Im Kurfürstlichen Thiergarten

Im Jahr 1653 ließ der Kölner Kurfürst Maximilian Heinrich von Bayern ein 250 Hektar großes Areal in der Umgebung des heutigen Arnsberger Ortsteils Obereimer einfrieden. Er und seine Nachfolger nutzten dieses Gebiet als „Thiergarten“, um dort Wild zu hegen, zu beobachten und zu jagen. Seit Juni 2011 erschließt ein über zwölf Kilometer langer, abwechslungsreicher Wanderweg zahlreiche Spuren von fast einem Jahrtausend menschlichen Tuns sowie etliche Naturdenkmäler. Zu erwähnen sind die Ruine einer alten Burganlage, die sich zurzeit als eine der bedeutendsten in Westfalen entpuppt, Zeugnisse mittelalterlichen Erzabbaus, eine Köhlerei mit den dazu notwendigen Transportwegen, Ackerterrassen, Wegebau und Wassersysteme zur Fischzucht, dazu Hinterlassenschaften aus dem Zweiten Weltkrieg. Dies und mehr ist an über 40 Stationen im Gelände markiert, in einer ausführlichen Wanderführer-Broschüre beschrieben und auch vor Ort über QR-Code und Smartphone abrufbar.

Der Wanderweg führt durch eine zu allen Jahreszeiten sehr abwechslungsreiche Natur mit vorwiegend Laubbäumen, von denen einige fast 400 Jahre alt sind. Er beginnt an der Arnsberger Jägerbrücke. Ein Stück an der Ruhr entlang durch das Eisenbahnviadukt kommt man zum 400 Jahre alten Rittergut Obereimer und weiter in die Wälder der Herbreme. Dort erkennt man Bodenformationen, die auf uralte Transport-Hohlwege einerseits und künstlich angelegte Fischteiche mit Wassersystemen andererseits hinweisen. In einer Naturwaldzelle überlässt man es dem Wald selbst, sich zu entwickeln. Ein Abstecher führt zu einer etwa 400 Jahre alten mächtigen Eiche und zum Bodendenkmal einer sogenannten Schwedenschanze, die wohl aus dem Dreißigjährigen Krieg stammt.

Zurück auf dem Rundwanderweg steigt man den Teufelssiepen hoch, ein teilweise steil ansteigendes, romantisches Bachtal, in dem vor rund 100 Jahren Förster mehrere Teiche angelegt haben. Ein Stück weiter wurde ein Kohlenmeiler mit Köhlerhütte anschaulich rekonstruiert, um auf die hier vor etwa 150 Jahren betriebene Köhlerei zur Verhüttung der in der Nähe abgebauten Eisenerze hinzuweisen. Auf dem Weg dahin hat man einen durch künstliche Aufschüttung entstandenen Hügel passiert, den Tempelberg, der den Kurfürsten und ihren Jagdgesellschaften zur Beobachtung des Wildes und zur bequemen Jagd diente. Ein Stück weiter wurde die damalige Thiergarten-Einzäunung mit geflochtenen Weidenruten und Staketenzaun rekonstruiert.

Der gekennzeichnete Weg führt nun ein wild-romantisches Tal hinab, das Dichtertal, das seinen Namen von zwei riesigen, etwa 350 Jahre alten Bäumen erhält: von der Goetheeiche und der Schillerbuche. Letztere hat 2007 der Sturm Kyrill zu Boden geworfen. Nach Überquerung der Landstraße nach Wennigloh schweift der Blick ins landschaftlich schöne Seufzertal, in dem im Mittelalter die Pestkranken verbannt wurden.

Es geht wieder bergauf, an Hinweisen auf früheren Abbau von Erz und seinen Transportwegen vorbei zur Kreuzkapelle. Von hier aus hat man einen atemberaubenden Ausblick auf die ganze Stadt Arnsberg. Der Weg führt weiter, wieder in den Wald hinein zu einem historischen Highlight der Thiergarten-Route: zu Resten der Grundmauern der mittelalterlichen Rüdenburg, die noch viele Geheimnisse ihrer 1.000-jährigen Geschichte bewahrt. Von hier aus genießt man einen herrlichen Ausblick auf den jenseits der Ruhr liegenden Arnsberger Schlossberg mit den Grundmauern der einstigen kurfürstlichen Residenz. Die letzte Etappe der Wanderung bildet der Abstieg über den Kreuzweg mit seinen steinernen Passionsmalen zurück zur Jägerbrücke. Auf den gut zwölf Kilometern vermittelt der Rundgang erstaunlich viele und vor allem höchst unterschiedliche Einblicke in die Regionalgeschichte. So wird Geschichte wahrhaftig lebendig.

Infos: Die gut zwölf Kilometer lange kulturhistorische Wanderroute durch den Kurfürstlichen Thiergarten wurde im Juni 2011 eröffnet. Sie ist auch in Etappen begehbar. Startpunkt ist an der Wennigloher Straße an der Jägerbrücke (Parkmöglichkeit). Der Weg ist durchgehend markiert mit dem Thiergarten-Logo (weißer Hirsch vor grünen Bäumen). 41 gekennzeichnete Erlebnisstationen halten für den Wanderer Kurzinformationen über QR-Code und Smartphone bereit.