Saalhausen ist jetzt auch Kneippkurort
Damit gehört dieser bedeutende Tourismusort im Kreis Olpe zu den insgesamt 54 ausgezeichneten Kneippkurorten in Deutschland. Im Sauerland sind bisher Brilon, Olsberg und Bad Fredeburg die bekannten Kneippkurorte. Im Gespräch mit dem Vorsitzenden des Verkehrs- und Kneippvereins Saalhausen, Andreas Voss, haben die WOLL-Redakteure Tiny Brouwers und Hermann-J. Hoffe nachgefragt, was es mit dieser Auszeichnung, mit Saalhausen und dem neugestalteten Kurpark TalVITAL auf sich hat.
WOLL: 1973 wurde Saalhausen „Luftkurort“, im Oktober 2021 „Kneippkurort“. In 48 Jahren vom Luftkurort zum Kneippkurort. War das Strategie oder Zufall?
Andreas Voss: Schon lange vor der Ernennung von Saalhausen als „Luftkurort“ im Jahr 1973 gab es hier eine Kneipp-Bewegung. Damals gründeten über 35 Bürgerinnen und Bürger die Kneippgesellschaft Lennestadt mbH und gingen mit großen Ideen ans Werk. 1995 ging die Kneippgesellschaft im Verkehrsverein Saalhausen auf. Mit der Idee TalVITAL 2007 rückte das Thema Kneipp ebenfalls wieder in den Fokus. Mit den beiden Schlagworten TalVITAL und Kneipp dominierten die Themen Wasser, Natur, Ruhe, Balance und Gesundheit die Planungen, wie Saalhausen eines Tages Kneippkurort werden könnte. Vor fünf Monaten, im Oktober 2021, überreichte uns Regierungspräsident Hans-Josef Vogel in einer Feierstunde die offizielle Urkunde „Kneippkurort Saalhausen“.
WOLL: Was bedeutet Luftkurort und was hat diese Bezeichnung dem Ort in den 48 Jahren gebracht?
Andreas Voss: Nun, die Bezeichnung „staatlich anerkannter Luftkurort“ ist in Deutschland das wohl verbreitetste Prädikat für Kurorte. Orte, deren Luft und Klima die durch ein Gutachten zu bewertenden, besonderen Eigenschaften aufweisen, können mit dem Prädikat werben. Mit dem Prädikat, das regelmäßig erneuert werden muss, ist es dem Kurort zum Beispiel erlaubt, Kurtaxe zu erheben, die dann zweckgebunden dem Tourismus im Ort zukommt. Saalhausen konnte durch die Einnahmen seine touristische Infrastruktur erhalten und kontinuierlich ausbauen. Urlaubsgäste, Tagesgäste und vor allem auch Einheimische nutzten mit steigender Begeisterung die so entstandenen Anlagen und Einrichtungen. Mit unserer TalVITAL-Schatzkarte, einem Pendant zur beliebten Sauerlandcard, können unsere Gäste kostenlos Bus und Bahn nutzen und viele nützliche Angebote in Saalhausen und der näheren Umgebung kostenlos oder zu Vorzugskonditionen nutzen. Sie öffnet die Türen zu über 30 Ausflugszielen in Saalhausen, Lennestadt und im übrigen Sauerland.
WOLL: Warum wollte Saalhausen Kneippkurort werden? Welches sind die Kriterien und was war dabei am schwierigsten?
Andreas Voss: Viele Fragen auf einmal. Wir vom Verkehrsverein Saalhausen sehen den Kneippkurort als wichtige Weiterentwicklung und zudem als touristisches Alleinstellungsmerkmal in der Umgebung. Das lässt sich sehr gut vermarkten, wie es heute immer so schön heißt. Wir in Saalhausen wollen unseren Gästen sprichwörtlich die ganze Breite und Schönheit des TalVITAL präsentieren und dadurch natürlich mehr Übernachtungen generieren. Eine Kommission hat uns zweimal besucht, die Einrichtungen und Strukturen überprüft und für sehr gut befunden. Dazu gehören unter anderem Kneipptret- und Kneipparmbecken, das Barfußbad, Kräuterbeete, das Naturerlebnisbad, die öffentliche Sauna, Hotelschwimmbäder mit Wellnessbereichen und entsprechenden Anwendungen sowie die vielen Gesundheitsakteure im Ort. Die größte Herausforderung war der Nachweis des „Kurarztes“. Mit Frau Dorothea Dietz haben wir auch das bewältigt. Sie hat ihre Zusatzausbildung zur Kurärztin mit Bravour bestanden und steht mit Freude und Leidenschaft hinter dem Projekt. Für Saalhausen ist sie ein Geschenk des Himmels
WOLL: Wie will Saalhausen nach draußen, vor allem an potentielle Gäste, kommunizieren, dass man jetzt Luftund Kneippkurort ist?
