
Sauerland Seelenort Hengböhl bei Willingen-Usseln
„Das Labyrinth des Lebens“ hat Renate Hill eine von ihr geschaffene Steinlegung genannt. Sie sagt: „Mit dem Labyrinth ist es wie mit dem Leben: Man geht an einer Stelle hinein und kommt an einer ganz anderen heraus, als man gedacht hat.“ Renate Hill ist ausgebildete Geopark-Führerin und Erzählpatin für alle Sauerland Seelenorte in der Region Willingen. Sie gehört zu einer Gruppe, die den Steinbruch Hengböhl von einer wilden Müllkippe in ein Kleinod verwandelt hat.
In dem ehemaligen Steinbruch wurden Steine für die Keller von Usseln gebrochen. Die ältesten Häuser des Ortes stehen heute noch auf diesen Kellern. Die Felswände stecken voller Spuren des Lebens von vor mehr als 372 Millionen Jahren. Damals kam es zum sogenannten Kellwasser-Ereignis. Im Erdzeitalter „Oberes Devon“ starben plötzlich drei Viertel aller Arten auf der Erde aus. Das Klima und vor allem die chemische Zusammensetzung der Ozeane hatten sich innerhalb kürzester Zeit verändert. Der Auslöser dafür ist nicht bekannt. Die Theorien reichen von Meteoriteneinschlägen bis zu einer erdnahen Supernova, einer Sternenexplosion. Damals war das Upland der Grund eines Ozeans und die Überreste der ausgestorbenen Arten sind in Versteinerungen bis heute erhalten geblieben. Jeder Besucher kann sie dort finden, aber Achtung: Der Steinbruch ist ein Naturdenkmal. Es ist verboten, Versteinerungen mitzunehmen.
Natürlich finden sich auch Versteinerungen von Tierarten, die das große Sterben im Devon überlebt haben, z.B. den Ostrakoden, kleine Muschelkrebse, die bis heute als Art überdauert haben. Sie gehören zu den vermutlich am längsten existierenden Arten in der Erdgeschichte. Die Wissenschaftler gehen davon aus, dass sie auch das Zeitalter der Menschen um viele Millionen Jahre überleben werden. Die Seelenort-Stele am Eingang zum Steinbruch regt dazu an, in der Konfrontation mit solch einer alten, langlebigen Art nicht nur über die eigene Sterblichkeit, sondern über die Sterblichkeit unserer ganzen Gattung nachzudenken.
Von einem Wanderparkplatz an der Straße von Usseln nach Düdinghausen aus erreicht man den Seelenort Hengböhl bequem in zehn bis 15 Minuten Fußweg. Unterwegs bietet sich ein schöner Ausblick auf einen anderen Sauerland Seelenort: den Osterkopf auf der anderen Talseite. Vorbei an geologischen Infotafeln gelangt man zum Labyrinth des Lebens.



