„Ich kann mir gar nicht mehr vorstellen, dass ich mal etwas anderes gemacht habe“

Interview mit Möhnesees Bürgermeisterin Maria Moritz 

Seit gut einem Jahr ist das Bürgermeisterbüro von Möhnesee der neue Arbeitsplatz von Maria Moritz. Einst der Arbeit wegen in die Gemeinde gekommen, hat sich die Münsterländerin schnell in die von Wasser und Wald geprägte Landschaft und ihre Bewohner verliebt. Im Interview spricht sie über ihre Motivation, sich in den Dienst der Gemeinde zu stellen, und über die Entwicklung des Tourismus am Möhnesee. 

Woll: Frau Moritz, was war Ihre bisher größte Herausforderung als Bürgermeisterin? 

Maria Moritz: Schwere Frage. Ich glaube, das Ankommen war für mich das Schwierigste. Es braucht seine Zeit zu verstehen, wie das Rathaus im Detail arbeitet. Wie die Strukturen hier sind. Wie zum Beispiel das Baurecht funktioniert. Das Ankommen war schon eine Herausforderung. Aber heute kann ich mir gar nicht mehr vorstellen, dass ich mal etwas anderes gemacht habe – so viel Spaß macht mir die Arbeit. Vor allem auch im Austausch mit den Bürgern. 

Welches Thema liegt den Bürgern am meisten auf dem Herzen? 

Es gibt viele, viele Themen, die die Bürger beschäftigen. Das Thema Verkehr ist sicher ein verdammt großes. Daran arbeiten wir aber sehr gern. Wir versuchen im Rahmen der Regionale wirklich tolle Projekte zu entwickeln. Das bindet Zeit, macht aber unheimlich viel Spaß. Auch, weil unglaublich viele Ideen von den Bürgern selbst kommen. 

Mit dem Amt der Bürgermeisterin haben Sie auch Verantwortung für mehr als 100 Mitarbeiter übernommen. Was ist Ihnen bei der Führung des Rathauses und der anderen kommunalen Einrichtungen wichtig? 

Durch die Leitung von Seminarhäusern habe ich bereits Führungserfahrung mitgebracht, wenngleich es jetzt natürlich deutlich mehr Mitarbeiter sind. Vieles habe ich auch durch die Führung von Schulklassen gelernt. Glauben Sie mir, in der Schule sammeln Sie viel Führungserfahrung (lacht). Zumal das ja in der Berufsschule auch junge Erwachsene waren. Ich kann in der Tat auf einiges, was ich dort gelernt habe, in der Mitarbeiterführung zurückgreifen. 

Unheimlich wichtig ist mir der Kontakt zu den Mitarbeitern. Deshalb gehe ich auch einfach gern in die Büros, statt zum Hörer zu greifen oder die Akte ins Fach zu legen. So ergeben sich schöne Gelegenheiten mal persönlich ein paar Worte auszutauschen. Und die Bewegung tut ja auch gut. 

Wie hat sich Ihr Stresslevel im Vergleich zu früher verändert, seitdem Sie Bürgermeisterin sind? 

Ich arbeite sicherlich mehr als früher, aber mehr Arbeit bedeutet für mich nicht zwangsläufig mehr Stress. Stress ist eigentlich etwas Negatives und viel Arbeit ist nicht unbedingt negativ. Das Arbeitspensum ist groß, aber die Arbeit macht mir unheimlich viel Spaß und ist deshalb kein Stress für mich. Auch wenn ich meist nicht um 16:30 Uhr Feierabend habe, wie viele denken, und auch mal am Samstag oder Sonntag arbeite. 

Was macht Ihnen an Ihrer neuen Aufgabe am meisten Spaß? 

Ich liebe den Kontakt zu den Bürgern. Die Bürgernähe war mir schon im Wahlkampf unheimlich wichtig. Ich bin damals nicht ohne Grund mit dem Fahrrad von Haus zu Haus gefahren, auch wenn ich nie geklingelt habe. Aber ich habe die Menschen angesprochen, die ich unterwegs angetroffen habe. Das war von zehn Haushalten im Schnitt einer. In der Zeit konnte ich viele spannende Gespräche führen und diese Gespräche führe ich auch heute noch – zum Beispiel bei Bürgerstammtischen. 

Wie können Sie den Kontakt zu den Bürgern während der Pandemie aufrechterhalten? 

