Gemüsepioniere im Leissetal

Quelle: Gemüsefreunde Leissetal

Eine „neue“ Landwirtschaft im Schmallenberger Sauerland

Wenn es um das Thema Ernährung geht, werden die Verbraucher immer sensibler. Sie wollen wissen, was sie essen und wo die Nahrungsmittel herkommen. Einen Schritt in die richtige Richtung macht die Gemüsegruppe Leissetal. Sie baut in Heiminghausen eine „Solidarische Landwirtschaft“ auf, mit der die Vereinsmitglieder aus der Region frisches Gemüse direkt vom Feld beziehen können.

„Ich wollte aus der alten Landwirtschaft meines Vaters etwas Zukunftsfähiges entwickeln“, erklärt der gebürtige Heiminghauser Jens Greve. Die Landwirtschaft wurde schon vor fast 50 Jahren aufgegeben, Jens hatte einen anderen Weg eingeschlagen. Trotzdem lag ihm die Landwirtschaft immer am Herzen. „Ich habe mich informiert, was es für Möglichkeiten gibt, und bin auf die Solidarische Landwirtschaft, kurz SoLaWi, gestoßen.“ Ein Konzept, welches auch in Deutschland schon an vielen Stellen umgesetzt wird. Jens lebt aus beruflichen Gründen in Köln und ist seit mehreren Jahren Teil einer dort ansässigen SoLaWi. „Ich bin so begeistert davon, dass ich mir vorgenommen habe, genau das auch in meine Heimat, ins Sauerland, zu bringen.“

Lange versuchte Jens einen Weg zu finden, das Projekt zu starten, erreichte viele interessierte Menschen, die nur darauf warteten. „Die haben irgendwann zu mir gesagt: Hör auf zu labern, mach!“, erinnert er sich. Wie die Sauerländer eben so sind. „Aber ich bin kein Landwirt und habe es mir deswegen alleine nicht zugetraut.“ Über das Netzwerk Solidarische Landwirtschaft machte er Bekanntschaft mit Sebastian Wolf, einem ausgebildeten Landwirt und Diplom-Ingenieur für ökologischen Landbau. Ein echter Glücksfall. „Durch meinen beruflichen Werdegang bin ich schon vielfältig mit dem Konzept der SoLaWi in Berührung gekommen“, erzählt der gebürtige Nordeifler. „Mir gefallen solche regionalen, alternativen Konzepte.“

Sie setzten sich zusammen und schnell war klar, dass es passte. Sebastian sollte die Anbauleitung übernehmen, Jens das Organisatorische. Gemeinsam gründeten sie den Verein „Gemüsegruppe Leissetal e.V.“, um das Prinzip und die Methoden für eine enkeltaugliche Landwirtschaft im Hochsauerland zu etablieren.

Quelle: Gemüsegruppe Leissetal

Solidarische Landwirtschaft

Für die Solidarische Landwirtschaft braucht es eine Gemeinschaft. „Es ist ein gemeinschaftliches Modell, weshalb es sinnvoll ist, dafür einen Verein zu gründen“, erklärt Jens. Die Vereinsmitglieder sind die Verbraucher, die für einen monatlichen Beitrag landwirtschaftliche Produkte erhalten und so die Existenz des Landwirtes und des Bauernhofes sichern. „Die SoLaWi ist ein Weg, die kleinbäuerlichen Strukturen, wie der Verbraucher sie sich eigentlich wünscht, zu erhalten oder überhaupt wieder entstehen zu lassen“, erklärt der Landwirt. (Mehr zum Prinzip der SoLa-Wi unter: www.ernte-teilen.org.)

Eine dritte Person, die sich für das Projekt starkmacht, ist Petra Schneider-Voss aus Berghausen. Sie ist begeistert von der Idee der regionalen und saisonalen Selbstversorgung und dem Konzept, das dahinter steht – vor allem aber auch von der Gemeinschaftsbildung, die für ein Funktionieren unabdingbar ist.

Der Anfang ist getan

„Die Flächen sind vorbereitet, sobald das Wetter besser ist, fangen wir an!“, sagt Sebastian. Bei einem örtlichen Gärtner werden im Gewächshaus die Jungpflanzen und zusätzlich Tomaten angebaut.

Tatsächlich ist die Gemüsegruppe Leissetal im Raum Schmallenberg Pionier, wenn es um den Gemüseanbau geht: Spätestens mit der Katastrophe in Tschernobyl 1986 war der Gartenanbau im Sauerland eingebrochen und die Verbraucher waren zu den Supermärkten übergelaufen. Seitdem gibt es immer weniger Selbstversorgung im Schmallenberger Raum. „Wir stellen auch fest, dass die Versorgungswege eigentlich alle überregional organisiert sind. Deswegen fokussieren wir uns auf die Ernährungssouveränität und Lokalversorgung und nehmen das sehr ernst“, so Sebastian.

„Wir starten erst einmal explizit mit dem Gemüseanbau“, stellt Jens klar. „Das kann sich aber in den nächsten Jahren in alle Richtungen entwickeln – von Milch, Honig und Obst über Käse, Eier bis hin zu Fleisch. Das muss nicht alles von uns kommen. Dafür ist der Hof auch gar nicht groß genug.“ Ziel soll es sein, Teil einer regionalen Selbstversorgung im Schmallenberger Sauerland zu werden. „Wir fänden es toll, wenn wir weitere Kooperationspartner finden könnten, die sich unserer Idee anschließen.“

Dafür ist es zunächst einmal wichtig, dass die Gemüsegruppe wahrgenommen wird. „Es ist natürlich auch eine politische Aktion. Es geht uns darum, ein Stück weit zurück zur Lokalität zu finden und, dass wir uns alle wieder des Potentials der eigenen Region bewusst werden. Wir wollen ein Pilotprojekt sein“, so Sebastian. „Essen ist politisch“, fügt Jens hinzu. „Wir wollen, dass die Menschen hierherkommen, das Prinzip verstehen und gerne kopieren – wie wir ja auch.“

Gemüsegruppe Leissetal
Wer mehr über das Projekt erfahren möchte, findet weiterführende Informationen unter www.gemuesegruppe-leissetal.de. Jeder, der informiert sein oder teilnehmen möchte, kann sich dort eintragen. Am 28.3. findet eine Informations- und Bieterrunde statt und schon im Mai soll das erste Gemüse verteilt werden. Schaut auch gerne auf Instagram vorbei: gemuesegruppe.leissetal