Andreas Voss: Das wird die wichtigste Aufgabe sein: Wie präsentieren wir uns gegenüber den Gästen? Die Coronapandemie hat unsere Planungen ziemlich durcheinandergebracht. Erst jetzt können wir in enger Zusammenarbeit mit der Tourismus-Abteilung der Stadt Lennestadt eine klare Marketingstrategie und passende Angebote für TalVITAL und den Kneippkurort entwickeln. Alles soll aus einem Guss sein. In unserer Werbung werden die fünf Säulen der Kneippidee im Mittelpunkt stehen: Lebensordnung, Wasser, Bewegung, Ernährung und Pflanzenheilkunde. Wir wollen Kneipp jedoch nicht altbacken darstellen, sondern frisch, modern und ein wenig sexy. Wir wollen es für unsere Gäste spannend machen und ihnen im Urlaub einen echten Mehrwert bieten.
WOLL: Was erwarten Sie von dem Prädikat „Kneippkurort“ für Saalhausen und warum?
Andreas Voss: Das Thema Kneipp zielt genau auf die Themen, die TalVITAL sowieso schon bietet. Wir rücken unsere einzigartigen Qualitäten damit weiter ins Rampenlicht. Oft habe ich den Eindruck, dass wir das selber gar nicht mehr erkennen. Der Prozess der letzten Jahre hat mich sensibilisiert und ich bin stolz auf das bisher Erreichte. Es ist doch wirklich schön bei uns. Und TalVITAL tut so gut. Es wäre schön, wenn wir „Sauerländer“ uns da nicht unter Wert sehen und stolz und mit breiter Brust vom Kneippkurort Saalhausen und dem TalVITAL sprechen.
WOLL: Wie ist Saalhausen touristisch aufgestellt? Woher kommen die Gäste und wie lange bleiben sie?
Andreas Voss: Saalhausen hat eine sehr interessante Mischung. Kleine Hotels und größere Häuser mit Wellnessangebot, schmucke Pensionen und ausgezeichnete Ferienwohnungen. Alle Betriebe werden von engagierten Gastgebern geführt. Die Übernachtungszahlen steigen seit vielen Jahren, das darf gerne so weitergehen. Besonders Urlaubsgäste, die sich von einigen Tagen bis zu zwei Wochen bei uns verwöhnen lassen, hoffen wir in Zukunft noch mehr begeistern zu können. Gäste aus dem Ruhrgebiet, dem Raum Köln-Bonn sowie dem Münsterland kommen gerne nach Saalhausen. Und in letzter Zeit sind es immer mehr Gäste aus der unmittelbaren Nachbarschaft, die den Weg nach Saalhausen finden.
WOLL: Was passiert in diesem Jahr im Kneippkurort Saalhausen?
Andreas Voss: Wir erarbeiten gerade ein Jahresprogramm mit zahlreichen Angeboten und interessanten Veranstaltungen, unter starker Beteiligung unserer Gesundheitsakteure. Qualität steht jedoch vor Quantität. Das ist unser Leitspruch und da das für uns doch Neuland ist, gilt: „Probieren geht über studieren.“
WOLL: Da Saalhausen Luftkurort war, wurden seinerzeit keine Windräder auf den Saalhauser Bergen installiert. Jetzt wird erneut über Windräder am Rothaarsteig, zum Beispiel in der Gemeinde Kirchhundem, gesprochen. Ist das eine Bedrohung für die Qualität des Ortes?
Andreas Voss: Als Touristiker sage ich ganz klar: Ja. Ich weiß, bei dem Thema kochen die Emotionen immer schnell hoch. Tatsächlich schützt uns das Kureinzugsgebiet, welches weit in die Saalhauser Berge hineinreicht, vor allzu nahen Windrädern, wie sie jetzt in Kirchhundem oder in anderen Orten von Lennestadt entstehen sollen. Ich bin mir sicher, keiner möchte eine monumentale Windindustrieanlage in seinem Garten stehen haben. Ich kann aber auch die Waldbesitzer verstehen, die sich über eine interessante Einnahmequelle freuen. Da hat die Kommunalpolitik dicke Bretter zu bohren. Wir müssen eine angemessene Lösung finden. Eine Müllverbrennungsanlage zur Stromerzeugung allerdings wäre eine noch größere Bedrohung für den Kurort.
WOLL: Herr Voss, was muss man unbedingt sehen, wenn man Saalhausen besucht?
Andreas Voss: Keine Frage, das ist unser Kurpark TalVITAL, der ist weit und breit einzigartig. Der Park ist generationsübergreifend gestaltet, es gibt schöne Aktivbereiche für Kinder sowie einen Ruhebereich für die reifere Jugend. Mit seiner Baum-, Blumen- und Staudenpracht, die wir größtenteils in Eigenregie pflegen und gestalten, und den schnatternden Enten, die auf den vielen Teichen ihre Runden drehen, verzaubert der Park Jung und Alt in gleichem Maße. Die Gäste schätzen besonders die angenehmen und bequemen Spaziergänge durch das sich in Saalhausen weit öffnende Lennetal, mit den links und rechts steil aufsteigenden Bergen.
WOLL: Wir bedanken uns für das Gespräch und die interessanten Informationen über Saalhausen und TalVITAL.