Inversionswetterlagen

Wenn es oben wärmer ist als unten

Wenn wir aus dem Tal auf einen Berg fahren, packen wir – in der Erwartung, dass es dort kälter ist – vorsorglich dickere Kleidung ein. In den meisten Fällen ist diese Annahme auch richtig. Nicht umsonst fahren wir zum Skiurlaub ins Gebirge, denn nur dort ist es kalt genug für eine Schneedecke, die auch mal länger als ein paar Tage durchhält.

An bestimmten Tagen wird diese Situation aber auf den Kopf gestellt. Diese Wetterlagen nennt man auch Inversionswetterlagen (Inversion = Umkehr). Durch ein recht dichtes Netz von aktuell 60 automatischen Stationen des Wetterportals Sauerland ist es möglich, auch kleinräumige Unterschiede sichtbar zu machen und die Auswirkungen zu erläutern.

Entsprechend ihrer unterschiedlichen Entstehungsart und der Jahreszeit ihres bevorzugten Auftretens werden Inversionen in sogenannte Strahlungsinversionen und dynamische Inversionen unterschieden.

Was sind die Gründe für diese extreme Wetterlage?

Im Sommer scheint die Sonne mit großer Kraft auf das Sauerland. Durch lokal unterschiedliche Einstrahlungsstärken werden Windströmungen, die sogenannte Thermik, erzeugt. Diese durchmischt die Luftschichten und führt zu der bekannten Temperaturverteilung (oben kälter als unten).

Gegen Abend scheint die Sonne in einem flacheren Winkel und verliert somit zunehmend an Einfluss. So wird der Erde keine Energie mehr von außen zugeführt. Ausgehend vom Erdboden beginnt dann die Abkühlung der Luft.

An diesem Punkt wird eine zweite physikalische Eigenschaft der kalten Luft für die Entstehung der Temperaturunterschiede zunehmend wichtig. Sie ist nämlich dichter und damit schwerer als die darüberliegende warme Luft. Der Schwerkraft folgend drängen die Luftpolster am Erdboden zu den tiefsten Punkten im Gelände, den Tälern.

Absinkinversionen

Die größten Unterschiede zwischen Berg und Tal können bei der ausschließlich im Herbst und Winter auftretenden Absinkinversion gemessen werden. Ist dies der Fall, können sich Temperaturumkehrschichten aufgrund der fehlenden Thermik und der damit ausbleibenden Durchmischung nicht nur während der Nacht, sondern über viele Tage hinweg bilden und halten.

Ein Beispiel für solch eine typische Hochwinterwetterlage im Januar: Nach einem Kaltlufteinbruch mit etwas Neuschnee setzt sich ein Hochdruckgebiet über Mitteleuropa fest, so dass sich die eingeflossene Kaltluft in den klaren Nächten ohne Wind bis unter -20 Grad abkühlen kann.

An den folgenden Tagen steigt die Temperatur in höheren Luftschichten wieder deutlich an. Bedingt durch die negative Strahlungsbilanz kann sich die kalte Luft in Erdbodennähe aber weiterhin halten. Während sich die Temperaturen auf den Bergen schnell wieder erholen, können sie in den Hochtälern auch am Tage teils im zweistelligen Minusbereich bleiben. Der maximale Unterschied zwischen beiden Messpunkten wurde in solch einer Phase mit 18 Grad gemessen.

Dies wirkt sich am stärksten in flachen, unbewachsenen Muldentälern aus, wo sich die während der Nacht abgesackte Kaltluft am stärksten auskühlen kann, ohne abzufließen. Frosttemperaturen im Hochsommer sind dann an einzelnen Tagen im Sauerland und Wittgensteiner Land ebenso Realität wie sibirische Temperaturen unter -20 Grad, auch in Zeiten des Klimawandels.

Ausführlichere Informationen erhalten Sie unter:
https://www.wetter-sauerland.de/wetterwissen/sauerlaender-wetter/inversionswetterlagen/wetter/inversionswetterlagen/

Dieser Beitrag erschien in der Winterausgabe 2020 des WOLL-Magazins Schmallenberg-Eslohe. Das WOLL-Magazin könnt ihr im Zeitschriftenstand oder im WOLL-Onlineshop https://woll-onlineshop.de/woll-magazin/ erhalten.