Ostwiger Naturranger erforschen die heimische Natur
Mit Hilfe eines Lehrers gründet Bettina Kreutzmann im Alter von 13 Jahren ihren ersten Naturclub. 1998 wird dieser Teil der Heinz-Sielmann-Stiftung. Bettina Kreutzmann und Dennis Kettner, seit 2009 Co-Teamleiter, hatten sogar die Ehre, den berühmten Tierfilmer persönlich zu treffen. Das Projekt „Sielmanns Natur-Ranger – Wir tun was für Fledermäuse“ machte die Ostwiger Tierschützer im ganzen Land bekannt. Seit 2013 steht der Verein der Naturranger, kurz NaRa, auf eigenen Füßen.
Anfangs kam der Verein bei Familie Kreutzmann zusammen. „Aber mittlerweile haben wir 350 Mitglieder, die passen nicht mehr in unseren Keller“, erzählt Bettina Kreutzmann und lacht.
Seit drei Jahren haben die NaRas nun ein Grundstück im Alfert, Bestwig, gepachtet. „Ein echter Glücksgriff“, befindet die 39-Jährige. Das Anwesen bietet den Rangern viele Möglichkeiten, Lebensräume heimischer Tierarten zu erkunden. Ein Trampelpfad führt zum Wasser, wo unter anderem ein Eisvogel sein Revier hat. Auch eine Schleiereule schaut hin und wieder vorbei.
Chillen im Wald
Wer mutig ist und sich auf den Weg macht, wer die geheimen Pfade zwischen dichtem Gebüsch zu erkennen vermag und sich traut, das Geheimnis des Wäldchens zu erkunden, der kann hier die schönsten Schätze finden. Plätscherndes Wasser, Wind, der durch Äste streicht. Springbohnen, die darauf warten, aufgeploppt zu werden. Hier drei Hängematten, von denen aus man den seltenen Eisvogel beobachten kann. Und wer genau hinsieht, entdeckt vielleicht sogar das Wichteldorf…
Mit der Dämmerung kommen die Fledermäuse aus ihren Verstecken, flattern als schwarze Schatten über den Abendhimmel. Die perfekte Kulisse, um an einem Lagerfeuer zu sitzen und Stockbrot zu braten. Das große, beheizte Tipi bietet den Naturrangern auch im Winter die Möglichkeit, im Freien zu übernachten. Ein Paradies für Kinder – und Erwachsene. „Wir sind ein generationsübergreifender Verein“, erklärt die Rangerin. Sogar ein 70. Geburtstag wurde schon auf dem Vereinsgelände gefeiert. “Dabei haben wir das Geburtstagskind in einer Schubkarre überall herumgefahren.“
Vier „NaRa-Kids“-Gruppen treffen sich regelmäßig auf dem Gelände. Dann wird gespielt, getobt, gebastelt, gelernt, gechillt und die Welt entdeckt. „Ich finde es toll, dass man hier machen kann, was man will“, erzählt die achtjährige Zoe. Dabei sind die Kinder bei Wind und Wetter draußen, die Toilette befindet sich in einem kleinen, von Bäumen und Gebüsch umringten Häuschen ein Stück vom Tipi entfernt. Ist es nicht gruselig, da in der Dunkelheit allein hinzugehen? Zoe sagt: „Nö!“
Aufgeteilt nach Altersgruppen beschäftigen sich die NaRa-Kids mit den Themen Wald & Wiese, Vögel & Insekten, Schmetterlinge & Wildbienen und – natürlich verbunden mit einem Besuch im Erzbergwerk Ramsbeck – „Unter Tage“.
Von Spinnen und Invasoren
Dabei kommen auch ernste Themen wie bedrohte Gattungen, Lichtverschmutzung oder invasive Arten nicht zu kurz. „Wir haben hier zum Beispiel das Drüsige Springkraut (Springbohne) und den Staudenknöterich als invasive Pflanzenart und bei den Tieren das Nutria.“ Und tatsächlich können wir die aus Südamerika eingeschleppte Biberratte sogar dabei beobachten, wie sie sich ins Wasser platschen lässt und dann gemächlich von uns wegschwimmt. Kann man denn jungen Kindern schon erklären, wieso Naturschutz auch bedeutet, manche Pflanzen oder Tiere zu bekämpfen? „Natürlich! Man muss es ihnen nur behutsam erklären.“
Dem Team um Bettina Kreutzmann ist es wichtig, dass die Kinder ein Gespür für ihre Umwelt entwickeln. „Ich kann nur schützen, was ich kenne und liebe.“ Daher pflegt der Verein zahlreiche Kooperationen mit Kindergärten und Schulen und beizieht auch die Familien der Kinder mit ein.
Ob die Anlage eines Lehrpfades, ein gemeinsam Frühlingsleuchten, die Pflege des Geländes, die Untersuchung der Fischtreppe oder Kürbisse schnitzen: Bei den NaRas ist immer was los. Wie zum Beispiel, aus alten Dosen und den Stängeln des ungeliebten Knöterichs Insektenhotels zu basteln. Die Teamleiterin erklärt: „So lernen die Kinder, dass man auch aus etwas Schlechtem oft noch etwas Gutes und Nützliches machen kann.“
Besonders ist dem Team auch die Spinnensafari in Erinnerung geblieben. „Ich habe extra vorher nicht gesagt, was wir machen“, sagt Bettina Zimmermann und lacht. Für dieses besondere Erlebnis hatten die NaRas einen Spinnenexperten eingeladen. Nach anfänglichem Zögern entwickelten die Kinder schnell Freude daran, die Sechsbeiner zu fangen und ihre Art zu bestimmen, jegliche Berührungsängste waren schnell verschwunden.
Ausbildung zum Wildnispädagogen
Die NaRas bieten Personen ab 18 eine ganz besondere Weiterbildung an: Man kann sich dort zum Wildnispädagogen ausbilden lassen. Nach erfolgreichem Abschluss darf man dann seine eigene NaRa-Grupppe betreuen. Die Ausbildung erfolgte zum großen Teil online, beinhaltet aber auch eine viertägige Exkursion in ein Wildnisgebiet der Stiftung Naturlandschaften Brandenburg.
Und wovon träumt die Leiterin der Natur Ranger? „Von einem offenen Klassenzimmer. Das wäre toll!“