Im Gespräch mit Anita und Ralf Eichmann

Fünf Fragen auf der WOLL-Bank an der Lenne in Schmallenberg

Anita, gebürtig aus der Nähe von Weiden, und Ralf Eichmann aus Augsburg. Eigentlich wollten sie mit ihren drei Kindern in Bayern bleiben, aber dort war damals keine alte Mühle zu kaufen. Am 19. April 2011, vor mehr als 10 Jahren, ist die Familie von Bayern in die alte, ehemalige Mühle der Familie Göddecke umgezogen, Unterm Huckelberg an der Lenne in Schmallenberg.

WOLL: Warum sind Sie von Bayern ins Sauerland, nach Schmallenberg, gezogen?
Anita Eichmann:
Als wir heirateten, erzählten wir uns von unseren Wünschen. Ralf war viel mit Technik und der Umwelt beschäftigt und wollte als Maschinenbautechniker immer gerne Strom produzieren. Oben auf meinem Wunschzettel stand ein eigenes Café, um Menschen zu verwöhnen, in einem alten Bauernhof oder in einer Mühle. Für uns war eine Mühle die Kombination unserer beiden Träume: ein Café eröffnen und regenerativen Strom produzieren. Aber nach 15 Jahren Ehe wohnten wir in einem neuen Haus bei Augsburg, Ralf hatte sich mit einem Konstruktionsbüro mit rund 30 Angestellten selbstständig gemacht und ich hatte noch kein eigenes Café. Das wollten wir ändern! Ralf verkaufte seine Firma und wir haben deutschlandweit nach einer alten Mühle gesucht. Heutzutage sucht man im Internet und dort wurden wir fündig. Die Göddecke-Mühle in Schmallenberg war zu kaufen.

WOLL: Wie ging es dann weiter?
Ralf Eichmann:
Nach zwei Besuchen in Schmallenberg und Gesprächen mit dem ehemaligen Eigentümer, einem Philosophen, der viel über das Potential der Mühle philosophiert hatte, haben wir die Mühle gekauft. Wir sind am 19. April 2011 umgezogen. Dann war die große Renovierung dieser alten Getreidemühle angesagt, oben angefangen mit unserer eigenen Wohnung. Von 2012 bis Ende 2014 haben wir uns um die Genehmigung und den Bau des Wasserrades gekümmert. Hier gab es viele Hürden mit den Behörden zu bewältigen. Nach Umbau des unteren Stockwerkes konnte das Café am 2. Juli 2015 eröffnet werden. Es liegt wunderschön an der Lenne und bietet unseren Gästen Ruhe und einen besonderen Blick auf Schmallenberg.

WOLL: Warum heißt es „Café Zeit am Wasserrad“ und was müssen die Besucher unbedingt mal sehen?
Anita Eichmann:
Früher war ich auf dem Bauernhof meiner Großmutter, umgeben von ihren alten Sachen. Begeistert von diesem Flair, fing ich selber an, diese Erinnerungen zu sammeln. Das ist in unserem Café zu sehen, fast wie ein kleines Museum. Auch bei unseren Gästen kommen manchmal die Erinnerungen an ihre eigene Kindheit hoch. Wenn die Gäste sich wegen unserer Dekorationen, Speisen und Getränke freuen, dann weiß ich, dass mein Traum in Schmallenberg Wirklichkeit geworden ist. Den Namen Café Zeit haben wir ganz bewusst gewählt. Café Zeit bedeutet erstens, sich wohlzufühlen in einer heimeligen Atmosphäre, umringt von Sachen aus der guten alten Zeit, und zweitens, sich Zeit zu nehmen, um Windbeutel, hausgemachten Kuchen oder andere Speisen sowie Kaffee und Getränke zu genießen.

WOLL: Welche Bedeutung hat das Wasserrad und warum haben Sie dafür einen Umweltpreis bekommen?
Ralf Eichmann:
Wir haben viel investiert, nicht nur in ein neues Wasserrad, auch das Wehr wurde modernisiert und eine Fischtreppe installiert. Durch Wasserrad und Obergraben können bis zu 3.000 Liter pro Sekunde fließen. Das Wasserrad war zu 100 % unsere eigene Initiative. Dafür brauchten wir 256 Bretter und fast 1.600 Schrauben plus den Eisenkern eines Wasserradbauers aus Bad Kissingen. Das Wasserrad kann bis zu 120.000 Kilowattstunden (kW) pro Jahr an Strom liefern. Wegen der Trockenheit der letzten Jahre waren es nur rund 68.000 kW. Für unseren Eigenbedarf brauchen wir 11.000 kW und den Rest speisen wir in das öffentliche Stromnetz, wie andere regenerative Energien aus Wind und Sonne auch. Und ja, es stimmt, dass wir dafür einen Preis von Westenergie und der Stadt Schmallenberg bekommen haben. Das finden wir toll, wir verstehen das als Anerkennung für unsere viele Arbeit.

WOLL: Sind sie nach all diesen Jahren gut angekommen in Schmallenberg?
Ralf:
Sicher, wir wohnen im Sauerland, da, wo anderen Urlaub machen. Wir genießen unsere Ausflüge. Mittlerweile haben wir hier auch gute Freunde gefunden.
Anita: Ich stelle fest, dass viele Gäste von weiter her kommen, die von unserer Mühle gehört haben. Das Café ist für viele ein Geheimtipp, auch Niederländer und Belgier sitzen hier gerne an der Lenne. Leute aus Schmallenberg und Umgebung bringen schon mal verschiedene alten Sachen mit, wie Geschirr, Tischwäsche oder alte Kaffeemühlen. Wir restaurieren diese Sachen und stellen sie bei uns aus. Ralf und ich sind froh, dass wir hier in Schmallenberg unsere Träume realisieren konnten, er als Stromproduzent und ich als Cafébesitzerin.