Im Gespräch mit Alfons Schauerte

Fünf Fragen auf der WOLL-Bank in Schmallenberg-Oberkirchen

Zusammen bringen sie mehr als 200 Jahre auf die WOLL-Bank, wenn man Hunde- in Menschenjahre umrechnet: Alfons Schauerte und sein Hundefreund Campino. Alfons, 1929 in Marxhagen bei Oberkirchen geboren, und Campino, der 16-jährige Parson Russell Terrier des Försters Michael Keuthen, sind nicht nur Nachbarn, sondern auch ein Herz und eine Seele, und Alfons Schauerte weiß viel zu erzählen: von einer besonderen Freundschaft und aus seinem langen Leben.

WOLL: Herr Schauerte, Ihre Freundschaft zu Campino ist durchaus außergewöhnlich. Was, würden Sie sagen, ist das Besondere daran?
Alfons Schauerte:
Schon als junger Hund ist Campino häufig und gerne zu mir gekommen, hat mich auf Wegen begleitet, war sehr zutraulich und ließ sich gerne von mir streicheln. Wir mochten uns einfach von Anfang an und haben bis heute ein besonderes Verhältnis. Campino ist früher als Treiberhund mit zur Jagd gegangen, doch mittlerweile sind wir beide alt und bewegen uns nicht mehr gerne.

WOLL: Diese Tierliebe rührt ja schon von Ihrer Kindheit her. Was sind Ihre Erinnerungen an das Aufwachsen in Marxhagen in den 30er und 40er Jahren?
Alfons Schauerte:
Marxhagen war ein alter Bauernhof in Alleinlage mit einem fantastischen Blick ins Tal Richtung Gut Vorwald, eine wirklich außergewöhnliche Wohnlage mit Feldern und Wiesen rund ums Haus. Mein Vater hatte sich als Schneider selbstständig gemacht, aber wir hatten auch Landwirtschaft für den Eigenbedarf, zwei Kühe, einige Schweine, und alle zwei Jahre haben wir ein Kalb großgezogen. Als Kinder haben wir die Tiere gehütet, im Wald recht nah beim Haus und am Fluss, dem nahe gelegenen Waldsiepen, in dem wir auch Forellen fangen konnten. Zur Schule gingen meine fünf Geschwister und ich eine Stunde zu Fuß nach Oberkirchen, fünf Kilometer, im Sommer wie im Winter. Bei Schnee kamen wir manchmal nur bis zur Waldkante oberhalb von Gut Vorwald, und wenn weiter kein Durchkommen war, kehrten wir einfach wieder nach Hause zurück. Sonntags ging es zu Fuß zwei Mal zur Kirche, morgens zur Messe, nachmittags zur Andacht – da war ich sechs Stunden unterwegs, und immer nur laufen, laufen, laufen …! Auch die Kriegszeiten waren hart. Als ich 16 Jahre alt war, ist unser Haus total zerstört worden. Es war eine solche Erbärmlichkeit überall! Da war es sehr viel wert, dass wir uns selber versorgen konnten, damit wir nicht hungern mussten.

WOLL: Welche Möglichkeiten hatten Sie für eine Ausbildung in den schwierigen Nachkriegsjahren?
Alfons Schauerte:
Zunächst habe ich bei meinem Vater das Schneiderhandwerk gelernt. Arbeit gab es genug, aber von dem Hungerlohn, den man dabei verdiente, konnte ich meine Familie nicht ernähren. Ein Freund schlug mir daraufhin vor, Taxi zu fahren. Mein Vater war zunächst strikt dagegen, das lohne sich nicht, aber 1963 habe ich mir dann doch ein Taxi gekauft. Und das Taxigeschäft lief gut! Die Sommerfrischler, so nannte man damals die Touristen, die in Nachkriegszeiten Urlaub machten, mussten ja hin- und hergefahren werden. Und langsam ging es überall wieder bergauf. Auch Schützenfeste feierte man wieder – ich war immer begeistert dabei! Außerdem spielte ich in meiner Freizeit im Tambourkorps Trommel, fast 25 Jahre lang. Wir traten beinahe überall hier in den Dörfern auf.

WOLL: Als Taxifahrer haben Sie den Wandel des Schmallenberger Sauerlands zu einer Ferien- und Tourismusregion hautnah miterlebt. Wie sehen Sie das heute?
Alfons Schauerte:
Die Gegend hier ist so sch.n: Grafschaft, Westfeld, Nordenau. Es ist klar, dass das auch viele Gäste erleben und hier Urlaub machen möchten, was für die Wirtschaft ja auch sehr gut so ist. Die Strukturen sind hier noch vollkommen in Ordnung. Oberkirchen ist ein funktionierendes Dorf, mit Vereinen, Handwerk, Tourismus – das passt gut zusammen und ergänzt sich!

WOLL: Sie haben in Ihrem Leben viele unterschiedliche Zeiten erlebt und wirken noch so fit mit Ihren 91 Jahren: Haben Sie ein Geheimrezept?
Alfons Schauerte:
Für mich war Laufen lange Zeit sehr wichtig. Das geht nun nicht mehr so. Aber ich habe das große Glück, dass mein Sohn und meine Schwiegertochter im Haus wohnen, ich immer gut esse und von meiner Familie versorgt werde. Und dann sitze ich gerne mit Campino auf der Bank vor unserem Haus auf der Sonnenseite in Oberkirchen!

WOLL: Herr Schauerte, haben Sie Dank für dieses interessante Gespräch! Wir wünschen Ihnen weiterhin gute Gesundheit sowie viele entspannte Stunden im Kreise Ihrer Lieben – und mit Campino!