Text von Andrea Gödde-Kutrieb – Fotos: Heidi Bücker
Die meisten von uns rümpfen die Nase, wenn sie an Käfer denken. Aber bei ihm ist es anders: Der Marienkäfer zaubert uns ein Lächeln ins Gesicht, ist er doch als Glücksbringer bekannt. Warum ist das eigentlich so? Wolfgang Jenke, Insektenschutzbeauftragter des HSK, hat eine Vermutung: „Zum einen ist es die Optik. Er ist klein und rund und hat eine hübsche Farbe. Zum anderen ist der Marienkäfer ein Gartennützling, der auf ganz natürliche Weise die Blattläuse von unseren Pflanzen fernhält und zugleich für den Menschen ungefährlich ist.“
Nomes est omen
Seinen Namen verdankt das Insekt der Heiligen Jungfrau Maria. Auch die englische Bezeichnung „Ladybird“ ist so zu erklären. In Schweden nennt man den Marienkäfer „Marias Schlüsselmagd“. Seine oft vorkommenden sieben Punkte stehen dabei für die sieben Tugenden der Maria. Auch gilt die Sieben als heilige und mystische Zahl, die zum Orakeln inspiriert. In Frankreich beispielsweise steht einem Mann laut Volksglauben eine Heirat bevor, wenn ein Marienkäfer auf ihm landet. Frauen setzen sich einen Marienkäfer auf den Finger und zählen die Sekunden, bis er wieder wegfliegt. Diese Zahl gibt die Jahre bis zur ersehnten Hochzeit an, so heißt es.
Asiaten auf dem Vormarsch
Orakel hin oder her, eines steht fest: Der Marienkäfer ist der Freund des Gärtners. Schon eine Marienkäferlarve vertilgt bis zu 50 Blattläuse am Tag, bevor sie sich verpuppt. „Ist dann der fertige Marienkäfer geschlüpft, geht das große Fressen weiter“,erklärt Wolfgang Jenke. Es gibt viele Arten, die weltweit verteilt sind. Hierzulande sind der Sieben-Punkt-Käfer und der Zwei-Punkt-Käfer mit rotem Panzer die heimischen Spezies, die man am häufigsten antrifft. „Allerdings“, so Jenke weiter, „ist mittlerweile die asiatische Variante von der Population her auf dem Vormarsch. Sie ist vom Menschen als Schädlingsbekämpfer eingeführt worden. In Europa konnte sich die Art gut verbreiten, da sie krankheitsresistenter ist als unsere heimische Variante. Die invasiven Käfer aus Ostasien haben dadurch einen erheblichen Selektionsvorteil, sodass es ihnen gelingt, die heimischen Marienkäferarten mehr und mehr zu verdrängen. Unterscheiden kann man die beiden Arten am Kopfschild – der der einheimischen Käfer ist schwarz, der der asiatischen weiß.“
Zweitliebste Beschäftigung
Auch wenn der Name etwas anderes vermuten lässt: Besonders keusch ist der Marienkäfer nicht. Seine zweitliebste Beschäftigung (nach dem Fressen) ist nämlich die Paarung. Ein Paarungsakt kann bis zu 18 Stunden dauern. Auch paart sich das Weibchen mit mehreren Männchen. „Eine Schutzmaßnahme der Natur“, so Wolfgang Jenke, „denn mit einem vielfältigen Genmaterial ausgestattet ist die Brut widerstandsfähiger gegen Krankheiten.“ Ein Weibchen legt etwa zweimal im Jahr 400 Eier. Die daraus schlüpfenden Larven sehen einem Marienkäfer überhaupt nicht ähnlich. Erst nach der Verpuppung sieht er so aus, wie wir ihn alle kennen und lieben.
Interessant für die Wissenschaft
Für die Forschung interessant sind die Insekten im Hinblick auf ihren Körperbau, da sie in der Lage sind, in einer Zehntelsekunde die Flügel zum Fliegen zu entfalten und nach der Landung wieder platzsparend unter den Deckflügeln zu verstauen. Damit vereint der Marienkäfer zwei Eigenschaften, die sich eigentlich ausschließen: Zum einen sind die Flügel so instabil, dass sie sich schnell zusammenfalten lassen, zum anderen bringen sie so eine Stabilität mit sich, dass der Käfer damit fliegen kann. Wissenschaftler haben festgestellt, dass die Adern in den Flügeln für die Stabilität sorgen. Diese haben einen gebogenen Querschnitt – ähnlich wie bei einem Rollmaßband. Nach der Landung benutzt der Marienkäfer eine besondere Technik – einen Mix aus Einrollen und Falten –, um seine Flügel zu verstauen. Ingenieure versprechen sich, dass diese Technik bald genutzt
werden kann, beispielsweise für Weltraumteleskope, für Flügel von Trägerflugzeugen, aber auch für Alltagsgegenstände wie Ventilatoren oder Regenschirme.
Auf jeden Fall können wir uns freuen, wenn Marienkäfer im Garten auftauchen, denn dann haben Läuse wenig Chancen. Übrigens kann man die Käferlarven kaufen oder im Internet bestellen. Interessant zum Beobachten und außerdem ein wertvoller Beitrag zum Naturschutz.