Glaube kann ein Mantel sein

Pastor Ludger Vornholz aus Eslohe im Interview

Als bekannt wurde, dass Pastor Wolfgang Brieden nach 25 Jahren die Gemeinde Eslohe verlassen würde, war man bemüht, schnell einen Nachfolger zu finden. Mit Erfolg. Ludger Vornholz folgte dem Ruf der Esselgemeinde und trat im Sommer 2017 seinen Dienst an.

WOLL: Herr Pastor, nach fast drei Jahren kann man ja schon gut einschätzen, ob man sich an einem Ort wohlfühlt oder nicht. Wie ist es bei Ihnen: Sind Sie in Eslohe angekommen?
Pastor Vornholz:
Eine kleine Anekdote zu Beginn: Ich erinnere mich an eine meiner ersten Amtshandlungen in Eslohe. Es war eine Beerdigung. Als ich danach vom Friedhof wieder in Richtung Kirche ging, kam ich am Jugendheim vorbei, wo gerade die Ferienkinder ihr „Siedlerlager“ aufgeschlagen hatten. Alle Kinder standen am Zaun, um den neuen Pastor zu begucken. Ich hatte mein Weihwassergefäß noch in der Hand, habe kräftig ausgeholt und die ganze Reihe besprenkelt. Zu meinem Erstaunen haben sich alle gleich bekreuzigt. Das hatte ich gar nicht erwartet. Da habe ich schon sehr gestaunt und dachte: Alle Achtung, was für eine fromme Gemeinde. Vom ersten Augenblick an habe ich mich in Eslohe aufgenommen und heimisch gefühlt. Nach drei Jahren kann ich guten Gewissens sagen, dass ich mich hier sehr wohl fühle.

WOLL: Wie war Ihr beruflicher Werdegang, bevor Sie nach Eslohe kamen?
Pastor Vornholz:
Mein Abitur habe ich 1980 am Walram-Gymnasium in Menden gemacht. Danach folgten fünf Jahre Theologiestudium in Paderborn und Würzburg. Als Vikar wurde ich zunächst in Bielefeld, später in Attendorn eingesetzt. 1987 wurde ich zum Priester geweiht. Ab 2004 war ich Pfarrer in Wenden-Hünsborn und Leiter des Pastoralverbundes Biggetal, bevor ich 2010 die Pfarrei in Wenden und die Leitung des Pastoralen Raumes Wendener Land übernahm.

WOLL: Warum sind Sie Priester geworden? Was mögen Sie besonders und was sind für Sie schwere Bereiche in Ihrem beruflichen Umfeld?
Pastor Vornholz:
Ich bin Priester geworden, weil ich irgendwann gespürt habe, dass Gott das von mir will. Dass genau das meine Aufgabe ist. Als Leitspruch zu meiner Priesterweihe habe ich Zeilen aus dem Johannes-Evangelium gewählt: „Ich habe euch ein Beispiel gegeben, damit auch ihr so handelt, wie ich an euch gehandelt habe.“ Der schönste Teil meines Berufes ist der Kontakt zu Menschen. Die Seelsorge ist für mich der wichtigste Bereich meiner Arbeit. Natürlich gibt es auch schwere Zeiten. Und die haben meist mit Abschieden zu tun. Bei einem Stellenwechsel lässt man jedes Mal Menschen zurück, die einem ans Herz gewachsen sind. Auch der Tod spielt natürlich eine Rolle. Wenn man die schweren Schicksale in den Familien begleitet, geht das auch an einem Priester nicht spurlos vor über.

WOLL: Wo tanken Sie selbst wieder auf?
Pastor Vornholz:
Ganz klar, im Gebet und in der Feier der heiligen Messe. Als Priester bete ich das Stundengebet. Es gibt mir Kraft und Zuversicht. Darüber hinaus habe ich zwei gute Freunde, mit denen ich mich über geistliche und weltliche Dinge austauschen kann.

WOLL: Haben Sie Hobbys?
Pastor Vornholz:
Ich lese sehr gerne. Meistens sind es theologische Abhandlungen, die ich studiere. Aber ich kann mich auch schon mal für einen Krimi begeistern. Im Fernsehen schaue ich mir gern die Serien „Dr. House“ und „Monk“ an.

WOLL: Was möchten Sie in Sachen Glauben weitergeben? Was ist Ihnen für die Predigt wichtig?
Pastor Vornholz:
Weitergeben möchte ich, dass Gott immer ja zu uns sagt. Er ist der Vater, der uns an die Hand nimmt, damit wir selbst laufen lernen, und wenn wir fallen, reicht er uns die Hand, damit wir aufstehen können. Es ist keine Schande, zu zweifeln. Im Gegenteil, meiner Meinung nach braucht Glaube den Zweifel, denn der Zweifel prüft den Glauben. In meinen Predigten möchte ich gerne die Leute erreichen. Ich könnte auch höchst theologische Abhandlungen anbieten, die aber für jemanden, der sich nicht ständig mit dieser Thematik auseinandersetzt, schwer verständlich sein könnten. Hier halte ich es lieber mit Max Frisch und seiner Aussage über die Wahrheit: Ich möchte Gottes Wort „wie einen Mantel hinhalten, in den man hineinschlüpfen kann, und nicht wie einen nassen Lappen den Zuhörern um die Ohren hauen“.

WOLL: Wie erleben Sie als Priester die Corona-Zeit?
Pastor Vornholz:
Es ist natürlich schwer. Mittlerweile dürfen wieder Gottesdienste gefeiert werden, unter gewissen, strengen Auflagen. Wie viele andere Dinge konnte auch unsere Erstkommunion nicht wie geplant stattfinden. Wir hoffen, sie im Herbst nachholen zu können. Ich frage mich zudem, wie wir in diesem Jahr wohl Weihnachten feiern werden. Es erreichen mich viele Anrufe und E-Mails – viel mehr als sonst – von einsamen, teils verzweifelten Menschen. Auch von Personen von außerhalb, die ich gar nicht kenne, die irgendwann mal bei mir im Gottesdienst gewesen sind. Das zeigt, dass die soziale Isolation viele schwer getroffen hat und sich die Menschen nach einem Miteinander sehnen. Wie alle hoffe auch ich, dass diese Zeit bald vorbei sein wird. Menschen brauchen einander. Und auch die Kirche braucht für die Vermittlung der Frohen Botschaft den persönlichen Kontakt zu den Menschen.

WOLL: Vielen Dank, Herr Pastor Vornholz, für das Interview.