„Halt dich feste am Geländer, wenn du trinkst vom Stockebränder!“

„Altes Fachwerkhaus Stockebrand“ – ein vielfältig genutztes Haus 

Die alte Körbecker Weisheit verweist auf eine der vielen Nutzungsarten des „Alten Fachwerkhauses Stockebrand“. Heute bietet der Kulturverein die unterschiedlichsten Programme in dem alten Fachwerkhaus an. Dabei vor knapp 22 Jahren stand zum zweiten Mal der Abriss des Hauses zu Debatte. Mit nur einer einzigen Stimme Mehrheit wurde dafür gestimmt, dass das Gebäude noch steht.  

Heute sind vom alten Stockebrand-Anwesen nur das Wohnhaus als eines der letzten Fachwerkhäuser Körbeckes und das „Haus des Gastes“ erhalten geblieben. Erste Erwähnung findet das Haus im Urkataster 1829. 1880 gehörte es dem Zimmermeister Ferdinand Stockebrand, 1885 wird in der Gebäudesteuerrolle die von August Stockebrand betriebene „Dampfkornbrantweinbrennerei und Preßhefefabrik“ genannt. Spezialität der Brennerei war der „Körbecker Doppelkorn“. Nach der Schließung des Betriebs 1934/35 wurden Land und Wirtschaftsgebäude an heimische Landwirte verpachtet. Gegen Ende des 2. Weltkrieges waren in den Wirtschaftsgebäuden russische Gefangene und Fremdarbeiter untergebracht. Allein in der riesigen Scheune befanden sich in den letzten Kriegstagen 1.500 Gefangene. 

In den 50er Jahren dann zog die Weberei Winkler AG in die Wirtschaftsgebäude, in den 60ern fertigte die Firma Rösler dort Drahtseile. Das Wohnhaus selbst wurde bei Ende der 60er Jahre noch bewohnt. 

Auf und Ab 

1971 erwarb die Gemeinde Möhnesee das Grundstück. Eigentlich sollten alle Gebäude abgerissen werden. Doch eine Überprüfung der Bausubstanz änderte die Pläne und man beschloss, das Gebäude zu erhalten. Der erste Vorschlag zur Nutzung des Fachwerkhauses als Heimatmuseum kam 1974 von der Arbeitsgemeinschaft für Heimatpflege Möhnesee unter Federführung des späteren Bundestagsabgeordneten Bernhard Schulte-Drüggelte. Dieser Vorschlag entwickelte sich weiter zu einem Museum für die zahlreichen am Möhnesee ansässigen Künstler. So wurde das Künstlermuseum 1976 mit einer Ausstellung von Fritz Viegener eröffnet. Seit 1984 findet im Zweijahresrhythmus die landesweit bekannte Osterausstellung statt. Vor allem baltische Besucher zieht es zur Gedenkstube für Jānis Jaunsudrabiņš (1877-1962). Der lettische Schriftsteller und Maler kam 1944 nach Deutschland und ließ sich mit seiner Frau im „Mondscheinhäuschen“ am Südufer des Möhnesees nieder.  

1994 fand Haus Stockebrand seinen Eintrag in die Liste denkmalgeschützter Objekte.  

1996 übertrug die Gemeinde dem frisch gegründeten Kulturverein Möhnesee die Nutzungsrechte für Haus Stockebrand. Nun sollte das Museum für alle Künstler geöffnet werden. Doch es kam anders: 1998 musste es wegen Baufälligkeit geschlossen werden – und plötzlich stand wieder der Abriss zur Debatte. 

Der Kulturverein organisierte eine große Unterschriftenaktion zu Gunsten einer Sanierung, arbeitete ein Nutzungskonzept aus und beschaffte mit Hilfe der NRW-Stiftung wertvolle Förderungsgelder. Als es dann am 12.08.1999 im Rat hieß, über das weitere Schicksal von Haus Stockebrand abzustimmen, fiel die Entscheidung so knapp aus, wie nur irgend möglich: Mit nur einer Stimme mehr wurde zugunsten des Hauses entschieden. 

Trauzimmer

Kultur für alle 

Seitdem wird das Fachwerkhaus vom Kulturverein bewirtschaftet. Franziska Hanusa und Alfons Mühlenschulte, die beiden Vorsitzenden des Vereins, sind stolz auf die aktive Nutzung des Gebäudes. „Wir versuchen hier mit kleinem Budget ein tolles Programm auf die Beine zu stellen“, erzählt die Vorsitzende. In normalen Zeiten findet jeden Monat eine Veranstaltung statt. Alfons Mühlenschulte ist stolz, dass das Kulturangebot so gut ankommt: „Vor leerem Haus hat hier noch keiner gespielt!“  

Die Veranstaltungen sind dabei so vielfältig wie die Region: Da gibt es das offene Singen, Vorträge über Wild im Arnsberger Wald, Musik, Bildervorträge über Reisen, Karneval, Wissenschaft, Lesungen und vieles mehr. Besonders beliebt sind auch die Kleinkunstabende, bei denen jeder fünf Minuten lang vortragen kann, was er möchte. Verliebte Paare können sich außerdem im „Kaminzimmer“ das Ja-Wort geben. „Manchmal hätten wir hier gern mehr Platz“, gesteht Alfons Mühlenschulte. „Aber dann wieder denke ich, das ist doch genau das Tolle hier, diese heimelige Atmosphäre, die man woanders eben nicht hat.“  

Auch organisiert der Verein zwei bis drei Ausstellungen lokaler Künstler pro Jahr. „Wir können hier natürlich keine großformatigen Werke ausstellen“, so Franziska Hanusa. „Aber die Künstler fertigen dann auch oft etwas für die Räumlichkeiten hier an.“ Jetzt hofft der Verein, dass das kulturelle Leben bald wieder aufgenommen werden kann. „Unsere Künstler stehen schon in den Startlöchern!“