Fünf Fragen auf der WOLL-Bank
Diesmal hat auf unserer WOLL-Bank jemand Platz genommen, der sich in seinem Berufsleben und danach unter anderem mit der Frage einer älter werdenden Gesellschaft beschäftigt hat. Dr. Eugen Engels war viele Jahre praktizierender Arzt in Eslohe, engagiert sich als Mitglied in verschiedenen medizinischen und sozialen Verbänden und war Mitinitiator des Begegnungszentrums CariBIC in Eslohe.
WOLL: Herr Dr. Engels, Sie waren nicht nur als Mediziner aktiv, Sie haben auch Bücher geschrieben. Eines beschäftigt sich mit dem Alter. Der Titel lautet „Jetzt werde ich alt“. Ab wann ist man denn alt und wie ordnen Sie sich da selbst ein?
Dr. Eugen Engels: Tatsächlich gibt es eine Definition der Weltgesundheitsorganisation (WHO). Danach gelten Menschen im Alter von 60 bis 75 als „junge Alte“, Menschen von 75 bis 89 als „Alte“ und Menschen ab einem Alter von 90 Jahren als „Hochbetagte“. Aber natürlich ist diese Frage individuell betrachtet schwer zu beantworten. Meine Mutter pflegte zu sagen: „Man ist so alt, wie man sich fühlt.“ Das trifft es eigentlich ganz gut. Was mich selbst angeht, gehöre ich mit meinen 77 Jahren nach WHO wohl zur Gruppe der Alten. Wegen meines recht ausgefüllten Tagesablaufs sieht das meine Familie charmanterweise aber etwas anders. Mein Schwiegersohn meinte letztens: „Wir sprechen noch mal in fünf Jahren darüber!“
WOLL: Was sollte man Ihrer Meinung nach auf jeden Fall tun und was sollte man lassen, wenn man älter wird?
Dr. Eugen Engels: Grundsätzlich sollten wir damit aufhören, Altwerden ausschließlich mit Defiziten zu verbinden. Nur weil man ein gewisses Alter erreicht hat, heißt das ja nicht, dass man nicht mehr aktiv sein kann. Als älterer Mensch darf man sich auf die Dinge konzentrieren, die einem Spaß machen. Für die einen sind das vielleicht Musik oder andere Hobbys, für die anderen, sich gesellschaftlich einzubringen. Ganz wichtig ist eine feste Tagesstruktur. Daraus resultiert auch das, was man nicht machen sollte: Es sollte keine Langeweile aufkommen.
WOLL: Sie engagieren sich sehr für die Organisation „Cari-BIC“. Worum geht es dabei?
Dr. Eugen Engels: Der Name CariBIC steht für Caritas Beratungs- und Informationscenter. Grundsätzlich geht es darum, das Miteinander der Generationen zu fördern. Durch Gelder der Fernsehlotterie ist es möglich geworden, kompetentes Personal einzustellen, das sich darum kümmert. Viel Positives konnte so schon realisiert werden: zum Beispiel die Notfalldose, das Café Plus, E-Bike-Kurse, Leihomas, Sammeltaxis, um nur einige Schlagworte zu nennen. Geplant ist ein Projekt mit den Schulen „Junge lehren Alte“, wo es darum geht, dass Schüler den Senioren eine Einführung in den Umgang mit neuen Medien geben.
WOLL: Glauben Sie, dass Senioren auf dem Land – aufgrund der schwächeren Infrastruktur – schlechter gestellt sind als in der Stadt?
Dr. Eugen Engels: Das glaube ich nicht. Eslohe hat ja kürzlich in einer Umfrage den zweiten Platz in Bezug auf Lebenswertigkeit erreicht. Wir haben hier Einkaufsmöglichkeiten, genügend Ärzte und leben inmitten herrlicher Natur. Man kennt sich und kümmert sich auch umeinander. In Städten ist vielleicht die Mobilität besser, aber dort ist vor allen Dingen die Anonymität ein großes Problem.
WOLL: Nun doch noch eine Frage an Sie als Mediziner zu Corona: Wenn wir irgendwann auf die Krise zurückblicken, woran werden Sie denken?
Dr. Eugen Engels: Als Bild wird mir sicherlich das Online-Konzert des Serbischen Nationalorchesters in Erinnerung bleiben. Die Musiker waren mit ihren Instrumenten in ihren Privaträumen zu sehen. In der Mitte das Bild des Orchesterleiters. Er dirigierte aus dem Flur seiner Wohnung. Eine kreative Lösung, wie ich finde. Außerdem sind mir die Bilder der applaudierenden Leute präsent, die für diejenigen klatschten, die jeden Tag ihre Arbeitskraft in Krankenhäusern und Altenheimen einbringen. Dafür dass diese Menschen Anerkennung erfahren, habe ich mich schon während meiner Berufslaufbahn als Arzt und als Vorstandsmitglied der Akademie für ärztliche Fortbildung eingesetzt. Wir in Deutschland haben bisher Glück
gehabt. Die Entwicklung in manchen anderen Ländern sollte für uns eine Warnung sein. Es gilt mehr denn je, dem Trend zur Kommerzialisierung der Krankenhäuser entgegenzusteuern. Insgesamt wird meiner Meinung nach die Krise in Deutschland gut gemanagt. Wir sollten nicht jammern und Besserwisser-Thesen verbreiten.
WOLL: Vielen Dank, Herr Dr. Engels, für das Interview.