In alten Farben und neuem Glanz

Die Madonnafigur aus dem 14. Jahrhundert in Dormecke

Ein uralter Schatz verbirgt sich in Dormecke, einem kleinen, idyllisch gelegenen Dorf mit 29 Einwohnern in der Gemeinde Eslohe. In der Dorfkapelle St. Antonius Eremit aus dem 17. Jahrhundert steht eine thronende Madonna, vermutlich aus dem ersten Viertel des 14. Jahrhunderts. Sie ist das Herzstück des kleinen Kirchengebäudes. Aus Holz geschnitzt, überblickt sie mittig im Altaraufsatz sitzend den Kapellenraum. Auf dem linken Knie hält sie das Jesuskind und mit der rechten Hand ein lilienförmiges Zepter. Der Gottessohn greift mit der linken Hand nach einem Vogel. Im Laufe der Jahrhunderte wurde die Muttergottes immer wieder der Mode entsprechend farblich neugestaltet und sogar verschmälert, indem eine Scheibe im hinteren Bereich abgeschnitten wurde.

Im Jahr 1973 wurden alle Farbschichten entfernt. In dieser Zeit war die Kirche der Meinung, das Innenleben der Kirchen müsse schlichter gestaltet werden. Holzfiguren sollten farblos, holzsichtig sein. Den Dormeckern gefiel ihre einheitlich holzfarbene Gottesmutter aber nicht. „Die Madonna hatte ihre Ausstrahlung verloren. Die Gesichtskonturen und besonderen Details, wie der Stieglitz auf der Hand Jesu, gingen optisch unter“, erklärte Marita Cremer, die gegenüber der Kapelle wohnt und die Interessengemeinschaft vertritt. Im Jahr 2011 beschlossen die Dormecker, dass ihre Madonna farblich neu gefasst werden sollte. Gewonnen hatten sie für diese Aufgabe Diplom-Restauratorin Gisela Tilly M.A. aus Paderborn. Seit 2013 steht die Muttergottes im neuen Gewand in der Kapelle. „Frau Tilly war sehr angetan von unserer alten Heiligenfigur und überrascht, dass so etwas Wertvolles in einem kleinen Dorf im Sauerland steht. Sie hat die Madonna nach eigens recherchierten Vorlagen aus der Ursprungszeit aufwendig farblich neu gestaltet. Bilder, wie unsere Madonna in ihrer ersten Fassung aussah, gibt es ja nicht. Das Ergebnis ist für uns perfekt geworden. Eine Besonderheit: Sie schaut die Kapellenbesucher an, aber zugleich himmelwärts, und wenn man links oder rechts neben ihr steht, hat man trotzdem den Eindruck, sie könne einen wahrnehmen. Laut Frau Tilly war es besonders schwierig, die Augen so darzustellen.“ Ein weiteres Spezifikum ist der Stieglitz, der auf der Hand Jesu sitzt. Der Hintergrund: Ein Stieglitz brütet typischerweise im Dornenbusch. Er verweist somit auf das Sterben Jesu mit der Dornenkrone.

Neben der Madonna ist der Altaraufsatz mit den Seitenflügeln sehr sehenswert. Er stammt aus dem 16. Jahrhundert und beeindruckt mit filigranen Arbeiten, die typisch für den Stil der Renaissance sind. Der Mittelteil wurde vor dem Holzwurm gerettet und die Flügel wurden aufwendig restauriert. „Die Altarflügel standen lange Zeit gar nicht in der Kapelle, weil sie teilweise faul waren, aber selbst diese konnten gerettet und restauriert werden. Sie zeigen jetzt die ursprünglichen, unter Farbschichten wiederentdeckten Motive: das Herz Jesu mit Marterwerkzeugen und einen Kelch mit Hostie. Mehrere Restauratorinnen haben in unserer Kapelle ganze Arbeit geleistet.“ Die Gottesmutter wird von barocken Skulpturen der Heiligen Margarethe und des Heiligen Antonius Eremit aus dem 18. Jahrhundert flankiert. Heiligenfiguren des Jakobus und Petrus zieren zudem links und rechts auf kleinen Holzsockeln die Seitenwände.

Das sakrale Inventar stand nicht immer im Ort. Die Dormecker erhielten 1730 für ihre St. Antonius-Kapelle den Altar aus der Kirche in Schliprüthen mit fünf Skulpturen, inklusive der besonderen Madonna, weil die dortige Kirche mit einem Barockaltar neu gestaltet wurde. Das jetzige Gebäude der Kapelle in Dormecke ist längst nicht so alt wie die Innenausstattung. Die ersten Erwähnungen der Kapelle stammen zwar aus dem Jahr 1303, aber 1975 wurde sie aufgrund von Feuchtigkeit und Fäulnis bis auf die Grundmauern abgerissen und nach altem Vorbild neugebaut. „Die Kapelle und das Inventar gehören dem Ort. Wir konnten die Kapelle als besonderes Kulturgut nur erhalten, weil wir viel durch Eigenleistung geschafft haben“, so Marita Cremer, stolz über das Engagement der Dorfbewohner.