Jochen Busse: Gehse nache Omma, woll?

Bald 80 und immer noch aktiv auf der Bühne und vor der Kamera: Jochen Busse, Kabarettist, Schauspieler, Autor – Sauerländer.

Gute Nachricht aus der DUDEN-Redaktion: Entscheidung schon bald

Seit einigen Jahren gibt es ein Hin und Her zwischen der DUDEN-Redaktion und den Befürwortern im Sauerland, dass ihr vertrautes Wörtchen „woll“ endlich in den Duden kommt. Bereits 2015 schrieb der Feuilletonist Andreas Rossmann in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“: „Da biste platt, woll?!“, sagt der Sauerländer, und das lässt sich in diesem Fall auch sehr gut nachempfinden. Denn das Wörtchen „woll“, mit dem der Sauerländer gerne einen guten Satz zu Ende bringt, soll in den Duden. Dafür machte sich Radio MK in Iserlohn, dem „Tor zum Sauerland“, in einer Themenwoche stark: „Wir von Radio MK und unsere Hörer sind stolz auf unsere Heimat und unseren Dialekt. Darum wollen wir ,woll‘ den Platz verschaffen, der ihm zusteht“, teilt der Sender mit und sammelt Unterschriften, die er an die Duden-Redaktion weiterleitet. Dabei geht es um nicht weniger als um eine landsmannschaftliche Gleichstellung, denn was im Süden „gell“ und im Norden „nech“ ist, lautet im Sauerland „woll“, nur dass „woll“, anders als „gell“, eben (noch!) nicht im Duden steht.
Selbst der „Schwarzwälder Bote“ legte sich für die Sauerländer Freunde ins Zeug:
„Gell“ steht im Duden, „woll“ aber nicht – lautete die Schlagzeile. „Während ‚gell‘ einen stolzen Eintrag im Dudenbuch vorweisen kann, ist ‚woll‘ im Wörterbuch nicht gelistet…“ – „Eine himmelschreiende Ungerechtigkeit“, beschwerte sich etwa der aus dem sauerländischen Altena stammende Roman- und Bestsellerautor Peter Prange.
Jetzt meldet sich im WOLL-Magazin kein Geringerer als Jochen Busse zu Wort. Einer der bekanntesten deutschen Kabarettisten, selbst Sauerländer (*28. Januar 1941 in Iserlohn), holt groß aus, wenn er, als stünde er vor einem Millionen-Publikum auf der Bühne, genüsslich und voller Überzeugung sagt:
Sauerländer und Sauerländerinnen, eine weltweit wenig beachtete Minderheit, hat wie alle Minderheiten sprachliche Eigentümlichkeiten am Leibe. Und damit kommen wir zum nirgendwo sonst auf der Welt gebräuchlichen ‚woll‘, das im Sauerland grundsätzlich von der Omma übernommen wird. Während in den meisten deutschen Landstrichen von der Großmutter oder der Oma die Rede ist, gibt es im Sauerland nur Ommas. Die Omma ist zuständig für jede Art von Geschmacksbildung.
Das beginnt mit der Frisur, erstreckt sich über die Kleidung und mündet im Kulinarischen. Und da findet sich der Sauerländer mit der Welt vereint: Nirgendwo ist es so lecker wie bei de Omma, woll?
Da ist es, das „Woll“! Das „Woll“ ist vonne Omma nicht wegzudenken, wie weiland die Kittelschürze. Weisse noch, woll?
Mag es seine Entstehungsgeschichte im „Wohl“ haben, wo es im Niedersächsischen heute noch bewertend gebraucht wird, so wird es im Sauerland sowohl als Aufforderung zur Bestätigung, dem sogenannten Abnicken, wie auch als direkte Frage, die keinerlei negative Antwort duldet, als auch ein Einverständnis voraussetzend, hin und wieder inflationär und nicht immer selektiv verwendet.
Beispiel:
Gehse nache Omma, woll?
Grüßse schön, woll!
Bis auch attig, woll?!
Hasse gehört, woll. (hier Punkt)
„Ja zum ‚Woll‘ – ab in den Duden!“, fordert Jochen Busse, fügt aber gleichzeitig und schmunzelnd hinzu: „Es gibt auch Wörter, die im Sprachschatz des gemeinen Sauerländers so gut wie gar nicht vorkommen. Etwa das Wort ‚Charme‘ – aber dat iss au nich von hier …“
Stimmt. Und was ist nun mit dem „Woll“ von hier?
Das WOLL-Magazin nahm Jochen Busses Aufruf zum Anlass, nachzufragen, ob „woll“ überhaupt eine Duden-Chance hat. Prompt kam eine überraschende Antwort, die Busse und alle Sauerländer nun in Hoffnung schwelgen lässt:
Dr. Ilka Pescheck aus der Dudenredaktion im Bibliographischen Institut in Berlin schickte diese Botschaft:
„Der Ausdruck ‚woll‘ ist seit vielen Jahren im Duden-Synonymwörterbuch im Eintrag „nicht wahr“ als Synonym verzeichnet …
Für die erneute Prüfung der Aufnahme in den Rechtschreibduden durch die Redaktion sprechen aus unserer Sicht verschiedene Gründe: Es ist uns ein Anliegen, die Vielfalt des Deutschen in unseren Wörterbüchern abzubilden und auch lokalere Varianten zu zeigen. Dazu berücksichtigen wir auch die gesprochene Sprache. Die Entscheidung, ob „woll“ in den Rechtschreibduden kommt, treffen wir sicher im Laufe des kommenden Jahres. Vermutlich wird es aber schon vorher auf Duden online stehen.“
„Is dat nix?“ – Busse: „Geht doch, woll …“