„Im Handwerk kommt man aus dem Staunen nicht heraus“

Meinolf Niemand: Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer mit viel Herzblut 

„Mich erfüllt es mit Stolz rund 12.000 Betriebe vertreten zu dürfen.“ Meinolf Niemand ist Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Südwestfalen mit 150 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und das aus „voller Überzeugung und mit viel Herzblut“. Das Handwerk in der Region fasziniert den Juristen aus Neheim-Bergheim, weil es „leistungsstark, innovativ und sympathisch ist“. Als große Herausforderungen der kommenden Jahre sieht Niemand den Fachkräftemangel, den Bürokratieabbau, die Digitalisierung sowie die „brandaktuelle“ Nachfolge-Problematik der Betriebe.  

Niemand ist seit 2008 Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Südwestfalen, einer von 53 Kammern in Deutschland. Zuvor war der Jurist mit dem zweiten Staatsexamen beruflich „im Verbändewesen“ in Frankfurt, Düren und Köln unterwegs. Sein Einstieg ins Handwerk erfolgte 1990, als er in Düren beim Bundesverband Rollladen + Sonnenschutz gearbeitet hat: „In dieser Zeit habe ich mein Herz fürs Handwerk entdeckt und erfahren, wie spannend Handwerk sein kann. Im Handwerk kommt man aus dem Staunen nicht heraus.“  

Nach einigen Jahren Großstadt führte ihn der Weg 1995 zur Handwerkskammer nach Arnsberg, „genau das Richtige“, wie der Vater von drei Kindern voller Überzeugung betont: „Die Natur, der Zusammenhalt, keine Anonymität. Hier ist was los.“ 2008 wurde Niemand zum Hauptgeschäftsführer und damit zum Nachfolger von Wolfgang Boecker gewählt. Konsequent setzte Niemand den erfolgreich eingeschlagenen Weg der Handwerkskammer zu einem hochmodernen Dienstleister und zu einem wichtigen „Player“ in der Region fort. Interessenvertretung, Sprachrohr der Betriebe, Führen der Handwerksrolle, Beratung und berufliche Bildung sind wichtige Aufgaben der Kammer. Das Berufsbildungszentrum im Alten Feld in Arnsberg ist eine Vorzeigeeinrichtung mit u. a. 14 Meisterkursen. Wichtig für Niemand ist auch das Bekenntnis zur Region. Seit 2007 lautet der Name Handwerkskammer Südwestfalen und nicht mehr Handwerkskammer Arnsberg. „Wir engagieren uns im Regionale-Prozess“, so Niemand. War es zunächst die Regionale 2013, so ist die Kammer auch bei der Regionale 2025, in der es vor allem um Digitalisierung geht, vertreten. 

Die Digitalisierung sieht Niemand als eine der großen Herausforderungen fürs Handwerk. Das gilt auch und besonders für den Fachkräftemangel. „Wir sind hier sehr aktiv. Früher hatten wir drei Ausbildungsberater. Jetzt kümmern sich zehn Personen im Team Fachkräftesicherung um dieses Thema. Es geht darum, Auszubildende zu finden und Mitarbeiter zu binden.“ Im Rahmen des Regionalmarketings wird zudem für Facharbeiter geworben. Dabei setzt die Kammer auch auf Rückkehrer in die Region. Als weiteren Schwerpunkt nennt der 62-Jährige den Bürokratieabbau fürs Handwerk. „Auf der anderen Seite ist es aber gut, dass es in Corona-Zeiten gut funktionierende bürokratische Strukturen gibt. Unser Kontakt zur Politik ist hervorragend.“ Als „brandaktuell“ bezeichnet Niemand die Nachfolgeproblematik der Betriebe, in der Regel Familienunternehmen. In den nächsten zehn Jahren müssen rund 3.000 Betriebe, also ein Viertel, die Nachfolge finden: Wer leitet künftig die Betriebe? 

Niemand: „Der Meisterbrief ist ein Qualitätssiegel“ 

Mit Nachdruck hat sich Niemand für die Meisterpflicht, die 2004 in 53 Gewerken abgeschafft worden war, um mehr Wettbewerb und Unternehmensgründungen zu ermöglichen, eingesetzt. „Damals haben sich viele Goldgräber auf den Weg gemacht“, so Niemand. 2018 wurde vom Gesetzgeber im Rahmen der „Rückvermeisterung“ über ein Dutzend Gewerke wieder in die Meisterplicht zurückgeholt, darunter der Fliesen-, Platten- und Mosaikleger. Niemand saß bei den Verhandlungen in der Planungsgruppe der Spitzenverbände. „Der Meisterbrief ist ein Qualitätssiegel. Wir haben aber auch eine Reihe guter Betriebe, die ohne Meister sind, die aber den Nachweis meisterähnlicher Qualifikation erbracht haben.“ 

Als „hervorragend und vorbildlich“ bezeichnet Niemand die Zusammenarbeit zwischen Haupt- und Ehrenamt bei der Handwerkskammer. An der Spitze steht der Handwerkskammerpräsident, der sein Amt ehrenamtlich ausführt. Seit einem Jahr ist das Jochen Renfordt, ein Maler- und Lackierermeister aus Iserlohn, der Willy Hesse aus Arnsberg abgelöst hat. Hesse war 20 Jahre Präsident.  

Großen Wert legt Niemand auch auf die Pflege der Partnerschaft mit den beiden französischen Handwerkskammern Annecy und Chambéry, die seit rund 50 Jahren besteht. Wichtig dabei ist der regelmäßige Lehrlingsaustausch, der auch ein Beitrag zur deutsch-französischen Freundschaft ist. Eine „Herzensangelegenheit“ ist Niemand auch sein Engagement im Verein „Skylls for Kenya“, der junge Menschen in Kenia unterstützt und ihnen u. a. eine handwerkliche Ausbildung ermöglicht. Dabei geht es besonders um Kinder aus dem Waisenhaus Mji Wa Salamba in der Nähe von Mombasa. „Es ist eine sinnvolle Hilfe. Wir müssen den Menschen vor Ort eine Perspektive bieten.“  Der Verein wurde auf Initiative der Familien Severin Schulte aus Sundern ins Leben gerufen. Niemand ist eines der Gründungsmitglieder. 

Handwerkszeichen in Gold 

Niemand, der zusätzlich zum Hauptamt eine Reihe Ehrenämter und Mandate innehat, wie seine Mitgliedschaft im Vorstand des Vereins „Wirtschaft für Südwestfalen“ oder als Vorsitzender des „Vereins zur Reintegration in den Arbeitsmarkt Arnsberg“, erhielt im Juli 2019 die höchste Auszeichnung, die es im Handwerk gibt. Der Generalsekretär des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks, Holger Schwannecke, verlieh ihm das Handwerkszeichen in Gold. Schwannecke lobte dabei das „vielfältige und langjährige besondere Engagement für das Qualitätssiegel Meisterbrief“ sowie Niemands Verlässlichkeit und Loyalität. „Du verbindest Humor mit klaren Ansagen und sauerländischem Charme“, so Schwannecke in der Laudatio.