Im Sturzflug den Poppenberg hinunter

Quelle: Willi Kampf / Lizenzinhaber: SteveK, CC BY-SA 4.0 , via Wikimedia Commons

In Brilon flogen früher Skispringer durch die Lüfte 

Der Wintersport gehört ungefähr genauso zum Sauerland wie seine 1000 Berge. Denkt man an Skispringen sieht man direkt die Schanzen in Winterberg oder Willingen vor sich. Dass in früheren Zeiten aber auch in Brilon Menschen auf Skiern durch die Luft flogen, daran erinnern sich nur noch Wenige. 

Das Skilaufen nahm vermutlich 1889 seinen Anfang im Sauerland, zunächst nur als Langlauf und zur reinen Fortbewegung, dann kamen das Alpine Skilaufen und das Skispringen hinzu. Eine Vorreiterrolle hatte dabei wohl Winterberg, das prädestiniert für den Wintersport war. Aber auch in Brilon tat sich etwas: 1910 wurde gemeinsam mit dem Skiclub Willingen auch der Skiclub Brilon gegründet. Immer mehr Sportler zog es damals zum Hellhohl, dessen Gelände beste Voraussetzungen zum Skispringen bot. 

Nachdem zunächst zwei Naturschanzen genutzt wurden, erbaute der Skiclub im Jahr 1933 eine richtige Sprungschanze. Um gleichzeitig etwas für den Tourismus zu tun, wurde ein Aussichtsturm gebaut, auf dessen halber Höhe der Anlauf für die Skispringer montiert wurde. Die besten Springer aus der Umgebung und sogar finnische Studierende, die im Sauerland zu Gast waren, ließen es sich nicht nehmen, die Schanze zu testen. 

Nach Ende des Zweiten Weltkrieges war der Turm jedoch baufällig und wurde nicht wieder aufgebaut. Erst mit der Errichtung eines vereinseigenen Skiliftes Anfang der 60er Jahre wurde ein dritter Schanzenneubau geplant. Das Skispringen erlebte noch einmal einen Aufschwung. Seit dreißig Jahren liegt die Schanze jedoch brach – nicht zuletzt aufgrund des sich verändernden Klimas. 

Eine Holzskulptur namens Severin 

Hildegard Schneider erinnert sich noch gut an die letzte Skischanze, von der heute nur noch ein paar Überreste zu sehen sind. Die geborene Brilonerin half als kleines Mädchen beim Aufbau: „Obwohl ich früher selbst nie springen durfte, weil ich ein Mädchen war, habe ich auch noch immer eine Verbindung zu dieser Schanze.“ Heute geht sie regelmäßig auf dem Poppenberg joggen und nicht nur einmal wurde sie darauf angesprochen, was es denn mit den verfallenen Mauerresten auf sich hat. „Ich fand, das hier Aufklärung nötig war und so kam ich auf die Idee, eine Skulptur aufstellen zu lassen, die an die Vergangenheit dieses Ortes erinnern sollte.“ Im Namen des Skiclubs bemühte sie sich um Fördergelder aus einem LEADER-Projekt, bekam diese und beauftragte den Züschener Bildhauer Georg Steden, der Holzskulpturen herstellte. Es sollte ein hockender Skispringer nach kurz vor dem Absprung werden, damit der ursprüngliche Zweck der Anlage leicht erkennbar war. Das Ganze nacheinem Entwurf von Gerd Schlecking.  Gleichzeitig war er eine schöne Ergänzung für den Landschaftstherapeutischen Weg, der seit 2016 durch das Tal führt. 

„Severin“, so taufte Hildegard Schneider den Skispringer im roten und blauen Skianzug und besuchte ihn von nun an regelmäßig auf ihren Touren. Doch an Pfingsten dieses Jahres machte sie eine traurige Entdeckung: Die Skulptur war Opfer von Vandalismus geworden und teilweise zerstört. „Ich streichelte Severin über den Kopf und versprach, alles zu tun, um ihm zu helfen.“ Der Künstler kam noch am selben Tag vorbei und schaute sich den unglücklichen Skispringer an. Nach einigen Reparaturarbeiten und einem neuen Anstrich steht „Severin“ nun wieder an Ort und Stelle und freut sich über viele freundliche Besucher. 

von Sonja Nürnberger