„Gemeinsam statt einsam“: Wege aus der Isolation

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Die Initiative möchte Menschen zusammenbringen und ihnen Wege aus der Einsamkeit ermöglichen

Hannah, Ende 20, zieht es nach ihrem Studium in Aachen ins Sauerland. „Ich liebe die Natur, die Ruhe und meinen neuen Job hier“, berichtet die junge Ingenieurin. „Doch es fällt mir schwer, Anschluss zu finden. Meine Familie und Freunde wohnen weit weg. Da werden mir die Abende und Wochenenden manchmal sehr lang und ich fühle mich einsam.“ Karl, Anfang 80, ist seit einigen Jahren Witwer und kann Hannah gut verstehen: „Diese einsamen Tage sind mir nur allzu vertraut. Ich habe wenige Freunde und meine erwachsenen Kinder leben längst in anderen Städten.“

So wie Hannah und Karl geht es vielen Menschen in unserer Gesellschaft. Einsamkeit ist anscheinend ein Phänomen unserer Zeit. Seit Anfang des Jahres versucht die DRK-Selbsthilfe- Kontaktstelle mit der Freizeitgruppe „Gemeinsam statt einsam“ Menschen wie Hannah und Karl in Kontakt zu bringen und ihnen Gemeinschaft zu ermöglichen.

Was ist Einsamkeit?

Einsamkeit ist ein schmerzhaftes Gefühl der Isolation und des Alleinseins, das durch einen Mangel an Nähe zu anderen Menschen entsteht. Petra Weinbrenner-Dorff, die den Anstoß zur Gründung der Gruppe gab, weiß: „Einsamkeit ist ein sehr belastendes Gefühl, welches auf Dauer die Menschen gerade in den aktuellen Krisenzeiten lähmen kann. Wenn sich jemand zurückzieht, keine familiären Kontakte pflegt und keine Kommunikation mehr stattfindet, sprechen wir von Einsamkeit. Anhaltende Einsamkeit kann zu vielfältigen körperlichen und psychischen Problemen wie beispielsweise Depressionen oder Angststörungen führen.“

Auch Bundesfamilienministerin Lisa Paus betonte im Frühjahr im Rahmen der Vorstellung des sogenannten Einsamkeitsbarometers, dass Einsamkeit in Deutschland ein großes Problem darstelle, besonders die Zahl der jüngeren Einsamen nehme stetig zu. Die Gesundheit von Menschen, die unter Einsamkeit litten, sei „unterdurchschnittlich“. Laut Einsamkeitsforscherin Maike Luhmann werden bei chronischer Einsamkeit dieselben Areale im Gehirn aktiviert wie bei körperlichem Schmerz.

Gemeinsam gegen die Einsamkeit

„Wir von der Selbsthilfe-Kontaktstelle wollten dieses Problem angehen und den Menschen eine Möglichkeit bieten, Anschluss zu finden und ihrer Einsamkeit entgegenzuwirken“, erläutert Petra Weinbrenner-Dorff. „Gemeinsam gestalten wir Aktivitäten wie Wandern, Kinobesuche und andere Unternehmungen – eben das, was den Teilnehmerinnen und Teilnehmern Freude bereitet.“

Karl erfuhr aus der Tageszeitung von der Möglichkeit, Menschen kennenzulernen, während Hannah in den Sozialen Medien unterwegs war, als ihr das Angebot auf ihrem Handybildschirm angezeigt wird. „Ich habe ja nichts zu verlieren, wenn ich da mal hingehe“, erinnert sich Hannah. „Im schlimmsten Fall liegen mir die Leute nicht und ich komme nicht wieder.“ Karl brauchte ein paar Tage, um Mut zu fassen: „Den entscheidenden Anstoß gab letztlich mein Sohn, der viele Kilometer entfernt wohnt. Er ermutigte mich, es einfach mal zu versuchen. Und am Ende war die Einsamkeit schwerer zu ertragen als meine Bedenken vor dem Treffen in der Gruppe.“

So erschienen beide Anfang Februar zum ersten Treffen im Mehrgenerationenhaus des DRK Olpe. „Aus dem gesamten Kreis Olpe kamen über 30 Menschen zusammen, quer durch alle Altersgruppen, Geschlechter und unabhängig von möglichen Beeinträchtigungen. Die Resonanz war überwältigend“, freuen sich Petra Weinbrenner-Dorff und Lena Schulte von der Kontaktstelle.

„Überraschenderweise traf ich dort Helmut, einen alten Bekannten, der nur zwei Straßen weiter wohnt. Wir tauschten Telefonnummern aus und so wurde unsere Freundschaft wiederbelebt. Seitdem unternehmen wir regelmäßig etwas“, erzählt Karl von einem gelungenen ersten Treffen.

Eine lebendige Gruppe

Mittlerweile umfasst die Freizeitgruppe rund 55 Mitglieder und die Zahl wächst stetig. Petra Weinbrenner-Dorff erklärt: „Die Freizeitgruppe lebt von der Eigeninitiative ihrer Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Wir haben zwei WhatsApp-Gruppen – eine für den Austausch innerhalb der Gruppe und eine für Terminabstimmungen. Jeder kann sich so einbringen, wie es sich für ihn richtig anfühlt. Es gibt keinen Zwang, sich zu integrieren; das entscheidet jeder für sich. Gibt es Anregungen oder Fragen, bringe ich mich als Leitung ein.“ Hannah freut sich über die neuen Bekanntschaften und Treffmöglichkeiten: „Wir treffen uns einmal im Monat zum Stammtisch. Die Organisation übernimmt immer jemand anders, auch der Treffpunkt kann variieren. Zuletzt waren wir in Olpe im ‚Löwen‘, auch die Wendener Kirmes stand auf dem Programm. Jeder macht das mit, wozu er Lust hat.“ Demnächst möchte die Gruppe auch einen regelmäßigen Spieleabend am Samstagabend im Mehrgenerationenhaus einführen.

Komm vorbei!

„Wir freuen uns sehr, dass unsere Gruppe so großen Anklang in der Gesellschaft findet. Die Mitglieder freuen sich über den Austausch und haben das Gefühl, endlich wieder wahrgenommen zu werden. Wir können nur jeden, der sich einsam fühlt und neue Bekanntschaften sucht, motivieren, einfach mal zu einem Treffen zu kommen oder der WhatsApp-Gruppe beizutreten.“ Für weitere Informationen und bei Interesse erreicht man die Selbsthilfe-Kontaktstelle telefonisch unter 02761/2643 oder per Mail unter shk@kv-olpe.drk.de. „Schließlich hat man nichts zu verlieren, oder?“, fragt Petra Weinbrenner-Dorff. Hannah und Karl lächeln und nicken zustimmend.