Jung, modern, aktiv … und heimatliebend

Ostwiger Ortsheimatpfleger ist erst 20 Jahre alt 

Heimatpflege – bei dem Begriff denkt man an Tradition, an Vergangenheit, an Bewahren. Wer das Wort Ortsheimatpfleger hört, könnte an einen älteren, gemütlichen Herrn denken, der auf dem Esstisch im Wohnzimmer alte Fotos sortiert und Zeitungsausschnitte abheftet. Doch es geht auch anders! In Bestwig setzte man bei der Suche nach einem Ortsheimatpfleger für Ostwig auf die Jugend.   

Justus Rose ist ein “echter Ostwiger Junge”, ortsverbunden, engagiert, beliebt. Bereits in seiner Zeit am städtischen Gymnasium in Meschede war er jahrelang als Schülersprecher im Einsatz. Nach dem Abitur entschied er sich für eine solide Ausbildung zum Verwaltungsfachangestellten. Am Wochenende steht er gern am Rande des Sportplatzes, hoch oben überm Dorf, und feuert „seine“ Fußballmannschaft vom TV Germania Ostwig  an. Justus spielt selbst Tennis und ist begeisterter Schützenbruder; aktuell sogar amtierender Jungschützenkönig. „Immer an vorderster Front sein“, das ist sein Ding!  

Unser Dorf hat Zukunft – und endlich wieder einen Ortsheimatpfleger 

Wer nun meint, dass Justus damit schon am Limit sei, der irrt. Als er 2018, damals noch als Schüler, im Rahmen der Ostwiger Aktivitäten zum Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft“ positiv mit seiner Ausarbeitung zur Ostwiger Franzosenzeit auffiel und von Bürgermeister Ralf Péus gefragt wurde, ob er sich zutraue, sein Faible für Geschichte künftig auch offiziell zugunsten des Heimatortes einzusetzen, sagte er nicht nein. Somit war das lange vakante Ehrenamt spektakulär neu besetzt. Einen solch jungen Ortsheimatpfleger gibt’s hier in Westfalen nicht noch einmal.  

„Ich habe immer gern die alten Geschichten von früher gehört“, berichtet Rose. „Mein Großvater hat mir damals sehr viel darüber erzählt – beispielsweise über die alten Zeiten des Erzbergbaus im 18. Jahrhundert oder darüber, dass unsere Familie lange mitten im Dorf lebte auf dem Gelände gegenüber der Schützenhalle, das man damals einfach „Bauplatz“ nannte.  

Volle Konzentration aufs Heimatdorf 

„Die Aufgaben eines Ortsheimatpflegers habe ich zu Beginn meiner Amtszeit gar nicht so richtig greifen können“, erinnert sich Justus Rose. „Aber eine gute Dorfgemeinschaft ist mir wichtig, und meine Freizeit konzentrierte sich immer schon auf Ostwig und die Menschen hier.“ Das scheint typisch zu sein für einen Ostwiger; denken wir doch an die vielen Vereine oder auch an die Ehrenamtskneipe “Kumm rin”. Und, wer hätte es nicht längst vermutet, auch dort engagiert sich Hobbywirt Justus regelmäßig. „Gleich nach dem 18. Geburtstag hatte ich dort meinen ersten Einsatz am Tresen“, lacht er. 

Erste Erfolge und Pläne für die Zukunft 

Aber zurück zur Heimatpflege: „Es gibt viel zu tun“, verrät Rose.  „Im letzten Jahr habe ich, gemeinsam mit unserem Ortsvorsteher Manfred Ramspott, eine geschichtliche Wanderung für die Ostwiger und interessierte Gäste ausgearbeitet und organisiert. Zudem interessieren mich unsere historisch wertvollen Bauwerke. Ich weiß inzwischen, dass es auf Bestwiger Terrain die meisten denkmalgeschützten Objekte hier bei uns in Ostwig gibt.“  

Was in Kürze auf dem Plan steht, ist die Flurnamensforschung. Gemeinsam mit dem Sprachwissenschaftler Dr. Werner Beckmann aus Cobbenrode, der sich wissenschaftlich auf Sprachforschung, u. a. auf das Sauerländer Platt, spezialisiert hat, sollen die alten Namen der Ostwiger Gemarkungen und Flure analysiert werden. Justus Rose nennt zwei Beispiele: „Dass „Auf de Borg“ die Gegend bezeichnet, wo früher unser Baron lebte, ist ja noch leicht zu erraten. Bei „Graftweg“ kommt man vielleicht mit ein wenig Fantasie auf „Grabweg“, aber dass dieser Name entstand, weil früher die Ostwiger Verstorbenen in Velmede bestattet wurden und man dorthin „zu Grabe getragen“ wurde, ist doch ein interessanter Fakt.“ Man merkt: Dieses Thema macht ihm Freude! 

Und es gibt weitere Pläne für die Zukunft: „Mein Traum ist ein digitales Dorfarchiv, das aber unendlich viel Arbeit, möglichst verteilt auf viele Freiwillige bedeuten würde. Aktuell ist das noch Zukunftsmusik. Greifbarer, wenngleich aufgrund von Corona aktuell auf Eis gelegt, ist die Fertigstellung unseres geplanten Dorfgemeinschaftshauses am Marktplatz. Damit man sich schon eine visuelle Vorstellung vom angestrebten Ergebnis machen kann, sind die Gerüste momentan in bedruckter Folie verpackt.  

Stolz auf Ostwig 

Es gibt wohl kein Gespräch mit einem Ostwiger über sein Heimatdorf, ohne irgendwann auf das Ausflugsziel schlechthin zu sprechen zu kommen: den Kamin. Für alle, die damit noch nicht viel anfangen können, erklärt Rose: „Der alte Rauchgaskamin aus der Bergbauzeit befindet sich oben auf dem Steinberg, von wo aus man eine wunderbare Aussicht genießt. Der neun Meter hohe Turm mit dicken Wänden aus Bruchstein markiert eine wichtige technik-, wirtschafts- und ortsgeschichtliche Epoche in der Geschichte der Gemeinde Bestwig im 19. Jahrhundert und ist als Ausnahmebauwerk der ganze Stolz Ostwigs.“ Voraussetzung, wenn es um die aktive Pflege der Heimat geht. Das Ehrenamt ist bei ihm in guten Händen, hat sich herausgestellt. Seine große Unterstützung: Viele Ostwiger Bürger sind bekanntermaßen hervorragende Hobby-Heimatpfleger für ihr schmuckes Dorf mit viel Geschichte.