Jägerinnen im Sauerland

Aus Leidenschaft in heimischen Wäldern unterwegs

Auch wenn sie unterschiedlicher kaum sein könnten, so haben sie doch eins gemeinsam: Sie alle besitzen seit Jahren den Jagdschein und sind als Jägerinnen in den Sauerländer Wäldern unterwegs. Alle drei Monate treffen sie sich zu einem Stammtisch, um sich über ihre gemeinsame Leidenschaft und die Erfahrungen auszutauschen. „Von den insgesamt 33 Teilnehmerinnen sind es meistens zehn bis 15 Frauen, die sich an unterschiedlichen Orten treffen“, erklärt Corinne Gilsbach aus Oberkirchen. Aber was bewegt die Frauen dazu, zu kirren oder zu pirschen und mit Flinte oder Büchse bewaffnet in den Wäldern auf Jagd zu gehen? Sechs dieser Frauen geben uns Antworten darauf und erzählen von ihren persönlichen Beweggründen.

Kein Hobby, sondern eine Lebenseinstellung

Es ist nicht nur die Naturverbundenheit und die Ruhe in den heimischen Wäldern, die die Frauen im Alter von 20 bis 49 Jahren dazu bewegte, Jägerinnen zu werden. Die meisten sind in Familien großgeworden, in denen die Jagd zum Alltag gehörte, und so entwickelte sich oft schon im Kindesalter ihre Leidenschaft.

„Jagd ist kein Hobby, sondern eine Lebenseinstellung“, sagt Lydia B.hm aus Überzeugung. „Es ist eine Passion, eine Leidenschaft, die einen dazu bewegt, fast jeden Tag im Revier unterwegs zu sein.“ Und dabei geht es nicht nur darum, Tiere zu jagen und zu erlegen, wie es oft negativ dargestellt wird. Es geht um viel mehr. Die Hege und Pflege unserer Wälder steht im Vordergrund und dazu gehört die Regulierung der Wildtierpopulation. Zum einem, um Wildkrankheiten und Seuchen zu vermindern, zum anderen kann Wildverbiss an Nutzpflanzen und jungen Bäumen reduziert und kontrolliert werden. Die Schonzeiten müssen dabei immer streng beachtet werden. Die Erhaltung von Natur- und Lebensräumen, Aufklärung und artgerechte Fütterung zählen ebenfalls zu den vielfältigen Aufgaben – man hilft der Natur in vielen Bereichen. „Es ist gelebter Naturschutz“, erklären die Frauen.

Das „grüne Abitur“

Und das alles will gelernt sein. Daher ist es notwendig, eine umfangreiche Ausbildung mit anschließender staatlicher Prüfung zu absolvieren. Es ist ein anspruchsvolles Lernen, bis man das sogenannte „grüne Abitur“ in den Händen hält. Neben der Waffenkunde erlernt man sämtliche Abläufe bei der Jagd, und was es zu beachten gibt, das Aufbrechen von Rehwild, Maßnahmen zur Hege und Pflege des Waldes sowie die unterschiedlichen Arten der Jagd – in Theorie und Praxis. „Und die Sicherheit ist dabei oberstes Gebot“, weiß auch Corinne Gilsbach, die schon als Kind von der Jagd fasziniert war und bereits seit 26 Jahren den Jagdschein besitzt. Sie schätzt besonders die Naturverbundenheit und die Ruhe – und die findet sie immer. Besonders gefällt ihr die Klettersitzjagd: „Dabei kann man aus der Höhe an einem Baum sitzend das Gebiet rundherum beobachten, das ist einfach praktisch, weil man sehr flexibel ist und das Wild einen in der Höhe nicht wahrnimmt.“ Kein Wunder, dass Tochter Charlotte ebenfalls begeisterte Jägerin ist und bereits mit 16 Jahren ihren Jagdschein machte.

Aber was ist denn für eine junge Frau das Besondere daran und was war das bisherige Highlight? „Durch die Eltern und die Eigenjagden habe ich schon früh Vorerfahrungen gemacht“, sagt Charlotte. Sie liebt die Ruhe und geht auch gern mal allein in die Wälder. „Am Anfang war es schwierig, eine Waffe zu halten, und auch das Schießen ist Überwindung – man hat ja einen Bezug zu Tieren. Doch mit der Zeit empfindet man es als normal“, erklärt sie. Als sie 17 Jahre alt war, erlebte sie etwas ganz Besonderes: Sie erlegte ihren ersten Rehbock, einen seltenen, abnormen 3-Stangen-Bock. „Das war schon ein Highlight.“ Und da für sie auch das Jagdhornblasen dazugehört, erlernte sie das ebenfalls.

Dass es auch negative Erlebnisse gibt, weiß Anja Hamm aus Eslohe. Einmal passierte es, dass sie einen Bock krankgeschossen hat, das hei.t, er war getroffen, aber man konnte ihn nicht finden. „Danach hatte ich eine Art Blockade. Aber auch das gehört dazu und diese negativen Erlebnisse kennt wohl fast jeder, der zur Jagd geht.“

Mit dem Hund zur Jagd

Was sie alle gemeinsam haben: Sie lieben ihre Hunde, die alle speziell ausgebildet sind. „Jäger und Hund sind ein Team“, sagt Lydia Böhm. Und auch wenn man mal allein unterwegs ist, im Allgemeinen ist ein brauchbarer Hund erforderlich. Zum normalen Equipment gehören Fernglas, Waffe, Munition, Messer und Hundepfeife.

In unseren heimischen Wäldern werden überwiegend Rehe, Wildschweine, Rotwild, Füchse und Hasen gejagt. Je nach Wildart gibt es unterschiedliche Arten der Jagd und außerdem hat jede Wildart ihre Jahreszeit. „Da gibt es strenge Vorgaben“, erklärt Lydia Böhm. „Doch egal, wie gejagt wird, wichtig ist es, nicht kopflos zu entscheiden.“ Anfangs war es für die Frauen schwierig, ein Tier zu täten. Man freut sich über Erfolge, ist andererseits auch tierlieb. Wie erklärt sich dann die Aussage: „Ein Schuss ist einzigartig?“ „Man muss auf den perfekten Zeitpunkt warten – hat man dann alles richtig gemacht, ist man dankbar und erleichtert.“