Der Herr der Ringe

Vom Schicksal inspiriert

Hin und wieder streift Sven Frahm aus Wenholthausen gerne über Flohmärkte. Weil man hier „so viele nützliche Werkzeuge findet, die man sich wieder herrichten und dann gut gebrauchen kann“. So war es auch an jenem Sonntag im Mai. In der Regel fertigt der Goldschmied in seinem Atelier Schmuckstücke nach Kundenwunsch an. Manchmal wird er auch, so wie in dieser Geschichte, sozusagen vom Schicksal inspiriert.

Während er über den Stadtmauertrödel in Rüthen schlendert, entdeckt er bei einem Händler einen kleinen, unscheinbaren Karton. Darin enthalten sind Quarze aus einem Suttroper Steinbruch. Das geschulte Auge des Fachmanns erkennt sofort: Das sind Milchquarze, recht seltene, heimische Edelsteine, im Volksmund „Suttroper Diamanten“ genannt. „Ich kam mir vor wie auf einer Schatzsuche“, erinnert sich Sven Frahm. Das Besondere an diesen Steinen ist zum einen die Form: Sie sind doppelendig, haben zwei Spitzen. Zum anderen unterscheiden sie sich farblich von Steinen wie Bergkristallen, die man öfter finden kann. Nicht durchsichtig, sondern milchig weiß, gelblich oder bräunlich ist der Milchquarz. „Das Schönste aber ist, dass diese Steine hier im Sauerland in etwa 300 Millionen Jahren gewachsen sind“, bringt es der Goldschmied auf den Punkt.

Hier ist viel Fingergeschick gefragt. (Foto: Klaus-Peter Kappest)

Nachdem er sich die schönsten Exemplare herausgesucht hat, beginnt für Sven Frahm nun die kreative Schaffensphase. Im heimischen Atelier sollen die Juwelen geadelt werden und einen gebührenden Rahmen aus Edelmetall erhalten. Bis so ein Schmuckstück vollendet ist, ist es ein langer Prozess. Zunächst schaue er sich einen Edelstein genau an, beschreibt der Fachmann diesen Vorgang. Dann skizziert er den Stein und überlegt, welche Fassung er bekommen soll. Eher funktional, was die Farbe und Beschaffenheit des Steines unterstreicht, oder doch mit einer Fassung als gestalterischem Element, die dem Gesamtensemble das besondere Etwas verleiht?

Nach fast dreißig Jahren im Beruf hat Sven Frahm Erfahrung mit den gängigen, traditionellen Schmuckformen. Einen naturbelassenen Stein zu verarbeiten ist aber auch für ihn immer wieder ein Experiment. Zu guter Letzt soll es natürlich optisch passen, aber auch tragbar sein. „Was nützt ein extravagantes Design, wenn man damit dauernd irgendwo hängenbleibt“, so Frahm. Schon viele einzigartige Schmuckstücke hat er hergestellt. „Einmal hat mir ein Kunde Bergkristalle ins Atelier gebracht, um daraus ein Weihnachtsgeschenk für seine Frau anfertigen zu lassen. Gefunden hatte der Kunde die Steine auf seinem eigenen Grundstück, zufällig, bei Bauarbeiten. Das war natürlich eine tolle Sache und die Freude, auch bei der Beschenkten, war riesengroß.“

Die Nähe zur Region ist Sven Frahm wichtig. So verarbeitet er gerne Materialien wie Schiefer oder Holz in seinen Schmuckstücken. Falls es doch mal ein besonderer Edelstein sein soll, zum Beispiel ein Turmalin aus Brasilien oder ein Rubin aus Madagaskar, kauft er diesen ausschließlich bei ausgesuchten Händlern. Ausschlaggebend dabei ist, dass die Steine fair gehandelt werden, dass die Minenarbeiter gut entlohnt werden und Kinderarbeit ausgeschlossen ist. Die Legierungen für seinen Schmuck stellt er selbst her, aus angekauftem Goldschmuck, den er einschmilzt und je nach gewünschter Farbe mit Silber, Palladium oder Kupfer versetzt, um so 585er, 750er oder noch höher legiertes Gelb-, Rot- oder Weiß-Gold herzustellen.

Foto: Klaus-Peter Kappest

Noch hat Sven Frahm nicht alle „Suttroper Diamanten“ verarbeitet. Aber, so viel steht jetzt schon fest, diejenigen, die sie hinterher tragen, dürfen mit Stolz behaupten, ein echtes Sauerländer Schmuckstück zu besitzen.