„Hallo zusammen! I’m your VlogDave.“

Quelle: VlogDave

Via YouTube unterhaltsam Deutsch lernen

Katzenvideos und Schminktipps? Wer immer noch glaubt, dass man sich auf der Videoplattform YouTube nur mit mehr oder weniger gut gemachten Amateurvideos berieseln lassen kann, täuscht sich gewaltig. Ein gutes Beispiel dafür ist Jan Müller. Auf seinem YouTube-Kanal „VlogDave – Learn German The Fun Way!“ erklärt der Neheimer auf unterhaltsame und intelligente Weise die deutsche Sprache. Und zwar so, dass auch ein Muttersprachler noch etwas dazulernen kann.

Als ich Jan zum Interview treffe, gesteht er mir, dass er vorher ein wenig aufgeregt war. Und das, obwohl er auf YouTube zu Tausenden von Menschen spricht. 41.600 Abonnenten folgen ihm auf der Videoplattform und es werden immer mehr. Nach einem Studium der germanistischen Sprachwissenschaft verschlug es ihn zwar in den E-Commerce, aber sein Interesse an Sprachen ist immer noch da. Sein YouTube-Kanal ermöglicht es ihm, sich auch weiterhin damit zu beschäftigen.

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Jan Müller aus Neheim erklärt Deutsch auf Englisch

Mit seinen Videos möchte er Menschen dabei unterstützen, mehr über die deutsche Sprache und Kultur zu lernen. Ideen dafür hat er genug: „Ich bin in der glücklichen Situation, dass ich fast immer neue Ideen habe, eigentlich fast täglich. Manchmal sind das ganz einfache Sachen: Ich telefoniere beispielsweise mit meinen Großeltern. Die sagen irgendeinen besonderen Sauerländer Begriff und ich denke mir dann: Dazu kannst du doch auch mal ein Video machen.“ Aber auch Musik oder Videos von anderen YouTubern können als Inspirationsquelle dienen.

Zwei bis drei Videos pro Woche veröffentlicht Jan. „Ich habe keinen festen Uploadplan, sondern mache es, wie es gerade passt – nach Feierabend oder am Wochenende.“ Wie lange er für ein Video braucht, variiert. Wenn Untertitel nötig sind, vielleicht sogar auf Deutsch und Englisch, um bestimmte sprachliche Besonderheiten deutlich zu machen und Vergleiche zu ziehen, dauert es natürlich wesentlich länger. „Zuerst erstelle ich ein Skript, in dem ich aufschreibe, was ich erwähnen möchte, damit ich nichts vergesse, vor allem, wenn es um Grammatik geht. Für uns Muttersprachler sind viele Dinge selbstverständlich, aber nicht für jemanden, der die Sprache neu lernt. Da darf man nichts vergessen“, erklärt Jan. Dann wird das Video aufgenommen und anschließend geschnitten. Das kann mehrere Stunden oder auch mehrere Tage dauern. Beigebracht hat er sich alles, was er dafür braucht, selbst.

Nahbar und authentisch

Nicht nur das Videodrehen und -schneiden hat Jan gelernt. „Auch mein Englisch hat sich verbessert und das freie Sprechen im Allgemeinen. Es fällt mir jetzt viel leichter, vor größeren Gruppen zu reden. Durch das Sprechen für die Videos lernt man eine bewusstere Aussprache.“ Einmal war Jan mit einem Freund beim Bäcker, der ihn danach darauf ansprach, dass er beim Bestellen seine „Sprecherstimme“ aufgelegt habe. „Es ist aber keine Rolle, die ich in meinen Videos spiele. Das bin immer noch ich. Ich verstelle mich nicht. Es ist mir wichtig, nahbar und authentisch zu bleiben. Ansonsten würde mir das auch keinen Spaß machen. Ich habe über 500 Videos produziert und stehe hinter jedem einzelnen.“

Zwischen 200 und 500 Euro verdient sich Jan im Monat mit seinen Videos dazu. „Ich mache das natürlich nicht wegen des Geldes, aber es ist ein schöner Nebeneffekt. Mir macht es immer noch so viel Spaß wie am Anfang und ich bin gespannt, wie es sich weiterentwickelt.“ Jans erfolgreichstes Video behandelt eine Single von Rammstein: „Das ist für meine Verhältnisse total durch die Decke gegangen“, erzählt Jan stolz. über 400.000 Klicks hat das Video inzwischen und wird immer noch gerne gesehen. „In dem Video habe ich die deutschen Texte ins Englische übersetzt und versucht zu erklären, welche stilistischen Mittel verwendet wurden, welche Alliterationen oder Metaphern.“

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Richtig Sauerländisch darf natürlich auch nicht fehlen!

Zukunftspläne

Besonders viel Spaß macht es Jan, mit anderen YouTubern zusammenzuarbeiten. „Ich habe auch schon mit amerikanischen YouTubern kooperiert, zum Beispiel bei einem Video über ‚Falsche Freunde‘, also Wörter, die es in beiden Sprachen gibt, aber etwas anderes bedeuten.“ Public Viewing zum Beispiel, das bei uns so etwas wie Rudelschauen auf der Fanmeile ist, ist im Englischen ein etwas weniger fröhlicher Anlass, bezeichnet es doch die Beschauung bei einer Trauerfeier mit offenem Sarg, an dem die Menschen Abschied nehmen können.

„Ich würde gerne mehr Kollaborationen machen, gerne auch mit Sprachschulen zusammen“, erklärt Jan. „Generell möchte ich aber einfach neue Leute kennenlernen. Es ist schon verrückt, wie viele Freundschaften ich mit Leuten geschlossen habe, in Amerika oder Japan, aber auch anderen Ländern. Das hätte ich mir vorher nie träumen lassen.“ Es ist schön, dass das Internet es ermöglicht, Menschen aus aller Welt kennenzulernen und sich zu vernetzen, egal, wo man ist. „Ich bin ein relativ heimatverwurzelter Mensch. Zwar habe ich auch schon das ein oder andere Mal überlegt, woanders hinzuziehen, aber dann sehe ich, was das Sauerland alles zu bieten hat. Ich mache manchmal Vlogs beim Wandern oder an anderen schönen Orten hier in der Umgebung. Wenn man ehrlich ist, hat man hier doch alles, was man braucht, und keinen Grund, wegzuziehen. Vielleicht passiert es irgendwann doch, aber das Sauerland wird immer ein Teil von mir bleiben.“