Hinfallen – aufstehen – weiter nach vorne schauen

Für Lenard Kersting ist sportlich noch alles drin

Voller Optimismus und mit großer Willenskraft startete er im Juni wieder mit dem Training, nachdem ihn zwei Stürze mit langwierigen Verletzungen vorerst aus der Bahn geworfen hatten und eine längere Trainingspause erforderten. Nach einem erstklassigen Sprung auf der Schanze in Oberwiesenthal im August letzten Jahres stürzte er im zweiten Anlauf schwer und brach sich das Schlüsselbein.

Nach OP und längerer Pause startete er im Dezember wieder mit dem Training und war auch international unterwegs, doch im März folgte dann der nächste Nackenschlag: beim Langlauf in Westfeld stürzte er unglücklich und verletzte sich wieder im Oberarm-/Schulterbereich, was ihn erneut zur Pause zwang. Es kam alles zusammen, sodass er schließlich seinen Kaderplatz verlor. Richtig begründet wurde das nie, doch er fand sich damit ab. Eine Vermutung liegt jedoch nahe: „Die Leistungen haben nicht ganz gestimmt und dann kamen die Verletzungen hinzu“, erinnert sich Lenard. Seine positive Lebenseinstellung und seinen eisernen Willen hat ihm das aber nie genommen. So bald es ging trainierte er wieder: zuerst auf seinem Fahrrad, das auf einer speziellen Vorrichtung wie ein Heimtrainer genutzt werden konnte, später begann er mit dem Joggen, Skirollern und schließlich konnte er auf Lehrgängen wieder mit dem Skispringen beginnen.

„Wie geht’s denn jetzt weiter, Lenard?“ will ich wissen. „Der Fokus liegt derzeit auf Abi und Sport. In meinem letzten Schuljahr auf dem Weg zum Abi werde ich weiter im Sportinternat in Winterberg wohnen. Tägliches Training und viele Lehrgänge im In- und Ausland bestimmen den Alltag“. Nach dem Abi ist das erklärte Ziel, durch bestmögliche Leistung wieder in den Kader aufgenommen zu werden. Denn es gibt keinen Plan B und Lenard möchte auf jeden Fall im Profisport seinen Platz finden. Er strebt eine Ausbildung bei der Bundeswehr, der Bundespolizei oder dem Zoll an, aber ohne Kaderstatus hat man keine Chance, dort in die Sportfördergruppen zu kommen. Was er unbedingt erreichen möchte ist die Qualifikation zur Junioren-Weltmeisterschaft in Zakopane/Polen im nächsten Frühjahr. „Das wäre ein highlight“, sagt er. Denn wie man dort abschneidet ist entscheidend für die weitere sportliche Laufbahn. Aber wie immer schaut er mit einem Lächeln positiv in die Zukunft und ist guter Dinge, seine Leistungen zu verbessern.

Im September wird er erst einmal bei den Herbst-Wettkämpfen an den Start gehen, im Oktober nimmt er an der Deutschen Meisterschaft in Oberhof teil und im Winter folgt der Deutschland-Pokal. „Da will ich auf jeden Fall dabei sein, denn da kann man sich für die internationalen Wettkämpfe qualifizieren“, so der 19-Jährige. Neben den Wettkämpfen steht eine umfangreiche Trainingsphase auf dem Plan, u.a. geht’s zur Schneevorbereitung nach Norwegen.

Im Moment bleibt neben Schule, Training und Wettkämpfen nicht viel Zeit für andere Dinge, aber für seine große Leidenschaft und seinen Lebenstraum nimmt Lenard das gern in Kauf. Im nächsten Jahr rutscht er dann von der Junioren- in die Herrenklasse und wenn seine Leistung stimmt, wird er seinen Stützpunkt wechseln. Und mit ihm seinen langjährigen Trainer Jens Gneckow. Sein Herz ist zwar hier in seiner Heimat, aber dieser Wechsel wird dann unumgänglich sein. Sein Wunsch ist es ins Allgäu oder nach Oberstdorf zu gehen, wo dann alle Weltklasse-Athleten zusammen sind. Für den Skiclub Winterberg wird er aber weiterhin starten.

„Der SC Winterberg hat mich immer super unterstützt und steht voll hinter mir“, sagt Lenard. „Auch als ich aus dem Kader genommen wurde waren Verein und Trainer für mich da“. Vielleicht ist es seine Freude am Sport und die Begeisterung, die ihn immer wieder angetrieben haben – auch wenn´s mal nicht so lief wie erwartet. Und vielleicht ist es genau das, was ihn einmal zurück in den Kader der Deutschen Nationalmannschaft bringen wird. Wir wünschen es ihm jedenfalls und drücken ihm alle Daumen, dass er in seiner großen Leidenschaft, der nordischen Kombination, einmal an der Weltspitze stehen wird.