Während der Coronapandemie sind die persönlichen Begegnungen natürlich weniger geworden. Ich habe lange überlegt, ob ich als Ersatz virtuelle Sprechstunden anbiete. Ich habe mich letztlich dagegen entschieden, weil der persönliche Kontakt schon etwas anderes ist. Dafür rufen die Bürger mittlerweile gern an. Sie wissen, dass sie mich freitagnachmittags im Büro erreichen und ich dann ein offenes Ohr für sie habe. 

Im Rahmen der Regionale 2025 arbeiten die Sauerland-Seen gemeinsam daran für Einheimische und Touristen attraktiver zu werden. Was sind Ihre Pläne? 

Mein großes Ziel ist es, dass Möhnesee im Rahmen der Regionale zur Modellkommune wird. Dadurch bekommen wir die Möglichkeit verschiedene Dinge auszuprobieren – auch in Verbindung mit den Baulastträgern. Das wäre zum Beispiel eine Einbahnstraßenregelung am Südufer, die ohne Weiteres gar nicht möglich ist. Aber als Modellkommune haben wir da noch mal andere Testmöglichkeiten. Oder man könnte für einen temporären Zeitraum Hop-On Hop-Off ausprobieren. Also die Menschen schon vor ihrer Ankunft am See motivieren, zum Beispiel auf das Fahrrad oder den Bus umzusteigen. Auch ein Verkehrsleitsystem gehört zu den Ideen. Als Modellkommune können wir auf ganz andere Förderprogramme zurückgreifen, die uns all das überhaupt erst ermöglichen. 

Das Problem, das wir in Möhnesee haben, das haben die anderen Sauerländer Seen auch. Vielleicht nicht ganz so extrem, weil wir den Rundlauf um den See haben, aber die Probleme sind trotzdem überall ähnlich. Und sie werden stärker. Was uns einerseits freut, weil uns viele Gäste besuchen. Aber die Probleme müssen dennoch gelöst werden. 

Wie hat sich der Tourismus am Möhnesee in der letzten Zeit – vielleicht auch durch Corona – entwickelt? 

Die Gäste bleiben länger. Wir haben wirklich Urlauber, die, statt ein oder zwei Tage, bis zu zehn Tage am See bleiben. Das war früher viel seltener. Diese Gäste sind die ruhigeren Urlauber, die man nicht so stark merkt. Der Tagestourismus ist der belastende Tourismus. Hier müssen wir uns die Frage stellen, wie wir damit umgehen. Die sind hier genauso herzlich willkommen und wir wollen niemanden vertreiben. Aber wir müssen eine gute Synergie zwischen Tagestouristen, längerfristigen Erholungsurlaubern und Anwohnern schaffen. Wir müssen sanften Tourismus hinbekommen. Das heißt Angebote, die nicht für noch mehr Lärm sorgen und die sich auf die verschiedenen Ortsteile verteilen. 

Was hat Sie – aus dem Münsterland kommend – an den Möhnesee verschlagen? 

Mein Mann hat mich in einem Januar zu einem Vorstellungsgespräch begleitet. Ich kann mich noch genau erinnern, wie wir am Bismarckturm runterfuhren. Etwa auf Höhe der Drüggelter Kapelle hat sich der wunderschöne Blick auf den See eröffnet. Da sagte mein Mann: „Hier würde es sich auch leben lassen.“ Damals gar nicht mit dem Gedanken, dass ich hier wirklich mal hinziehen würde. Geschweige denn mal Bürgermeisterin werden würde. Aber mir ist Möhnesee sehr schnell ans Herz gewachsen. 

Ich habe damals noch miterlebt, wie die Autos rechts und links entlang der Straßen wild geparkt haben. Es war wirklich alles vollgeparkt. Die Mülltonnen liefen über. Ich dachte anfangs, die Müllabfuhr würde streiken. Es hat sich in den letzten Jahren also schon extrem viel getan – gerade auch was das Dauerthema Verkehr angeht. Auch, wenn man das nicht immer gleich so wahrnimmt. 

Es ist viel passiert. Der Möhnesee ist traumhaft schön. Und es ist für mich jeden Tag aufs Neue eine Motivation, wenn ich morgens vom Südufer über die Brücke zur Arbeit fahre. Ich weiß, wofür ich das tue: Damit wir Möhneseer hier weiterhin gut leben und Urlauber hier Erholung finden können. Dafür werde ich alles tun, was in meiner Macht steht.