenglischen Küste und aus Deutschland in großen stabilen Holzkisten auf die Reise geschickt. Dr. Mateus faszinierte die Zuhörenden bei der Ausstellungseröffnung mit seinen Grabungsberichten genauso wie auch Dr. Achim Schwermann vom LWL-Museum für Naturkunde in Münster.
Der westfälische Jurassic Park
Dem Team – am LWL-Museum sind vier hauptamtliche Paläontologen beschäftigt – ist es Mitte der 2010er Jahre gelungen im Wiehengebirge bei Minden ebenfalls einen Sensationsfund zu machen. An einem steilen Abhang – die Forscher mussten sich zur Fundstelle abseilen – entdeckten sie erstmals den bis heute größten Raubsaurier Deutschlands. Er stammt aus dem Zeitalter zwischen 160 und 120 Millionen Jahren und wurde „Wiehenvenator“ getauft. Die Fossilien, deren Replikate jetzt in der „Big5 +“-Schau ausgestellt sind, stammen von einem etwa zehn Jahre alten Tier, dessen Körperlänge zwischen acht und neun Meter betragen haben muss. Gefunden wurden Teile des Schädels, des Unterkiefers, Reste aus allen Körperregionen.
Vor wenigen Jahren entpuppte sich das Wiehengebirge erneut als „unser westfälische Jurassic Park“, so Schwermann. Das Team legte Skelettfragmente eines Torvosaurus frei, die seitdem als älteste Fossilien des größten Raubsauriers Europas gelten.
Torvosaurus, Wiehenvenator, Allosaurus, ein Neovenator und Fossilien eines Baryonyx („die schwere Kralle“), beide von der Isle of Wight vor der englischen Südküste, und schließlich Fossilien eines nur 70 Zentimeter großen Sciurumimus aus einer Fundstelle in Bayern – das „+“ in der „Big5“-Schau – komplettieren die Schau. An deren Eröffnungstag wurde das größte Einzelexponat feierlich enthüllt: das Kühlschrank-große Schädelskelett eines Torvosaurus aus Portugal.
Das sorgte schon für sich für Respekt bei den Besuchenden. Wer sich danach auf den Rundweg durch den Dinopark in der Südeifel entlang der 180 lebensgroßen Modelle meist ausgestorbener Arten der Erdgeschichte machte, der begegnete den „Big 5“ wieder. Auch dem ausgewachsenen Torvosaurus. Anders als im Film bleibt es hier beim Kontakt mit nachgebauten Modellen.
INFO
„The Big 5+“ – Sonderausstellung im Dinosaurierpark, Ernzen. Bis zum 5. November. Weitere Informationen und Öffnungszeiten unter www.dinopark-teufelsschlucht.de