Infiziert mit der Spieleleidenschaft

Quelle: privat

Spieleerfinder Klaus-Jürgen Wrede

Die Tage werden kürzer und das Wetter langsam ungemütlicher. Im Herbst wird es Zeit, das Leben von draußen wieder nach drinnen zu verlagern und sich auf die dunklen Monate einzustimmen. Was gibt es da besseres, als einen regelmäßigen Spieleabend mit Familie und Freunden einzuführen? Tolle Spiele gibt es unzählige. Entwickelt werden sie von kreativen Menschen wie dem gebürtigen Sauerländer Klaus-Jürgen Wrede. Von ihm stammt unter anderem ein Spiel, das wohl vielen ein Begriff ist: Carcassonne.

„Eine kreative Ader hatte ich schon immer“, erzählt Klaus-Jürgen Wrede. „Ich habe früher viel Musik gemacht, selbst komponiert, aber auch gemalt und geschrieben. Da war ich erst 12 oder 13 Jahre alt.“ Der heute 59-Jährige wurde in Meschede geboren und wuchs in Arnsberg auf. Nach der Schule verschlug es ihn zum Studium dann jedoch nach Köln. „Als Sauerländer war mir das am Anfang erst einmal zu laut, zu verbaut und zu hässlich. Aber mit der Zeit habe ich die Stadt lieben gelernt.“ Heute lebt er wieder weiter draußen auf dem Land, nah an der Grenze zu Rheinland-Pfalz. „Wenn man älter wird, braucht man wohl wieder etwas mehr Ruhe“, stellt er fest. „Vor allem aber braucht man einen Rückzugsort, wenn man etwas Kreatives erschaffen möchte.“

Und das tut er inzwischen sehr erfolgreich als Spieleerfinder. Schon als Jugendlicher hatte er gerne gespielt: Monopoly, Halma oder Mühle – das übliche also. Auch Schach spielen lernte er recht früh. Eine richtige Spieleleidenschaft wurde daraus aber vorerst nicht. „Irgendwann mit Anfang 20 fiel mir auf, was es inzwischen doch für interessante Brettspiele gab. Die waren ganz anders als die, die ich kannte.“ Auf den Geschmack gekommen, fuhr er zur Spielemesse nach Essen. „Eigentlich wollte ich nur einmal gucken, aber dann spielte ich vier Tage lang durch. Es war wie ein Virus, das mich mit der Spielleidenschaft infiziert hatte.“ Von da an ging er regelmäßig in die Kölner Stadtbibliothek, um sich Spiele auszuleihen und nahm alles mit, was er kriegen konnte. „Und wenn man kreativ ist, dann bleibt es nicht aus, dass wie von selbst auch eigene Ideen entstehen“, erklärt er.Wann und wie ihm die erste Idee kam, daran kann er sich heute nicht mehr erinnern. Aber sie war bereits so gut, dass ein Verlag das Spiel zur Spielwarenmesse in Nürnberg herausbringen wollte – leider meldete er kurz vorher Konkurs an. „Mir kam dann das Berufsleben dazwischen, das Studium, die Referendarzeit – und ich verlor das Ganze erst einmal wieder aus den Augen.“ Erst als er bereits einige Jahre an einer Schule gearbeitet hatte, die Stunden reduzierte und wieder etwas mehr Zeit für sich hatte, widmete er sich wieder dem Spieleerfinden. Und das direkt mit einem Erfolg, mit dem er selbst wohl niemals gerechnet hatte.

Preisgekrönt
Im Jahr 2000 kam Carcassonne auf den Markt. Inzwischen gibt es das Spiel in verschiedenen Versionen, auch online, als App für das Smartphone und sogar eine Weltmeisterschaft findet inzwischen regelmäßig statt. Ausgezeichnet mit diversen großen Preisen hat es sich viele Millionen Mal verkauft und ist immer noch sehr beliebt. Das Spiel ist eines, das bei Gelegenheitsspielern gut ankommt, aber auch auf richtig hohem Niveau gespielt werden kann. Ein Spiel für die breite Masse also, das auch heute noch gern aus dem Schrank geholt wird. Entstanden war die Idee im Frankreichurlaub. Klaus-Jürgen Wrede fuhr die Strecke des Kreuzzuges gegen die Katharer nach – ausgerüstet mit jeder Menge spannender Literatur. „Die Burgen und Dörfer, die Landschaft, die Geschichte an sich, das hat mich so gepackt, dass schnell die ersten Ideen für ein Spiel kamen.“ Zuhause setzte er sich hin und bemalte – damals noch mit Wasserfarben – kleine Plättchen mit Stadtmauern, Wegen und Wiesen. Ein knappes halbes Jahr dauerte es, bis das Spiel so weit war, dass er es Verlagen anbieten konnte. „Bei manchen Spielen kann es aber auch mal zwei oder drei Jahre dauern. Bei einem meiner Spiele habe ich die Fassungen durchnummeriert, um den Überblick zu behalten – am Ende waren es 270 verschiedene Versionen, die immer wieder verworfen wurden, bis ich zufrieden war.“ In dieser Zeit wird vor allem viel getestet – erst mit der Partnerin, dann mit engen Freunden und irgendwann dann auch auf Spieleveranstaltungen, um ein breitgestreutes Feedback zu bekommen.Ein Spiel auf den Markt zu bringen, ist heute ähnlich schwer wie ein Buch zu veröffentlichen. Über 1500 Neuheiten erschienen alleine im vergangenen Jahr auf der Spielemesse in Essen. „Vor zehn Jahren war es auf den Messen noch möglich, wenigstens jedes Spiel einmal anzuspielen, jetzt ist es unüberschaubar geworden“, stellt der Spielerfinder fest. Dachte man früher noch, dass die Computerspiele die Brettspiele irgendwann ablösen, ist man heute nicht mehr ganz so überzeugt davon. „Das läuft alles so ein bisschen parallel. Es ist eben noch einmal etwas ganz anderes, Mitspielern direkt gegenüber zu sitzen und Material anzufassen.“ Klaus-Jürgen Wrede spielt selbst auch gerne Videospiele, aber ein Brettspiel ist für ihn ein völlig anderes Erlebnis: „Brettspiele bringen Familien für eine Zeit zusammen, die sonst vielleicht noch nicht einmal mehr zusammen essen. Beim Spielen nimmt man sich ein wenig Zeit, die die Menschen wieder näher zusammenbringt. Gerade für Kinder ist das wichtig. Im Spiel lernen sie, sich an Regeln zu halten und sich fair gegenüber den Mitspielern zu verhalten. Dazu müssen sie ständig umdenken und sich an neue Situationen anpassen. Brettspiele können also auch für die Erziehung und die Entwicklung der Intelligenz wichtig sein – und machen dabei auch noch Spaß.“