Industriemuseum Gut Rödinghausen

Quelle: Stadt Menden/Schäckermann

Der Weg führt eine Allee hinunter, rechterhand flüstert die Hönne, aus der Parkanlage blinzeln Statuen durch das Buschwerk. Vor dem Reisenden tut sich ein Torbogen auf. Passiert er ihn, wird er auf einen großen Innenhof geführt und sein Blick fällt auf einen alten Adelshof: Gut Rödinghausen.

Das Gut Rödinghausen in Menden wurde 1807 zum Wohnsitz eines der bekanntesten Adelsgeschlechter Westfalens, der Freiherren von Dücker. Die innovativen von Dückers gelten heute als regionale Industriepioniere der Metallbranche. Caspar Ignaz von Dücker war Bauherr des klassizistischen Gut Rödinghausen, das von einem Landschaftsgarten im romantischen englischen Stil umgeben ist. Das direkt an der Hönne gelegene Herrenhaus wurde ganz westfälisch als Fachwerkbau errichtet, mit schlanken Fenstern und einem repräsentativen Portal. Allerdings ließ von Dücker das Fachwerk selbstbewusst in Rosa ausführen – eine stilistische Abgrenzung zu den anderen Adelssitzen der Region.

»Eine große, museale Chance für Menden«
Leiterin der Mendener Museen Jutta Törnig-Struck M.A.


Von 1807 zu 2007: Gut Rödinghausen wechselte exakt 200 Jahre nach dem Einzug der von Dückers den Besitzer. Das Herrenhaus hatte bis dahin viel erlebt. Es hatte Mieter kommen und gehen sehen, wie beispielsweise den Funktionär des Eishockeyclubs Deilinghofen ECD – die heutigen »Roosters« – Heinz Weifenbach. Oder Dichterin Annette von Droste-Hülshoff, die zu Besuch bei ihrer dückerschen Verwandtschaft im Herrenhaus verweilte. Die Glanzzeiten des Gutes waren jedoch vorbei, es lag vergessen hinter dem Torbogen. Dann erwarb es die Stadt Menden, erwirkte einen Denkmalschutz für die gesamte Anlage und präsentierte es 2020, nach einer fünfjährigen Renovierungsphase, der Öffentlichkeit als »Industriemuseum Gut Rödinghausen«.

Hier werden auf rund 220 Quadratmetren über 300 Jahre Mendener Industriegeschichte präsentiert, mit insgesamt über 1.000 Exponaten, viele davon als schwebende Objekte: Sie wurden wie schwerelos in filigrane Fachwerkvitrinen gehängt und visualisieren so den geradezu unerschöpflichen Erfindungsreichtum der heimischen Industriepioniere. Die Exponate zeigen anschaulich, wie sich im Laufe der Zeit Materialien, Herstellungsweisen und Produktdesign geändert haben. Für uns als Besucher aus dem Zeitalter der Massenproduktion zeigt sich hier beeindruckend die Entwicklung von Handwerk zur Industrie. Doch Gucken alleine macht nicht schlau und so kann der Besucher auch selbst aktiv werden. Es gibt Medienstationen mit 3D-Animationen, Hör- und Fühlstationen und »sprechende Portraits«. Eine Prägestation lädt aktiv zum Erstellen einer MarienfiMarienfigur auf Goldfolie ein. Zusätzliche Abwechslung im Ausstellungsbetrieb bieten die Sonderausstellungen. Die Leiterin der Mendener Museen, Jutta Törnig-Struck M.A., präsentiert und inszeniert die Schätze der Museumssammlung regelmäßig zu verschiedenen Themen und Epochen, wie »70er Jahre«, »Mode« oder »Kreuze und Portraits«. Zu den Sonderausstellungen tragen auch Mendener mit ihren Schätzen bei – sei es ein altes Waffeleisen oder der Oldtimer.

»Das Gut ist ein wichtiger Identifikationsfaktor«

Das Herrenhaus und die großzügige Parkanlage bieten mit ihrem besonderen Ambiente jedoch Potential für viel mehr als allein die historische Rückschau. Und so finden mit dem KunstFest PASSAGEN jedes Jahr über den Zeitraum von zwei Wochen unterschiedliche Kunstformen auf Gut Rödinghausen zusammen: Musiktheater, Schauspiel, Tanz, Installationen, Ausstellungen und Konzerte. Draußen wie Drinnen. Caspar Ignaz von Dücker war zwar nicht als Kunstkenner bekannt. Aber das mit diesem Konzept die deutliche Abgrenzung verschiedener Genres überwunden werden soll, hätte dem exzellenten Netzwerker sicher gefallen. Denn das KunstFest PASSAGEN steht für die Bewegungen und Strömungen, für Initiativen, Ereignisse und Veränderungen, die diese Region in den vergangenen 250 Jahren gekennzeichnet haben.

»Überregionaler Besuchermagnet für alle Generationen«

Auch wechselnde, moderne Kunstausstellungen lassen Gut Rödinghausen zusätzlich zu einem attraktiven und zeitgemäßen Kultur- und Ausflugsort werden. Die Preisträgerinnen und Preisträger des Märkischen Kulturstipendiums im Bereich Bildende Kunst präsentieren hier ebenfalls ihre Arbeiten. Es gibt Taschenlampenführungen für Kinder, im historischen Kaminsaal finden Konzerte und Lesungen statt und wer nach all dem nun eine kleine Pause sucht, findet sie in der Cafeteria bei Kaffee, Tee und Schokolade, mit Blick und Zugang in den Park. Wer sich traut, kann übrigens genau dies auch auf Gut Rödinghausen: Der ehrwürdige Kaminsaal steht für Trauungen in außergewöhnlichem Ambiente zur Verfügung.

Auf der Route der Industriekultur Südwestfalen des Vereins WasserEisenLand e.V. stellt Gut Rödinghausen als technisches Kulturdenkmal einen wichtigen Ankerpunkt dar. Der Visionär Caspar Ignaz von Dücker wäre heute sicher beeindruckt – und zufrieden mit der innovativen Entwicklung seines Gutes vom Herrenhaus zum Industriemuseum.

Quelle: Industriemuseum Menden

Gut Rödinghausen, Fischkuhle 15, Menden. Mi & Do 9 – 17 Uhr, Sa & So 10 – 18 Uhr, feiertags geschlossen