Hier haben die Mädels das Sagen

Quelle: ag

Der Galileo-Park ist dafür bekannt, Wissenschaft und vor allem Naturwissenschaft auf anschauliche, auf jeden Fall aber allgemeinverständliche Weise näher zu bringen. Sein im Vorjahr leider viel zu früh verstorbener Gründer und Spiritus Rector Wolfgang Schmidt war weltweit unterwegs, um attraktive Ausstellungen und Exponate für sein Konzept für den unterhaltsamen Wissenschaftspark in Meggen zu gewinnen. Eine besondere Affinität hegte er für die frühgeschichtlichen Kulturen wie in Ägypten oder Südamerika. Einer seiner letzten Reisen führten ihn und den befreundeten Experimental-Archäologen Dr. Görlitz auf die Azoren mit hunderten von Pyramiden. In Südamerika faszinierte ihn neben den spektakulären Pyramiden die dortige Tierwelt.

Besonders beeindruckt war er von Erzählungen über die Nasenbären „Nasua Nasua“, die sich einen legendären Ruf als Wächter der dortigen Pyramiden erworben hatten. Was lag also näher einigen Exemplaren dieser possierlichen Rüsselbären eine neue Heimat im heimischen Wissenschafts- und Unterhaltungspark zu geben. Natürlich nicht ohne das nötige Vorwissen. Schmidt nahm deshalb umgehend Kontakt zum Berliner Zoo auf, die hervorragende Informationen für eine artgerechte Haltung samt Unterbringung in einem passenden Gehege, Pflege und Fütterung gaben. 2007 zog das tierische Dreigestirn ins Sauerland. Angesichts der guten Erfahrungen, die der Park mit seinen Neubürgern gemacht hatte, wuchs der Wunsch nach weiteren Bewohnern. Eine putzmuntere Lemuren-Bande der wunderschönen Kattas wechselte vom Zoo in Roststock ins Lennetal. Natürlich nicht, ohne sich vorher das nötige Fachwissen angeeignet zu haben.

In vorderster Linie waren mit dabei Nadine Gastreich und Georg Maag, die zuvor ausgiebige Erfahrungen bei der Pflege der Nasenbären sammeln konnten. So stellten sie die Lemuren zwar vor neue Herausforderungen, aber nicht vor unlösbare Probleme. Gemeinsam mit Wolfgang Schmidt wurden die Kattas in Roststock abgeholt, allerdings nicht ohne eine eingehende Schulung durch die dortigen Tierpfleger im vielfach ausgezeichnetem Darwineum im Rostocker Zoo.

Auch die Kattas lebten sich im Sauerland schnell ein. Wozu sicherlich die kompetente Pflege durch die Tierpfleger beitrug. Denn für die beiden Tierfreunde ist ihre Aufgabe weitaus mehr als nur ein Hobby. „Das ist ein 7-Tage-Job. Der Tag beginnt mit einem Kontrollgang, ob es den Tieren gut geht. Liegen Verhaltungsauffälligkeiten vor, verhalten sie sich gesund, haben sich Aggressionen entwickelt, stimmt die Verdauung, wie war das Fressverhalten? Wurde das Futter komplett verputzt?“, erklärt Nadine Gastreich. „Oberstes Gebot bei der Pflege: Das Tier steht im Mittelpunkt, es bestimmt das Tempo. Keinesfalls versuchen wir ihnen unseren Willen aufzuzwängen. Beim Futter steht süßes Obst jeglicher Art ganz oben auf der Rangliste. Ganz gezielt achte ich darauf, die Tiere nicht zu überfüttern.“ So stehen beispielsweise Sellerie, Porree, Salat, Paprika, Kohlrabi, Möhren und Brokkoli auf dem Speiseplan. Bei den Lemuren ist darauf zu achten, keine Zitrusfrüchte zu füttern. Lieblingsspeisen der Lemuren sind aber Weintrauben, Rosinen und Datteln, während die Nasenbären Zwieback, Honig- und Wassermelone am meisten schätzen. „Feldmäusen würde ich raten, sich vom Domizil der Nasenbären fernzuhalten, weil es sich sonst um ihren letzten Ausflug handeln könnte. Bei hochsommerlichen Temperaturen stehen die Kattas jedoch eher auf selbsteingefrorenem Obsteis.“

Damit ein täglicher Trott gar nicht erst entsteht (stereotypisches Verhalten), entwickeln die Pfleger mit viel Fantasie neue Beschäftigungsaufgaben, sogar beim Essenfassen: „Bei den Coaties ist unsere Kreativität weitaus mehr gefordert, weil diese überaus gewitzt sind und sie so manchen menschlichen Versuch leicht durchschauen. Während die Lemuren bescheidenere Ansprüche an das Unterhaltungsangebot stellen und sich mit Tücher aufhängen und Kartons durchforschen durchaus zufrieden geben.“

An den Besuchstagen im Galileo-Park zieht es besonders die Mädchen und Jungen zu den beiden Tiergehegen. Absolute Stars sind die Kattas mit ihren schwarz-weißen Ringelschwänzen und ihren bernsteinfarbenen Kulleraugen. Das Aufgabenspektrum der Pfleger ist natürlich noch weitaus größer. Die Reinigung der Gehege, die regelmäßige Vorstellung beim Tierarzt („man kann diese Tiere ja nicht einfach an die Leine nehmen wie seinen Haushund“), Fortbildungen und Schulungen inklusive Vernetzung mit Fachpflegern deutschlandweit sorgen dafür, dass es nicht so schnell langweilig wird. „Seitdem ich vor zehn Jahren die Pflege übernommen habe sind mir alle der überaus sozialen Tiere so sehr ans Herz gewachsen, dass ich mir ein Leben ohne sie nicht mehr vorstellen kann. Geht es einem von ihnen nicht gut, so lasse ich alles stehen und liegen um ihm zu helfen.“