Holzernte mit Pferd: Fortschritt in Sachen Klimaschutz

Quelle: Presse / Marketing Soest

Ökologisch, nachhaltig, authentisch – Arbeiten mit Pferd – Studierende der Agrarwirtschaft probieren Holzrücken

Der deutsche Wald ist in keinem guten Zustand. Hitzewellen, dauerhaft geringer Niederschlag, Stürme und obendrein noch Schädlingsbefall haben vor allem Fichten massiv zugesetzt. Schadhafte Bäume müssen gefällt, das Holz muss abtransportiert werden. Wie tiefe Wunden klaffen die Fahrspuren der schweren Forstmaschinen im Waldboden. „Das geht auch schonender“, sagt Elmar Stertenbrink. Der Forstwirt hat sich auf die Arbeit mit Pferden im Wald spezialisiert. Eine traditionelle und zugleich zukunftsfähige Einsatzmöglichkeit der sanften Riesen, findet auch Prof. Dr. Margareta Wittmann von der Fachhochschule Südwestfalen. Sie hatte den Vorsitzenden des bundesweiten Interessengemeinschaft Zugpferde e.V. zu einem Gastvortrag für Studierende der Agrarwirtschaft eingeladen, praktische Übung inklusive.  

Der Wald ist nicht nur schön anzusehen, er bindet in seiner Biomasse große Mengen Kohlenstoff, den er als CO² der Atmosphäre entzieht. Damit kompensiert der „Klimaschützer Nr. 1“ einen nicht unerheblichen Teil der Emissionen. Der Wald ist zugleich ein empfindliches Ökosystem. Nicht nur Hitze, Trockenheit, Wind und Schädlinge richten große Schäden an, auch die intensive Bewirtschaftung stören den Kreislauf. Schwere Maschinen verdichten den Boden trotz breiter Bereifung. Folglich kann der Boden weniger Wasser speichern, was die Vegetation anfälliger für Hitzeschäden macht. Außerdem behindern die von einer fahrenden Forstmaschine ausgehenden physikalisch-mechanischen Kräfte die Arbeit von Mikroorganismen, die für den Abbau und Umbau von organischer Substanz eine wichtige Rolle spielen. „Bevor man sich über Einsatzmöglichkeiten von Pferden in der Forstwirtschaft Gedanken macht, muss man erst einmal verstehen, wie der Wald funktioniert“, so der Forstwirt. Anders als Forstmaschinen, bringen Pferde ihre Kraft behutsam auf den Boden auf. Sie schaffen es, selbst in stark abschüssigem Gelände, trittsicher Baumstämme aus dem Bestand zu rücken. Wenn Elmar Stertenbrink seine Pferde durch dicht bewachsenes Gelände navigiert, sieht es mehr nach Tanz aus, als nach Arbeit.   Der Bedarf an Holz ist in den vergangenen 40 Jahren enorm gestiegen. Holz wird als Baustoff, als Brennstoff sowie als wichtiger Rohstoff für die Papierherstellung und die chemische Industrie gebraucht. „Ist es überhaupt wirtschaftlich, große Maschinen durch Pferde zu ersetzen?“, lautete die berechtigte Frage eines Studenten. Ein Harvester schafft zwar mehr, jedoch: „Keine Maschine kann

Baumstämme so schonend durch den Wald bewegen wie ein Pferd!“ Wenn man Pferd und Maschine klug kombiniert, wie es beispielsweise das von Stertenbrink entwickelte „Kölner Verfahren“ beschreibt, kann die Effizienz der Holzernte im Wald deutlich erhöht werden. Nicht zuletzt kann ein Pferd pro Tag stolze 35 bis 40 Kubikmeter Holz an eine Rückegasse transportieren, das entspricht etwa zwei Lkw-Ladungen. „Natürlich darf der Einsatz nur stattfinden, wenn Tierschutz und Tierwohl im Auge behalten werden“, so der Forstwirt aus Erkrath. Die Pferde ziehen die passend vorgeschnittenen Stämme und erhalten ausreichend Ruhepausen zwischen den Einsätzen.

Den Studierenden alternative Einsatzmöglichkeiten von Pferden in der Landwirtschaft aufzuzeigen, die aber auch wirtschaftlichen Ansprüchen standhalten können, war Ziel des Seminars. Das klappt meistens nur, wenn Gesellschaft und Politik mitspielen. Erfreulicherweise wachse das Bewusstsein für eine nachhaltige und ökologische Holzernte. Verbraucher*innen seien bereit, mehr für Produkte zu zahlen, die per Pferd geerntet werden, berichtete Stertenbrink. „Schonende Ernte von Kartoffeln oder Holz, das kann ich in der Produktvermarktung ganz klar ausweisen und das kommt auch bei der Kundschaft gut an, denn das ist authentisch, das ist echt.“ „Das Wissen um das Holzrücken ist ein Kulturgut, welches erhalten und weiterentwickelt werden muss“, ergänzte Charel Braquet von der Initiative „HorsePower“.
Zum ersten Mal in der Geschichte Deutschlands ist der Einsatz von Rückepferden im Hinblick auf natürlichen Klimaschutz jetzt sogar im Koalitionsvertrag verankert. Und dass es nach entsprechender Schulung gar nicht so schwer ist, ein gut 800 Kilogramm schweres Kaltblutpferd in der Spur zu halten, lernten die Studierenden im anschließenden Praxis-Teil auf dem Campus. Für die beiden Comtois-Pferde „Granit“ und „Fusain“ ist Soest übrigens kein unbekanntes Pflaster. Sie sind regelmäßige Gäste beim traditionellen Soester Pferdemarkt.